Fahrrad - Bußgeldkatalog: Das sind die Strafen

Der neue Bußgeldkatalog 2022 ist in Kraft. Zwar soll er den Fahrrad- und Fußverkehr besser schützen. Aber auch für Radfahrende steigen einige Bußgelder deutlich. Was bei welchem Verstoß droht. 

Dennis Merla

Dennis Merla

Fahrrad Bußgeldkatalog
Fahrrad-Kontrolle: Welche Bußgelder drohen bei welchem Verstoß? [Quelle: picture alliance/dpa | Paul Zinken]

Den Straßenverkehr regelt in Deutschland die Straßenverkehrs-Ordnung (StVO). Am 9. November 2021 trat nun eine Neufassung in Kraft, die vor allem für Kraftfahrzeuge empfindliche Erhöhungen mit sich bringt. Aber auch im Radverkehr steigen einige Bußgelder deutlich. Wer auf einem Radweg links der Fahrbahn vorschriftswidrig fährt, zahl beispielsweise künftig 55 statt 10 Euro. Das gleiche gilt für das häufig zu beobachtende Fahren auf dem Gehweg.

Der Bußgeldkatalog nach StVO listet für Fahrradfahrer zwar eine Reihe von Verstößen auf, aber nicht alle. Bei den nicht aufgeführten Verkehrsverstößen orientiert sich das zu verhängende Bußgeld in der Regel an der Hälfte dessen, was PKW-Fahrer für den jeweiligen Verstoß hätten zahlen müssen. Das wissen viele nicht.

Fahrrad: Verstöße und Bußgelder in der Übersicht*

Vorwurf

Bußgeld

Mit Behinderung

Mit Gefährdung

Mit Unfall

Radweg nicht benutzt wo vorgeschrieben

20 Euro

25 Euro

30 Euro

35 Euro

Radweg  in falscher Richtung (wenn andere Richtung vorhanden)

20 Euro

25 Euro

30 Euro

35 Euro

Linksseitigen Radweg vorschriftswidrig benutzt

55 Euro

70 Euro

80 Euro

100 Euro

Vorschriftswidrig Gehweg befahren

55 Euro

70 Euro

80 Euro

100 Euro

Nicht freigegebenen gekennzeichneten Gehweg/Fußgängerzone  befahren

25 Euro

30 Euro

35 Euro

40 Euro

Einbahnstraße oder Kreisverkehr vorschriftswidrig in falscher Richtung befahren

20 Euro

25 Euro

30 Euro

35 Euro

Mehr als Schrittgeschwindigkeit in freigegebener Fußgängerzone

15 Euro

 

30 Euro

 

Radfahr-Verbot missachtet

25 Euro

30 Euro

35 Euro

40 Euro

Trotz Schutzstreifen Rechtsfahrgebot missachtet

15 Euro

20 Euro

25 Euro

30 Euro

Verstoß gegen Rechtsfahr-Gebot

15 Euro

25 Euro

   

Fehler beim Linksabbiegen (direkt oder indirekt)

15 Euro

20 Euro

25 Euro

30 Euro

Beim Abbiegen keine Rücksicht auf Fußgänger

   

70 Euro, 1 Punkt

 

Nebeneinander fahren

 

20 Euro

25 Euro

30 Euro

Freihändig fahren

5 Euro

     

Mitnahme Kind ohne vorschriftsmäßige Sicherung

5 Euro

     

Mitnahme Person ab 7 Jahren auf einsitzigem Rad oder im Anhänger

5 Euro

     

Vorgeschriebene Beleuchtung fehlt oder funktioniert nicht

20 Euro

 

25 Euro

35 Euro

Beleuchtung bei Dunkelheit oder schlechter Sicht verschmutzt, verdeckt, nicht benutzt

20 Euro

 

25 Euro

35 Euro

Klingel nicht vorhanden, nicht betriebsbereit oder nicht zulässig

15 Euro

     

Bremsen nicht vorhanden, nicht zulässig oder nicht betriebsbereit

10 Euro

     

Fahrzeug nicht verkehrssicher

80 Euro

     

Anweisungen/Zeichen der Polizei missachtet

25 Euro

     

