Die überraschend grüne Wunschliste von Herbert Diess
Nach der Bundestagswahl legt der VW-Chef Diess einen Zehn-Punkte-Plan zum Umweltschutz vor und übertrifft darin manche Forderung der Parteien. Damit verfolgt er nicht zuletzt auch Konzerninteressen.
Noch vor den ersten Sondierungsgesprächen der künftigen Regierungsparteien hat Herbert Diess mit einem Zehn-Punkte-Plan für Aufsehen gesorgt. Der Vorstandsvorsitzende von Volkswagen fordert bei Twitter vor dem Beginn der Koalitionsverhandlungen „spürbare Änderungen: Die Tatsache, dass klimapolitische Reformen und die Modernisierung & Digitalisierung weit oben auf der Agenda stehen, ist eine gute Basis für die Koalitionsverhandlungen. Wir haben uns Gedanken gemacht & wünschen uns, dass folgende 10 Punkte in die Verhandlungen mit einfließen.“
Zu seinen Forderungen gehören mit dem Ausbau der Lade-Infrastruktur, der Förderung von Ride-Pooling und Car-Sharing in Innenstädten sowie der Fortführung der E-Auto-Kaufprämie vor allem Themen, die unmittelbar mit den strategischen Geschäftszielen von Volkswagen verknüpft sind.
Die Tatsache, dass klimapolitische Reformen und die Modernisierung & Digitalisierung weit oben auf der Agenda stehen, ist eine gute Basis für die Koalitionsverhandlungen. Wir haben uns Gedanken gemacht & wünschen uns, dass folgende 10 Punkte in die Verhandlungen mit einfließen:
— Herbert Diess (@Herbert_Diess) September 27, 2021
Diess übertrifft sogar die Grünen
Der VW-Konzern hat sich aktuell wie kein anderer deutscher Autobauer auf das Thema Elektromobilität eingeschworen – und würde entspechend in Form von hohen Absatzzahlen von einer Umsetzung der Forderungen profitieren.
Doch Diess, der bereits bei der IAA mit einer programmatischen Rede ähnliche Forderungen vertreten hatte, geht noch einen Schritt weiter. In der ersten seiner zehn Forderungen, die er in zehn Tweets im sozialen Netzwerk Twitter publiziert hat, formuliert er den Wunsch nach einem CO2-Preis von 65 Euro/Tonne. Derzeit liegt dieser Preis bei 25 Euro und soll in den nächsten Jahren auf 55 Euro steigen.
Mit dem Ruf nach 65 Euro pro Tonne übertrifft Diess selbst die Grünen, die bislang von einer Erhöhung auf 60 Euro im Jahr 2023 gesprochen haben. Von anderen im Bundestag vertretenen Parteien von SPD bis FDP waren derlei Pläne strikt abgelehnt worden. Der CO2-Preis steht in unmittelbarem Zusammenhang etwa mit dem Preis für Benzin und Diesel. Je höher die CO2-Kosten, desto teurer das Heizen oder der Besuch an der Tankstelle.
Greenpeace kontert Herbert Diess
Außerdem äußert sich Diess in seinem Katalog auch zum Thema Wasserstoff. Wörtlich heißt es: „Grüner Wasserstoff ist kostbar und energieintensiv. Wird dringend gebraucht für grünen Stahl und Dekarbonisierung von Industrien wie Chemie und Zement.“ Auffällig ist, was Diess nicht erwähnt: Wasserstoff als Antriebstechnologie. Immer hatte sich der 62-Jährige in den vergangenen Wochen gegen Brennstoffzellen im Automobil-Bereich ausgesprochen: „Wir haben uns ganz klar für Elektromobilität entschieden, weil es effizienter ist. Das ist die Faktenlage.“
Zu den ersten Reaktionen auf Diess‘ Liste gehört eine Antwort von Greenpeace. Die Umwelt-Aktivisten werfen dem VW-Boss vor, eine wichtige Maßnahme im Kampf gegen den menschengemachten Klimawandel übersehen zu haben: „Sie haben da was vergessen. 0. Keine neuen Diesel und Benziner ab 2025.“ Diese Forderung geht dann wohl selbst Herbert Diess zu weit.
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