So hat Corona das Flugverhalten in Deutschland verändert
Weniger Privat-, dafür aber wieder viele Geschäftsreisen: Die Pandemie hat das Flugverhalten der Deutschen nachhaltig verändert. Besonders betroffen ist der Flughafen München.
Ob das die Debatte um die Klimakrise allein auch geschafft hätte? Die Corona-Pandemie hat das Verhältnis der Menschen zum Flugverkehr verändert – nicht immer freiwillig, aber offenbar nachhaltig. Im Sommer kehrte mit den wieder gestiegenen Möglichkeiten die Reiselust der Deutschen zurück, Wenn auch auf noch immer reduziertem Niveau. Das zeigen Zahlen des Frankfurter Flughafenbetreibers Fraport, der im August 2021 an Deutschlands Drehscheibe im Westen rund 3,2 Millionen Passagiere zählte. Das sind immerhin etwa halb so viele wie im August 2019.
Für den Herbst und Winter 2021 rechnet der Flughafenbetreiber mit einem Absinken der Passagierzahl auf eher 40 Prozent des Vorkrisenniveaus. Das sagte Vorstandschef Stefan Schulte in Frankfurt. Folgt nach dem Aufschwung zur Hauptreisezeit also wieder eine generell niedrigere Nachfrage nach Flügen? Fraport rechnet damit, dass das Geschäft in der kühlen Jahreszeit deutlich zurückgeht, da nach Einschätzung der Gesellschaft zwar Geschäftsreisen wieder verstärkt unternommen würden, anders als während der Hochphase der Pandemie ein Jahr zuvor. Im Privatreiseverkehr rechnet Schulte jedoch mit deutlichen Rückgängen im Vergleich zu Vor-Corona-Zeiten. Viele Menschen seien wegen der weiteren Entwicklung der Infektionszahlen verunsichert.
Dies könnte sich so fortsetzen: Auch für die Zukunft rechnet Schulte mit stärkeren Schwankungen beim Passagieraufkommen. So werde es deutlich stärkere Sommer und viel mehr Verkehr an den Wochenenden geben als früher, so der Fraport-Chef. Umgekehrt werde das Geschäft im Winter schwächer ausfallen, und auch unter der Woche werde es Tage mit merklich weniger Verkehr geben.
Rückgang um mehr als 40 Prozent erwartet
Fliegen wir also insgesamt weniger, dafür aber zu bestimmten Zeiten geballt? Es scheint sich so abzuzeichnen. Im Reisesommer 2021 kam es vielerorts zu Verspätungen wegen erhöhtem Verkehrsaufkommen über deutschen Flughäfen, obwohl – oder weil – diese nach wie vor mit stark reduzierter Kapazität operieren. Auch Fraport stellt seine Mitarbeiter schon einmal auf „deutlich mehr Flexibilität“ ein.
Insgesamt zählte die Deutsche Flugsicherung (DFS) im ersten Halbjahr 2021 531.217 Flugbewegungen im deutschen Luftraum. Das entspricht einem Rückgang von 67 Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr 2019. So zählen die Flugsicherer für den Flughafen Frankfurt in diesem Zeitraum 90.000 Starts und Landungen, während es vor zwei Jahren noch mehr als 250.000 waren. Noch deutlich stärker war der Rückgang in München (40.000/203.000), während Halle/Leipzig nur rund 10 Prozent Rückgang verzeichnete. Hauptgrund: An diesem Flughafen wird ein überdurchschnittlich großer Anteil Luftfracht umgesetzt.
Die DFS rechnet bis zum Jahresende 2021 mit einem Anstieg des Flugverkehrs auf rund drei Viertel des Vorkrisenniveaus, im Jahresschnitt kalkuliert das bundeseigene Unternehmen jedoch mit „weniger als 60 Prozent“ der Vergleichszahlen von 2019. „Aktuelle Prognosen gehen davon aus, dass sich der Verkehr erst im Jahr 2025 wieder vollständig erholt“, schließen die Flugsicherer.
Für die Flughafenbetreiber sind das insgesamt keine guten Nachrichten, fürs Klima schon eher: Egal mit welchem Verkehrsträger, bedeutet weniger Verkehr stets weniger Emissionen. Der Rückgang der Nachfrage nach Geschäftsflügen und Fernreisen führt zwangsläufig zu weniger Flugbewegungen, nach wie vor sind Flugreisen beispielsweise in die USA praktisch nicht möglich. Ob sich eine neue gesellschaftliche Balance entwickelt, die dauerhaft mit weniger Flugbetrieb auskommt, wird sich aber wohl erst zeigen, wenn weltweit die Corona-bedingten Beschränkungen weitgehend gefallen sind.
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