Elektroautos löschen: Container, Rescue-Bag, Akku-Löschsystem

Elektroautos brennen nicht häufiger als andere Fahrzeuge. Aber wenn sie Feuer gefangen haben, sind sie schwerer zu löschen. Wir erklären die Gründe und zeigen neue Lösungen.

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Constantin Bergander
Zu sehen ist ein Feuerwehrmann vor einem Elektroauto
Wenn ein Elektroauto brennt, muss sich die Feuerwehr darauf einstellen. Bisher benötigte sie dafür viel Wasser. Mittlerweile gibt es aber andere Lösungen [Quelle: Rosenbauer]

In Deutschland brennen pro Jahr ungefähr 15.000 Autos. Schuld daran sind meist technische Defekte, selten ein Unfall. Dabei ist es egal, wie das Auto angetrieben ist: Benziner, Diesel, Fahrzeuge mit Autogas- oder Erdgasantrieb und Elektroautos haben allesamt brennbare Materialien als Treibstoff an Bord. Bei den einen sind es fossile Brennstoffe, bei den anderen die Akkuzellen.

Dennoch gelten Elektroautos in der öffentlichen Wahrnehmung wegen ihrer Batterien als gefährlicher. Weil Samsung einst ein Smartphone zurückrief, als sich mehrere Akkus entzündeten. Weil Sony zehn Millionen Laptop-Akkus wegen Brandgefahr zurückkaufte. Und weil Boeing den Betrieb des Dreamliners pausieren musste, nachdem eine Batterie Feuer fing. Als das erste Tesla Model S nach einem Unfall brannte, knickte sogar der Aktienkurs des Herstellers um zwölf Prozent ein.

Das liegt an der Mechanik des Brandes. Ein Akkufeuer ist stets heikel. Es handelt sich dabei nicht um einen berechenbaren Brand, der sich mit Routine und Erfahrung einfach löschen lässt. Im Gegenteil: Es kann wegen der Hitze zu einer Kettenreaktion von Kurzschlüssen kommen. Hat die Feuerwehr die Flammen besiegt, können sie sich zum Teil Stunden später an anderer Stelle wieder entzünden. Profis nennen dieses Phänomen einen „Thermal Runaway“ (deutsch: Thermisches Durchgehen). Elektroautos werden deshalb mit speziellen Techniken gelöscht.

Brennendes Elektroauto: Löschen mit viel Wasser

Ein Experte der Feuerwehr erklärt den Sachverhalt auf Nachfrage von mobility.talk: „Wir bekommen das Feuer aus, aber es ist aufwendiger.“ Um den Thermal Runaway zu verhindern, muss der Akku stetig gekühlt werden. Das gelingt nur mit viel Wasser. Tesla gibt an, es benötige 11.000 Liter Wasser, ein brennendes Model S zu löschen. Für einen klassisch angetriebenen Pkw genügt knapp ein Fünftel davon.

Angst vor einem Stromschlag muss die Feuerwehr dabei nicht haben. Sie benutzt spezielle Rohre. Die sondern einen Wasserstrahl ab, der aus vielen kleinen Tropfen besteht. Sie können die Elektrizität des Autos nicht zurück zu den Rettungskräften leiten. Eine besondere Schutzausrüstung sei deshalb nicht nötig. Giftige Dämpfe entstehen bei allen Fahrzeugbränden. Schaum, der die Flammen erstickt, eignet sich bei Elektroautos allerdings nicht.

All das stellt die Feuerwehr vor neue Herausforderungen. Einerseits ist nicht überall in Deutschland eine so große Menge Wasser verfügbar. Einsatzwagen haben nur etwa 2.000 Liter an Bord, an der Autobahn stehen keine Hydranten. Andererseits kostet es viel Zeit, einen Akku dauerhaft mit Wasser zu kühlen. Eine Zwischenlösung: Gelöschte Elektroautos werden in großen, mit Wasser gefüllten Containern zwischengelagert. Das funktioniert immerhin mit Pkws, allerdings nicht mit Lkws oder gar Bussen.

Ein verbranntes Elektroauto
Brandherd Akku: Ist das Feuer gelöscht, kann in der Traktionsbatterie wegen einer Kettenreaktion erneut ein Feuer ausbrechen. Um das zu verhindern, muss das Bauteil mit viel Wasser gekühlt werden [Quelle: picture alliance/dpa Christoph Soeder]

Akku-Löschsystem: Der „Nagel“ von Rosenbauer

Eine neue, weniger aufwändige Variante kommt vom Hersteller Rosenbauer. Er hat gemeinsam mit der Werksfeuerwehr von Porsche Leipzig ein Gerät entwickelt, das in Feuerwehr-Fachkreisen als „Nagel“ bezeichnet wird. Das Löschsystem schlägt eine Art Lanze in den Akku und flutet ihn von innen mit Wasser. Der Vorteil: Es wird nicht das gesamte Auto mit Wasser besprüht, sondern der Brandherd gezielt getroffen.

