5000 Wasserstoff-LKW – Wird die Logistik jetzt endlich grün?

Zwei deutsche Firmen vereinbaren den größten Deal in der Geschichte der CO2-neutralen Schwerlast-Mobilität: 5000 Wasserstoff-LKW sollen helfen, die Logistik endlich grüner zu machen. Doch das kann nur der Anfang sein.

Simon Pausch
Simon Pausch
LKWs an einer H2-Tankstelle
Das Hamburger Unternehmen Clean Logistics fördert emissionsfreie Warenwirtschaft [Bildquelle: Clean Logistics]

Dieser Deal ist jetzt schon historisch: Bis 2026 wird das Hamburger Unternehmen Clean Logistics 5000 LKW mit Wasserstoff-Antrieb an GP Joule liefern. Der Konzern aus Nordfriesland ist spezialisiert auf die Produktion von grünem Wasserstoff, betreibt entsprechende Tankstellen und wird nun nach eigenen Angaben zum Komplettanbieter emissionsfreier Logistik. Die Trucks werden nach Konzernangaben an Kunden aus Transport und Logistik weitervermittelt. Der Deal hat nicht nur ein Volumen von mehreren Milliarden Euro. Es ist auch das mit Abstand größte Geschäft, das weltweit in diesem Segment geschlossen wurde. „Ein Meilenstein für die Dekarbonisierung des Schwerlastverkehrs“, jubelt der CEO von Clean Logistics, Dirk Graszt. Von der „Verkehrswende im Güterverkehr“ spricht das Kooperationsunternehmen.

Tatsächlich geht von diesem Rahmenvertrag eine Signalwirkung für die gesamte Verkehrsbranche aus. Er wird nicht nur die Zahl der emissionsfreien LKW auf Deutschlands Straßen signifikant erhöhen. Er wird auch für eine Veränderung der Infrastruktur sorgen. Die 5000 LKW, die mit Brennstoffzellen, Batterie- und Wasserstofftanksystemen ausgerüstet sein werden, müssen den Wasserstoff schließlich irgendwo nachladen. Aktuell gibt es rund 100 H2-Tankstellen in Deutschland – demnächst dürften es ein paar mehr werden. „Diese Flotte wird wegweisend für die grüne Logistik von morgen sein“, sagt GP Joule-Chef Ove Petersen: „Pro Jahr wird sie mehr als 325.000 Tonnen CO2 einsparen.“ Das ist auch dringend nötig.

Logistik-Branche stößt immer mehr CO2 aus

Die Logistik-Branche gehört zu den größten CO2-Emittenten im Verkehrsbereich. Obwohl auf ein Nutzfahrzeug 15 PKW kommen, sorgen die rund 2,5 Millionen Transporter und LKW auf deutschen Straßen für rund 10 Prozent der CO2-Emissionen im Verkehr. Tendenz in den vergangenen Jahren angesichts der Zunahme von Lieferdiensten und Online-Versand: stark steigend. Damit die Verkehrsbranche ihre Umweltziele erreicht (bis 2045 schrittweise CO2-neutral), muss sich die Logistik ändern.

Dazu gehört einerseits eine Verlagerung des Gütertransports auf die Schiene. Dafür sollen nicht nur das Netz ausgebaut und die Zugflotte erweitert werden. Es geht auch um technologische Innovation. Mit dem FLIRT-Triebwagen sind in Regionen wie Schleswig-Holstein, Sachsen und Baden-Württemberg bereits die ersten elektrisch betriebenen Lokomotiven im Einsatz. Alstom testet aktuell Züge mit Wasserstoff-Antrieb, die perspektivisch Dieselloks ablösen sollen. Dennoch ist klar: Auch in Zukunft werden LKW und Transporter Pakete und Güter transportieren müssen.

Mercedes entwickelt E- und H2-LKW

Im Falle der 40-Tonner von Clean Logistics kommen dabei Fahrzeuge mit der eigens entwickelten Achse mit Radnabenelektromotoren und dem speziellen Steuerungssystem „HyBoss“ zum Einsatz. Die Hamburger hatten unlängst den niederländischen LKW-Hersteller GINAF übernommen und sieht sich daher „hervorragend positioniert“, um die Produktion der Fahrzeuge hochzufahren. Der nun abgeschlossene Rahmenvertrag sieht jährliche Liefervolumina vor, die ersten Vorserien-Fahrzeuge sollen Ende 2023 fertiggestellt werden. GP Joule steigt damit zum größten Anbieter einer geschlossenen H2-Mobilitätslösung auf. 

 

Sieht so die Zukunft des Schwerlast-Verkehrs aus? Clean Logistics liefert 5000 Wasserstoff-40-Tonner an GP Joule [Quelle: GP Joule]

Parallel arbeitet der Konzern am Ausbau der Produktion von grünem Wasserstoff – nur dann fahren Brennstoffzellen-Fahrzeuge wirklich CO2-neutral. In Deutschland wird die Energie, die für die Wasserstoff-Elektrolyse genutzt wird, häufig aus fossilen Trägern gewonnen. Grün ist Wasserstoff erst, wenn für die Elektrolyse ausschließlich Energie aus regenerativen Quellen genutzt wird.

Der Coup der beiden norddeutschen Unternehmen weist auch in den Weg in eine Zukunft, in der verschiedene Antriebstechnologien zum Einsatz kommen. Während die Hersteller von PKW weiterhin vornehmlich auf vollelektrische Fahrzeuge setzen, geht die Logistikbranche einen anderen Weg. Schon im Rahmen der Präsentation seines Brennstoffzellen-LKW „GenH2“ betonte Mercedes, dass es bei Trucks kein „Entweder Oder“ gäbe. Der Daimler-LKW eActros verfügt je nach Beladung über eine Reichweite von 300 bis 400 Kilometern. Sein Wasserstoff-Pendant soll bis zu 1000 Kilometer schaffen. In diesen Regionen dürften sich auf die Lastwagen von Clean Logistics bewegen.

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