Unzulässige Nutzung von elektronischen Geräten (Mobiltelefon)

55 Euro

     

Bei Rot an der Ampel gefahren

60 Euro + 1 Punkt

 

100 Euro + 1 Punkt

120 Euro + 1 Punkt

Ampel länger als 1 Sekunde rot

100 Euro + 1 Punkt

 

160 Euro + 1 Punkt

180 Euro + 1 Punkt

Grüner Pfeil: Vor dem Abbiegen nicht angehalten

35 Euro

50 Euro

75 Euro

 

Geschlossene Schranke am Bahndamm missachtet

350 Euro + 2 Punkte

     

Zebrastreifen: Vorrang des Fußverkehrs missachtet

40 Euro

     

Fahren mit beeinträchtigtem Gehör durch Gerät (zu laute Kopfhörer)

15 Euro

     

* Bußgeld ab 09.11.2021; Quelle: ADFC

       

Zu schnell fahren mit dem Fahrrad

Grundsätzlich gibt es keine festgeschriebene Höchstgeschwindigkeit für Fahrradfahrer in Deutschland. Wer zu schnell unterwegs ist, dem drohen dennoch Strafen. Für Radfahrer beachtenswert ist hier der Passus zur „unangepassten Geschwindigkeit“.

Im Straßenverkehr gilt für Fahrradfahrer und für alle anderen Verkehrsteilnehmer die allgemeine Sorgfaltspflicht. Nach § 1 Absatz 2 StVO müssen sich Verkehrsteilnehmer so verhalten, dass niemand anderes geschädigt, gefährdet oder behindert wird.

Wer mit seinem Rennrad bergab auf einem Radweg mit angrenzendem Bürgersteig die 50 km/h-Marke streift, kann wegen „unangepasster Geschwindigkeit“ bestraft werden. Denn mit seiner hohen Geschwindigkeit gefährdet er Fußgänger und andere Fahrradfahrer. Der Bußgeldkatalog sieht dafür eine Geldstrafe zwischen 30 und 35 Euro sowie einen Punkt in Flensburg vor.

Bei Fahrrädern mit elektrischer Unterstützung, den sogenannten Pedelecs, hängt die gesetzliche Betrachtung von der möglichen Höchstgeschwindigkeit des Fahrrads ab. So zählen Pedelecs in der StVO nur dann als Fahrräder, wenn sie bauartbedingt maximal 25 km/h fahren. Kann ein Pedelec schneller fahren, gilt es nicht mehr als Fahrrad. Dann muss es ein Versicherungskennzeichen und eine allgemeine Betriebserlaubnis haben, der Fahrer bzw. die Fahrerin muss einen Helm tragen und einen entsprechenden Führerschein (Klasse AM) besitzen, mindestens 16 Jahre als sein. Für die sogenannten S-Pedelecs gelten dieselben Geschwindigkeitsbegrenzungen wie für Roller, Motorräder und Pkw.

Fahrradfahren unter Alkoholeinfluss

Wer betrunken Fahrrad fährt, riskiert seinen Führerschein. Zwar gibt es bei Alkohol am Lenkrad eine sehr hohe Promillegrenze. Dennoch kann die Polizei bei auffälliger Fahrweise schon ab einem Promille-Wert von 0,3 Strafanzeige erstatten. Fährt der Fahrradfahrer mit mehr als 1,6 Promille, erhöht sich das Punktekonto in Flensburg um drei Punkte. Zudem werden eine Geldstrafe verhängt und die Teilnahme an einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) angeordnet. Betrunken Fahrrad zu fahren ist keine Ordnungswidrigkeit, sondern eine Straftat. Dementsprechend stellt die Polizei in einem solchen Fall Strafanzeige. Steht ein Fahrradfahrer unter Drogeneinfluss, droht neben einer Strafanzeige ebenfalls eine MPU.

Rote Ampel überfahren

Überfährt ein Radfahrer eine rote Ampel, wird dies als Rotlichtverstoß genauso geahndet wie bei Autofahrern. Die Höhe der Strafe hängt davon ab, wie lange die Rotphase bereits andauert. Ist die Ampel gerade erst auf Rot gesprungen, zeigt also weniger als eine Sekunde lang das rote Licht, werden 60 Euro und ein Punkt fällig. Kommt es zu einem Unfall, erhöht sich die Strafe auf 120 Euro.