Damit löscht das Gerät den Brand und kühlt gleichzeitig die umliegenden Zellen. Letzteres verhindert den Thermal Runaway. Hierbei genügt jene Wassermenge, die Löschfahrzeuge üblicherweise mit sich führen. Feuerwehren müssen also nicht zusätzliches Wasser aus umliegenden Seen pumpen, wenn ein Elektroauto weit entfernt von einem Hydranten brennt.

Das Löschsystem lässt sich noch während des Abtransportes des Brandwracks betreiben. In dieser Zeit besteht also keine Gefahr durch neue Entzündungen. Zudem lässt es sich laut Hersteller einfach in bestehenden Einsatzfahrzeugen nachrüsten. Damit eignet es sich für kleine Feuerwehren, die keinen Platz oder keine Mittel für einen Löschcontainer haben.

Das Akku-Löschsystem von Rosenbauer schlägt eine Art Lanze in den Akku und flutet ihn mit Wasser. Auf diese Weise lässt er sich dauerhaft mit verhältnismäßig wenig Wasser kühlen [Quelle: Rosenbauer]

Sicherheitsverwahrung in einer Schutzdecke: „Liba Rescue“

Ein weiteres Mittel gegen sich (erneut) entzündende Elektroauto-Akkus stammt vom Hersteller Gelkoh. Er hat eine Art Stoffgarage entwickelt, in die brandgefährdete Fahrzeuge verpackt werden können. Die „Liba Rescue“ umhüllt das Fahrzeug und beinhaltet spezielle Stoffe. Wenn sie stark erhitzt werden, zum Beispiel durch ein aufflammendes Feuer, sondern sie Gase ab, die den Brand ersticken.

Der Hersteller verspricht, dass zwei Personen ein Auto innerhalb von wenigen Minuten verpacken können. Dafür müssen sie es auf eine Bodenfläche schieben und die obere Hälfte mit Klett- und Reißverschlüssen befestigen. Positiver Nebeneffekt: Liba Rescue hinterlässt keine Schäden am Auto. Kommt es also nicht zum Brand, ist das Fahrzeug noch zu gebrauchen – anders als nach einem präventiven Bad im Löschcontainer.

Im schlimmsten Fall halte Liba Rescue Explosionen aus. Filtermaterial hält eventuell austretende Flusssäure von der Umwelt fern und fängt giftige Dämpfe auf. Eine Keramikschicht im Bodenteil schützt die Umwelt vor austretenden Kraftstoffen. Die Löschgarage ist in mehreren Größen verfügbar und lässt sich wiederverwenden.

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Von Elektroautos geht keine größere Brandgefahr aus

Elektroautos gehören seit fast zehn Jahren in Deutschland zum Straßenbild. Sie sind nicht generell gefährlicher als Verbrenner. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) sagt auf Anfrage von mobility.talk: „Von Elektroautos geht unserer Einschätzung nach grundsätzlich keine höhere Brandgefahr aus als von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren.“

Man muss sich also mit einem Elektroauto nicht einschränken. Elektroautos dürfen überall parken, fahren und laden. In der Risikoeinschätzung Lithium-Ionen Speichermedien schreibt der Deutsche Feuerwehrverband: „Zertifizierte Ladeeinrichtungen auf Einstellplätzen in Garagen können aus heutiger Sicht auch in Tiefgaragen als notwendige Bestandteile des Betriebs und Abstellen von Fahrzeugen akzeptiert werden.“

Das musst Du tun, wenn Dein E-Auto brennt

Brennt ein Elektroauto, unterscheidet sich das empfohlene Prozedere kaum von dem, was beim Brand eines Autos mit Verbrennungsmotor zu tun ist:

  • Anhalten, die Handbremse anziehen, Warnblinkanlage anschalten
  • So schnell wie möglich das Auto verlassen
  • Die 112 wählen und den Brand melden. Dabei darauf hinweisen, dass ein Elektroauto brennt
  • In sicherer Entfernung bleiben. Viele Bauteile in Autos, zum Beispiel Airbags, Reifen und Stoßdämpfer, können gefährlich sein
  • Erst wieder an das Auto treten, wenn die Feuerwehr es erlaubt
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Fazit:

Die Gefahr eines Elektroauto-Brandes liegt nicht in der Brandursache, sondern im Verlauf. Darauf müssen sich Feuerwehren einstellen. Zunächst geschah das mit viel Wasser und dem Einsatz von Wärmekameras, um neue Brandherde zu identifizieren. Mittlerweile existieren Lösungen, die den Löschvorgang vereinfachen. Damit könnte sich eine wichtige Lücke zwischen Elektroautos und Verbrennern schließen.

Constantin | @MobilityTalk

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