Politikum Lastenrad: So steht es um den Pack-Drahtesel

Diese Räder beschäftigen das Land – oder beschäftigen sie vor allem die Politik? Seit dem Vorschlag der Grünen, den privaten Kauf von Lastenrädern bundesweit zu fördern, wird ihr Nutzen diskutiert. Dabei spielen sie im Alltag noch eine eher kleine Rolle.

Zu sehen ist ein Mann auf einem Lastenfahrrad
Lastenräder werden vor der Bundestagswahl 2021 intensiv diskutiert. Die Grünen fordern eine Förderung für Privatkäufer [Quelle: picture-alliance.com]

Raus aus dem Auto und rauf aufs Lastenrad: Die Grünen wollen mit einer Förderprämie von 1000 Euro den privaten Kauf von Lastenfahrrädern unterstützen. Diese Forderung im Vorfeld der Bundestagswahl 2021 hat eine Debatte über Nutzen und Verbreitung der Lastenräder angestoßen. Wir klären: Welche Modelle gibt es bereits? Und worauf sollten Interessierte achten?

Das sind Lastenräder

Stabil gebaut, mit Platz für jede Menge Ladung – Lastenräder sollen den Transport von größeren Objekten mit dem Fahrrad ermöglichen. Die Räder gibt es dafür in verschiedenen Varianten, als zweirädriger „Long John“ mit einer Ladefläche zwischen Lenker und Vorderrad, als „Backpacker“ mit langgezogenem Gepäckträger oder als „Trike“ mit drei Rädern und Laderaum vor dem Lenker. Ob offen oder als Kasten, ob als Wanne mit „Cabrioverdeck“ – möglich ist viel, was man braucht, hängt vom Einsatzzweck ab.

Das können Lastenräder

Das Kind zur Kita bringen, den Bierkasten nach Hause fahren oder Bretter im Baumarkt abholen – dank des größeren Stauraums sollen Lastenräder vor allem Autofahrten ersetzen. Rund die Hälfte der Nutzer von Mietlastenrädern würde den Transportweg sonst mit dem Auto zurücklegen, sagt der Fahrrad-Club ADFC. Befürworter sagen außerdem: Lastenräder sind gesund, sowohl für die Menschen als auch für die Umwelt. Sie fahren CO2-neutral und sollen bei der Mobilitätswende helfen.

Das können Lastenräder nicht so gut

Die Räder sind lang, breit und brauchen Platz – und gerade den gibt es in vielen Städten nicht. Bei engen Fahrradwegen kann es schwer sein, im Verkehr voran zu kommen. Auch beim Fahrverhalten ist Vorsicht geboten: Fahrer sollten sich nicht zu scharf in die Kurve legen. Hat das Lastenrad keinen E-Antrieb, kann es bei längeren Strecken zudem schnell anstrengend werden. Besitzer müssen auch dafür sorgen, dass das Fahrrad sicher abgestellt ist – gerade in der Innenstadt kann das zum Problem werden.

 

Je nach Modell unterscheiden sich Stärken und Schwächen. Dreirädrige Lastenräder fahren stabiler, fallen jedoch recht breit aus. Auf manchen Wegen kann es da Schwierigkeiten mit Absperrungen geben. Zweiräder sind schmaler und man ist damit schneller unterwegs. Der lange Radstand kann beim Wenden jedoch nerven.

Zu sehen ist ein Lastenrad
Das Packster 70 von Riese und Müller gehört zu den "Long Johns" mit Laderaum zwischen den Achsen [Quelle: picture-alliance.com]

Diese Regeln gelten für Lastenräder

Wer mit dem Lastenrad unterwegs ist, muss sich an dieselben Regeln halten wie andere Radfahrer. Wenn ein Fahrradstreifen vorhanden ist, muss dieser genutzt werden. Vor allem auf schmalen Fahrradwegen als Teil des Bordsteins kann das nerven. Doch die Straßenverkehrsordnung (StVO) unterschiedet nicht zwischen Cargobikes und „normalen“ Fahrrädern.  Allerdings dürfen Lastenräder auch am Fahrbahnrand geparkt werden. Ladung, Tiere und Kinder müssen bei der Fahrt ordnungsgemäß gesichert werden. Für Beleuchtung und Verkehrssicherheit gilt ebenfalls die StVO. Lampen, Reflektoren, Schutzbleche – alles muss dran sein und funktionieren. 

Das kosten Cargobikes

Die günstigsten Modelle sind ab etwa 1500 Euro zu haben. Allerdings heißt es dann: komplett selbst strampeln. Wer einen Elektroantrieb haben möchte – gerade bei schweren Lasten eine gute Idee – zahlt deutlich mehr. Schon hochwertige Markenräder ohne E-Antrieb kosten deutlich mehr, mit elektrischer Unterstützung können es mehr als 5000 Euro werden. Wie immer bestimmt der Anspruch den Preis. Und wie immer: Qualität gibt es nicht umsonst.

 

Bundesweit gibt es bisher keine Förderprogramme für Privatleute, einige Bundesländer und Kommunen haben aber eigene Programme für den privaten Bedarf aufgelegt. Für einen Überblick empfiehlt der ADFC das Portal cargobike.jetzt. Je nach Wohnort kann die Förderung mehrere hundert Euro extra bringen.

So viele Lastenräder werden verkauft

Im Jahr 2020 sind nach Angaben des Zweirad-Industrie-Verbands (ZIV) rund 103.200 Lastenräder in Deutschland verkauft worden. Zum Vergleich: Im selben Zeitraum wurden insgesamt mehr als 5 Millionen Fahrräder und E-Bikes verkauft. Der ADFC fordert daher den schnellen Ausbau von Fahrradwegen. „Noch mehr werden umsteigen, wenn die Infrastruktur nicht mehr in erster Linie fürs Auto gemacht ist, sondern den umweltfreundlichen Verkehr ins Zentrum rückt“, sagt Geschäftsführerin Ann-Kathrin Schneider.

 

Zu sehen ist eine Frau auf einem Lastenrad
Privatleute bekommen beim Kauf eines Lastenrads bislang nur in wenigen Regionen Unterstützung. Wer sein Cargobike gewerblich nutzt, kann auf eine Bundesförderung zugreifen [Quelle: picture-alliance.com]

Das sagt die Politik zur Lastenrad-Förderung

Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock will, dass Privatleute 1000 Euro Zuschuss beim Kauf eines Lastenrads bekommen. Damit könnten auch Menschen, die keinen Führerschein hätten oder nicht Auto fahren wollten oder könnten, etwa ihre Einkäufe nach Hause bringen, Kinder in die Kita fahren oder sonstige Transportaufgaben umweltschonend erledigen.

 

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak kritisierte die Vorschläge auf Twitter als „abstrus und weltfremd“. Für viele Menschen im ländlichen Raum, gerade für Handwerker, sei dies eben nicht die perfekte Lösung.

 

Auch Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) reagiert skeptisch auf den Vorschlag. Sie verweist darauf, dass der Bund Lastenräder längst fördere. Nicht für Privatleute zwar, aber für Freiberufler, Betriebe, Vereine oder Kommunen.

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