Zeigt die Ampel schon länger eindeutig Rot und der Radfahrer ignoriert sie, verlangt der Gesetzgeber 100 Euro und trägt einen Punkt in das Fahreignungsregister ein. Kommt es zum Unfall, erhöht sich die Strafe auf 180 Euro.

Übrigens: Die Eröffnung eines Punkte-Kontos in Flensburg ist nicht abhängig vom Besitz eines Führerscheins. Wer mit dem Fahrrad zu viele Punkte sammelt, dem droht entweder der Entzug der Fahrerlaubnis oder er bekommt Schwierigkeiten, diese überhaupt zu erwerben.

Fahrradfahren liegt im Trend. Gleichwohl gilt auch für Fahrradfahrer, wie für alle anderen Verkehrsteilnehmer auch, die allgemeine Sorgfaltspflicht [Quelle: © Adli Wahid via unsplash.com]

Handy und Musik auf dem Fahrrad

Das Handy ist auf dem Fahrrad tabu. Zumindest dann, wenn es in die Hand genommen wird. 25 Euro Bußgeld sieht die StVO in diesem Fall vor. Wer auf dem Fahrrad dennoch telefonieren will, braucht ein Headset. Erlaubt ist außerdem, das Smartphone mit einer Halterung am Lenker zu befestigen, um es als Navigationsgerät zu nutzen.

Fahrradfahrer dürfen grundsätzlich beim Radeln Musik hören. Sie sollten allerdings darauf achten, die Verkehrssignale wie Klingeln, Hupen oder das Martinshorn neben der Musik wahrnehmen zu können. Behindert ein Fahrradfahrer wegen zu lauter Musik auf den Ohren einen anderen Verkehrsteilnehmer, muss er sich auf ein Bußgeld von 15 Euro einstellen.

Was passiert bei mehreren Verstößen gleichzeitig?

Fährt ein betrunkener Radfahrer mit überhöhter Geschwindigkeit und Handy am Ohr und über eine rote Ampel, nennt der Gesetzgeber das „Tateinheit“. In diesem Fall wird nur der schwerwiegendste Verstoß geahndet, was in diesem Beispiel die Trunkenheitsfahrt sein dürfte.

„Rote Ampel ist keine Empfehlung“

Mindestens in einer Woche pro Jahr kontrolliert die Polizei Radfahrer verstärkt Radfahrer. Dabei werden nicht nur Verkehrsverstöße geahndet, sondern die Räder auch auf ihre Verkehrstauglichkeit überprüft. Dazu zählen in erster Linie Bremsen und Beleuchtung. Aber auch auf Manipulationen an E-Bikes und Pedelecs achtet die Polizei. Denn die werden immer häufiger für mehr Geschwindigkeit frisiert.

2021 fand die Kontrolle der Berliner Polizei im Juli statt. Häufigstes Vergehen war ein nicht ganz ungefährliches: Der Rotlicht-Verstoß: „Viele sehen in einer roten Ampel offenbar nur eine Empfehlung, auch an großen unübersichtlichen Kreuzungen“, sagte Frank Schattling, Leiter des Fachstabs Verkehr bei der Berliner Polizei. Auf das Geld für die Staatskasse bestanden die Beamten dabei nicht in jedem Fall. Die Betroffenen werden zunächst angesprochen. Häufig ergebe sich daraus „ein nettes Gespräch“, so Schattling. In manchen Fällen werde aber auch ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet.

Die Schwerpunktüberprüfungen sollen den Kontrolldruck bei Radfahrern erhöhen. Die Polizei hofft, dass sich Radfahrerkünftig auch dann an die Verkehrsregeln halten, wenn kein Beamter in Sichtweite ist. Im vergangenen Jahr sind 17 Radfahrende bei Unfällen in Berlin ums Leben gekommen, teilweise auch durch Eigenverschulden.

Was ist eine Gefährdung im Straßenverkehr?

