Frankreich testet Lärm-Radar gegen laute Autos und Motorräder

Eine Radarfalle gegen Lärm: Frankreich testet Geräuschmesser, die laute Autos und Motorradfahrer erkennen. Dröhnen die Fahrzeuge zu stark, ermittelt ein Lesegerät das Kennzeichen und veranlasst ein Bußgeld.

Die "Qualle" ("Méduse") misst in Frankreich die Lautstärke von Autos und Motorrädern. Sind sie zu laut, folgt ein Strafzettel [Quelle: PHOTOPQR/LE PARISIEN/Arnaud Journois]

Diese Radarfalle schert sich nicht um Geschwindigkeit. „Méduse“, übersetzt: „Qualle“, misst mit vier Mikrofonen die Lautstärke vorbeifahrender Autos und Motorräder. Nach einer Testphase ab November 2021 drohen den Ruhestörern Bußgelder – denn Verkehrslärm schädigt Nerven und Gesundheit.

 

Frankreich will „Méduse“ zunächst in Paris und sieben weiteren Städten testen. Vorerst erfasst der patentierte Radar den Umgebungslärm in lebendigen Hauptstatvierteln oder auf Baustellen, erklärt Fanny Mietlicki, Direktorin des Lärmschutzverbandes Bruitparif. Mehrmals pro Sekunde messe das Gerät Umfang und Bewegungsrichtung des Lärms. „Parallel dazu perfektionieren wir gerade einen Prototypen des Lärm-Radars, der das Bestrafen von Fahrern ermöglichen soll, die mit ihren Motoren zu viel Lärm machen.“ Dazu werde der Radar mit einer Kamera und einem Kennzeichen-Lesegerät gekoppelt. So könne die Polizei den Halter identifizieren.

Die „Qualle“: Vier Mikrofon-Tentakel entdecken Lärm

Während des Pilotversuchs möchte das Verkehrsministerium insgesamt drei verschiedene Modelle testen. Wenn sie sich in der Praxis bewähren, durchlaufen sie einen Zulassungsprozess, bevor sie Lärmbelästigung zur Anzeige bringen. „Wahrscheinlich wird ein landesweiter Einsatz des Lärmradars erst ab 2023 möglich“, schätzt Mietlicki. Bereits im kommenden Jahr könnten aber erste Strafzettel verschickt werden. Die juristische Grundlage befinde sich derzeit in der politischen Abstimmung: In einem Dekret sind technische Details und Grenzwerte festgelegt, ab denen Strafen drohen.

 

In der Côte-d’Azur-Metropole Nizza soll im November ein erster Lärm-Radar installiert werden. Dort setzen die Behörden zuvor bereits auf den pädagogischen Effekt von Leuchttafeln. Sie leuchten an zehn Stellen in der Stadt rot auf, wenn die Schwelle von 90 Dezibel überschritten wird. „Das Verbessern der Lebensqualität der Einwohnerinnen und Einwohner hat große Priorität“, sagte der Erste Stadtrat Anthony Borré im Juni bei der Installation der ersten Tafel. 

Zu sehen ist ein Mann, der an einem Motorrad schraubt
Zu laut: Ein Mann baut bei einer Polizeikontrolle einen sogenannten "dB-Killer" in den Auspuff seines Motorrades, um die Lärmgrenzen einhalten zu können. (Symbolbild, Quelle: picture-alliance)

„Dieses neue Instrument zielt darauf ab, gegen Lärmbelästigungen vorzugehen“

 

Lärm ist allerdings nicht nur in Metropolen ein Problem. Motorradfahrer sorgen an beliebten Ausflugszielen für Radau. In der Gemeinde Saint-Forget, kaum 50 Kilometer von Paris entfernt, ist ebenfalls seit kurzem ein Lärm-Radar installiert: Die „Straße der 17 Kurven“ ist bei Bikern beliebt. Einige nehmen dafür sogar weite Anfahrten in Kauf. 

 

Auch am Schluchtpass in den Vogesen, einer bei Zweirad-Piloten beliebten Route, wurde bereits ein Lärm-Radar installiert. „Hier gibt es einen geraden Abschnitt, auf dem Motorradfahrer gerne beschleunigen und die erlaubten 80 Dezibel deutlich überschreiten“, sagte der Vize-Präsident der Europäischen Gebietskörperschaft Elsass, Alain Grappe, kürzlich dem Sender France Info. 

 

Um die Belästigung zu reduzieren, wurde auf der Passstraße die Höchstgeschwindigkeit an Wochenenden und Feiertagen auf Tempo 60 beschränkt. Um zu überprüfen, ob die Maßnahme Wirkung zeigt, werden mit dem Radar bis Ende August an vier verschiedenen Stellen in den Vogesen Messungen vorgenommen.

Diskussionen zu Fahrverboten und Geräuschmessungen

Im Kampf gegen Motorradlärm war in Deutschland auch über Fahrverbote an Sonn- und Feiertagen gestritten worden, Motorradverbände verwiesen indes auf die durch verschärften Grenzwerte ohnehin leiseren Maschinen. Belangt werden solle die Minderheit der Fahrer, die ihren Auspuff für einen lauteren Sound manipulierten.

 

Der Verband Bruitparif erklärt, es werde auch in der Schweiz und Großbritannien am Einsatz von Lärm-Blitzern gearbeitet. Eine Technik, die wie die Radarfalle „Méduse“ den Lärm eines individuellen vorbeifahrenden Fahrzeugs bestimmen kann, gebe es in anderen europäischen Ländern nach Kenntnis des Verbands noch nicht.

Der herkömmliche Weg: In Deutschland prüfen spezielle Messgeräte die Lautstärke von Fahrzeugen. Im Vorbeifahren funktioniert das nicht [Quelle: picture-alliance.com]

Immer informiert sein?

Abonniere unseren Newsletter!