E-Fuels und Biokraftstoffe: Hilfe oder nicht?
Biokraftstoffe aus Abfällen und E-Fuels können die CO2-Bilanz von Millionen Autos schlagartig verbessern. Doch nicht nur die Einsatzmöglichkeiten sind unklar. Die deutsche Politik äußert sich zurückhaltend.
Rund 47 Millionen benzin- und dieselangetriebene Autos fahren auf Deutschlands Straßen. Bis 2030 sollen 15 Millionen von ihnen durch rein elektrisch angetriebene Fahrzeuge ersetzt werden. Bleiben noch gut 30 Millionen Verbrenner übrig. Die werden womöglich im Jahr 2030 noch fahren. Entwickler arbeiten seit Jahren an Biokraftstoffen und an E-Fuels, mit denen auch diese Autos klimaneutral fahren könnten. Das sind synthetisch hergestellte Kraftstoffe mit einer deutlich besseren CO2-Bilanz als Benzin oder Diesel.
Anteilig tanken wir bereits heute Biokraftstoff, denn seit gut einem Jahrzehnt gibt es an den deutschen Tankstellen E10. Das ist Benzin mit einer Beimischung von bis zu zehn Prozent Ethanol aus Getreide, Zuckerrüben und anderen Pflanzen. Das senkt den CO2-Ausstoß, weil das freiwerdende Kohlendioxid zuvor von den Pflanzen der Atmosphäre entnommen wurde.
Biogene Kraftstoffe aus Abfall
Biogene Kraftstoffe entstehen ebenfalls aus Biomasse, allerdings aus Resten wie Klärschlamm oder Bioabfällen. Durch Erhitzung unter Luftausschluss und Veredelung entsteht ein Rohöl. Dieses Rohöl wird anschließend in einer Raffinerie zu Treibstoff weiterverarbeitet. Die Technik sei relativ robust, sagt Robert Daschner, Abteilungsleiter Energietechnik beim Fraunhofer-Institut im bayerischen Sulzbach-Rosenberg. Bei entsprechender Besteuerung hält er den Bio-Sprit für konkurrenzfähig – auch, weil die Ausgangsstoffe als Abfall fast nichts kosten. Nicht selten würde für ihre Entsorgung heute bezahlt. Laut Daschners Einschätzung lässt sich damit zwar nicht alles abdecken, aber „für etliche Prozent des heutigen Spritbedarfs könnte es durchaus reichen.“
Synthetische Kraftstoffe aus Wasserstoff
Noch mehr Potenzial sieht man bei Siemens Energy in E-Fuels. Im vergangenen Jahr baute das Unternehmen zusammen mit Porsche eine Demonstrationsanlage für E-Fuels im Süden Chiles. Mit drei Megawatt Windenergie stellt sie 130.000 Liter E-Fuels und 450.000 Liter Methanol pro Jahr her. Doch dabei soll es nicht bleiben. Die Unternehmen planen den Start einer kommerziellen Anlage mit der hundertfachen Leistung für 2025. Manager Markus Speith rechnet ab 2027 mit Anlagen in einer Größenordnung, die eine halbe Million Autos pro Jahr mit Treibstoff versorgen könnten. Er sieht großes Potenzial im Standort Chile. Alleine in dieser Region gebe es ausreichend Windenergie für 10 bis 20 solcher Anlagen. Die würden dann 6 bis 12 Milliarden Liter Treibstoff produzieren.
Für die Herstellung von klimafreundlichem synthetischen Kraftstoff brauchen die Hersteller Strom und Wasserstoff. Effizienter wäre es, mit dem Strom direkt ein Auto zu betreiben, denn ein Großteil der Energie bleibt bei der Produktion auf der Strecke. Doch Effizienz sei gar nicht so entscheidend, sagt Speith. Wo es gute Voraussetzungen, aber keinen Bedarf für Windstrom gebe, biete es sich an, ihn in Kraftstoff umzuwandeln. Der produzierte Kraftstoff könne dann mit Tankern dahin gebracht werden, wo man ihn brauche. Für ihre Konkurrenzfähigkeit bräuchten sie allerdings eine steuerliche Begünstigung.
Das sieht Jürgen Karpinski, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes (ZDK), ähnlich: „Mit klimaneutralen E-Fuels oder Biokraftstoffen könnten alle Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren in der EU klimaneutral angetrieben werden. Die bestehende Tankstellen-Infrastruktur wäre vorhanden.“ Das könne helfen, den CO2-Ausstoß schnell zu senken. Dazu brauche es aber „eine gleiche staatliche Förderung für synthetische Kraftstoffe wie für die E-Autos“.
Skepsis in der Politik
Klimaminister Robert Habeck (Grüne) steht E-Fuels für Privat-Autos sehr skeptisch gegenüber. Für die Produktion im Inland müssten noch mehr Windräder aufgestellt werden – ein Unterfangen, das sich in den vergangenen Jahren kompliziert darstellte. Er sieht den Einsatzzweck von E-Fuels vor allem in den Bereichen, die schwer zu elektrifizieren sind, etwa im Schwerlastverkehr und in Flugzeugen.
Was Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) will, ist weniger klar. Vor einer Woche sagte er dem Berliner „Tagesspiegel“: „Auf absehbare Zeit werden wir aber nicht genug E-Fuels haben, um die jetzt zugelassenen Pkw mit Verbrennungsmotor damit zu betreiben.“ Er könne „nur dazu raten, auf CO2-neutrale Antriebe umzusteigen.“ Allerdings äußerte er sich anschließend im Bundestag anders. Um die Klimaziele zu erreichen, seien E-Fuels „ein wichtiger Baustein“, sagte Wissing dort, „natürlich auch in den Bestandsflotten der Pkw. Jeder Beitrag zur CO2-Reduktion ist wichtig.“
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