Eine Gefährdung im Straßenverkehr liegt vor, wenn das Fahrzeug nicht sicher geführt wird. Als Ursachen kommen sowohl der Konsum von Alkohol oder Drogen infrage als auch andere psychische oder physische Mängel. In der Folge muss Leib oder Leben eines anderen Menschen in Gefahr gebracht werden. § 315c des Strafgesetzbuches stellt die Gefährdung einer fremden Sache von bedeutendem Wert damit auf eine Stufe. Die Grenze dafür liegt etwa bei 1300 Euro.

Häufige Gründe für eine Gefährdung im Straßenverkehr

Abgesehen von den gesetzlich festgelegten Ursachen für eine Gefährdung im Straßenverkehr gibt es sieben Situationen, die ein rücksichtsloses Handeln in grob verkehrswidriger Weise voraussetzen. Diese besonders schweren Verstöße sind wegen ihrer Gleichgültigkeit anderen Verkehrsteilnehmern gegenüber als die sieben Todsünden des Straßenverkehrs bekannt:

  • Nichtbeachten der Vorfahrt anderer Verkehrsteilnehmer
  • falsches Überholen oder sonstiges Falschfahren bei Überholvorgängen
  • falsches Heranfahren an einen Fußgängerüberweg
  • zu hohe Geschwindigkeit an Einmündungen, Kreuzungen, Bahnübergängen und unübersichtlichen Stellen
  • Missachtung des Rechtsfahrgebots an unübersichtlichen Stellen
  • Nichtbenutzung des Warndreiecks
  • Wenden, Rückwärtsfahren oder Fahren entgegen der Fahrtrichtung auf einer Autobahn oder Kraftstraße                                                       Achtung: Hier ist ausdrücklich auch der Versuch in den Tatbestand einbezogen.

Mit diesen Strafen ist bei einer Gefährdung zu rechnen

Neben dem Bußgeld, eventuellen Punkten in Flensburg und daraus resultierenden Fahrverboten, können in einem gerichtlichen Verfahren auch eine Geld- oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren verhängt werden. Welche konkrete Strafe jemand zahlen muss, der eine Gefährdung im Straßenverkehr verursacht hat, hängt von dem Verhalten in diesem bestimmten Fall ab und wird vom Richter entschieden. Eine Freiheitsstrafe wird in der Praxis aber nur sehr selten bei wirklich gravierendem oder wiederholtem Fehlverhalten verhängt.

Gut zu wissen: Bei Fahrlässigkeit anstelle von Vorsatz reduziert sich der Strafrahmen von möglichen 5 Jahren auf 2 Jahre Freiheitsstrafe.

Gefährdung und Behinderung – wo liegt der Unterschied?

Wo der Unterschied zwischen einer Gefährdung und einer bloßen Behinderung im Straßenverkehr liegt, ist für Laien immer wieder fraglich. Die Wortwahl zeigt aber schon, dass die Gefährdung deutlich schwerer wiegt als die Behinderung. Auch sonst ist die Unterscheidung leicht zu treffen, wenn die beiden Fälle erst einmal klar sind.

Im Gegensatz zur Gefährdung wird bei der Behinderung nur die Bewegungsfreiheit eines anderen Verkehrsteilnehmers beeinträchtigt. Weder Leib, Leben noch bedeutende Sachgüter anderer Menschen werden beeinflusst. Für die Ahndung einer Behinderung im Straßenverkehr muss allerdings zwischen vermeidbaren und unvermeidbaren Situationen unterschieden werden.

Möchte ein Fahrer beispielsweise links abwarten, muss aber auf eine Lücke im Gegenverkehr warten, hindert er die Autos hinter ihm am Weiterfahren. Diese Situation ist unvermeidbar und wird daher nicht bestraft. Das Paradebeispiel für eine unvermeidbare Behinderung ist das Parken auf dem Gehweg. Selbst dann, wenn noch kein Fußgänger konkret behindert wurde, weil er nicht vorbeikam, kann dieses Verhalten zur Anzeige gebracht werden.

Weitere Informationen zum Thema finden Sie unter https://www.bussgeldkataloge.de/gefaehrdung/.

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