Moskau führt Bezahlung mit Gesichtserkennung ein
Bezahlen mit „Face Pay“: Seit dem Wochenende brauchen Fahrgäste in Moskaus U-Bahn weder Ticket noch Smartphone. Während Zehntausende das Angebot nutzten, warnen Kritiker.
Fahrgäste der Moskauer U-Bahn können ihre Tickets nun auch über Kameras mit Gesichtserkennung bezahlen. Mehr als 25.000 Menschen hätten das bereits am ersten Tag genutzt, teilte das staatliche Verkehrsunternehmen am Samstag in der russischen Hauptstadt mit. „Unsere Erwartungen sind übertroffen worden“, sagte der für Verkehr zuständige Vize-Bürgermeister Maxim Liksutow. Die umstrittene Technologie war zuvor seit Anfang des Jahres getestet worden.
„Um in die U-Bahn einzusteigen, brauchen Fahrgäste weder eine Karte noch ein Smartphone – sie müssen nur in die Kamera am Drehkreuz schauen“, erläuterte Liksutow. An mehr als 240 Metro-Stationen in Europas größter Metropole funktioniere das System inzwischen.
„Face Pay“ funktioniert auch mit Corona-Schutzmaske
Um es zu nutzen, müssen Fahrgäste ein Foto von sich, ihre Bankkarte und ihre Karte für Fahrten mit Bahn und Bus hochladen und diese mit der Metro-App verknüpfen, wie es hieß. „Moskau ist die erste Stadt der Welt, in der das System in diesem Umfang funktioniert“, sagte der Vize-Bürgermeister.
Er rechnet damit, dass die „Face Pay“ genannte Bezahlmethode in den kommenden zwei bis drei Jahren von 10 bis 15 Prozent der Fahrgäste genutzt werden wird. Sie sei sicher und könne auch beim Tragen von Corona-Schutzmasken genutzt werden, versicherten die Behörden.
Die unabhängige Organisation Roskomswoboda warnte dagegen, die Aussagen über die Sicherheit des Systems seien „ziemlich zweifelhaft“. Daten könnten zudem in die Hände der Sicherheitsdienste gelangen. Technologien zur Gesichtserkennung werden in Russland seit längerem ausgebaut. Darüber wurden zuletzt auch Corona-Patienten aufgespürt, die sich nicht in Quarantäne zu Hause begeben hatten.
Auch in Deutschland hat es bereits Experimente mit Gesichtserkennungs-Software an Bahnhöfen gegeben. Seit 2017 läuft ein Pilot-Projekt am Berliner Nah- und Fernbahnhof Südkreuz. Im Fokus stehen dort allerdings Sicherheits-Aspekte und nicht eine Vereinfachung des Ticketing. Wenn die Biometrie eine Übereinstimmung mit einem gesuchten Kriminellen erkannt hat, wird die am Bahnhof stationierte Polizei alarmiert. Zudem können intelligente Kameras feststellen, wenn abgestellte Gegenstände wie Koffer oder Pakete für einen längeren Zeitraum nicht bewegt wurden.
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