Mit U-Boot-Technik: Wasserstoff zu Hause tanken?
Ein Schweizer Gasversorger und die Universität Lausanne entwickeln eine Wasserstoff-Tankstelle für zu Hause. Dabei nutzen sie eine Technik, die man bislang nur von U-Booten kannte.
Während die Lade-Infrastruktur für Elektroautos seit einigen Jahren aktiv ausgebaut wird, fristet Wasserstoff immer noch ein Nischendasein. Wer ein Wasserstoff-Auto nachtanken will, braucht Glück – oder eine sehr gute Routenplanung. In Deutschland gibt es nur knapp 100 Wasserstoff-Tankstellen. Zum Vergleich: Benzin und Diesel bekommen Autofahrende an mehr als 14.000 Tankstellen. Daher haben der Gasversorger Messer Schweiz und die Universität Lausanne eine Wasserstoff-Tankstelle für zu Hause entwickelt.
Aktuell entsteht auf dem Werksgelände von Messer Schweiz eine erste Testanlage mit dem Namen „H24U“. Sie ist etwa so groß wie ein Kühlschrank und fasst sechs Kilogramm Wasserstoff. Das entspricht ungefähr einer Tankfüllung der aktuellen Generation Wasserstoff-Autos wie etwa Hyundai Nexo (6,33 kg) und Toyota Mirai (5,6 kg).
Der Testbetrieb der Anlage startet im Januar 2022. Zunächst konzentrieren sich die Forschenden auf den privaten Gebrauch und kleine Betriebe. Eine größere Anlage etwa für Mehrfamilienhäuser wird parallel entwickelt.
Wie funktioniert die Wasserstoff-Tankstelle?
Die Wasserstoff-Tankstelle besteht aus drei Einheiten. Erstens: dem Elektrolyseur, der Wasserstoff produziert. Außerdem steht ein thermischer Verdichter, der gleichzeitig als Wasserstoffspeicher funktioniert, zur Verfügung. Komplettiert wird die Wasserstoff-Tankstelle für zu Hause durch eine Zapfsäule mit Bedienpanel.
Zunächst spaltet die Produktionseinheit per Elektrolyse Wasser in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff auf. Dafür benötigt die Anlage Strom. Für einen CO2-neutralen Betrieb könnte dieser aus Photovoltaik- oder Windkraftanlagen stammen.
Metallhydride als Speichermedium
Wird das Wasser (H2O) aufgespalten, entweicht der Sauerstoff in die Umgebungsluft. Der wertvolle Wasserstoff wird zum Speichermedium – in diesem Falle einem Metallhydrid – weitergeleitet. Hier verfolgen die Forschenden einen neuen Ansatz. Denn die „klassischen“ Methoden zur Speicherung von Wasserstoff eignen sich nicht für die private Anwendung. Wasserstoff gasförmig zu speichern, erfordert einen hohen Druck von bis zu 300 bar und Temperaturen von 253 Grad unter dem Gefrierpunkt. Das Metallhydrid (ZrMn1.5) hingegen „absorbiert“ den Wasserstoff bei Umgebungstemperatur und einem Druck von „nur“ 10 bis 35 bar. Das ist in einer kleinen „Heimanlage“ umsetzbar. Außerdem ist dieses Verfahren gegenüber den anderen Speichermöglichkeiten sicherer.
Soll ein Fahrzeug betankt werden, wird der Stromspeicher erwärmt. Dadurch löst sich der Wasserstoff aus dem Metallhydrid. Der Druck in der Speichereinheit steigt und der Wasserstoff strömt über einen Tankschlauch in das Fahrzeug. Nach dem Tankvorgang kühlt sich das Speichermedium wieder ab und kann neuen Wasserstoff aus dem Elektrolyseur aufnehmen. 15 Minuten braucht die Anlage, um das nächste Fahrzeug betanken zu können. Dieses Speichersystem kommt bislang vornehmlich in U-Botten zum Einsatz.
Wasserstoff-Tankstelle: Vorteile der Technik
Der niedrige Druck zum Speichern des Wasserstoffs macht die Technik zudem flexibler. Behälter, die hohem Druck standhalten müssen, bedürfen einer bestimmten Geometrie. Das ist beim Speicher H24U-Anlage anders. Er lässt sich beispielsweise platzsparend unterhalb eines Carport-Bodens verbauen.
Um Wasserstoff effizient zu speichern, muss möglichst viel davon auf wenig Raum gelagert werden. Metallhydride bieten auch hier Vorteile gegenüber anderen Speichermöglichkeiten. Laut den Forschenden sei die Wasserstoffdichte in der H24U-Anlage im Vergleich zu flüssigem Wasserstoff deutlich größer als die bei gasförmigen Wasserstoff, der bei 700 bar Druck lagert. Die Entwickler planen die Markteinführung im Jahr 2022
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