Grüner Wasserstoff muss noch viele Jahre importiert werden
Eine Studie zeigt, dass Deutschland noch viele Jahre brauchen wird, um ausreichend grünen Wasserstoff herstellen zu können. Fehlende politische Rahmenbedingungen sind nur ein Problem.
Welche Rolle spielt Wasserstoff langfristig als Antriebstechnologie? Autobosse wie Elon Musk oder Herbert Diess geben darauf eine klare Antwort. Sie verweisen bei jeder Gelegenheit darauf, wie ineffektiv die Nutzung von Wasserstoff im Vergleich zu einem elektrischen Antrieb sei. „Das ist Zeitverschwendung“, sagte Tesla-Chef Musk bei einem seiner letzten Besuche in Grünheide. Ihm und Diess geht es allerdings auch darum, möglichst viele ihrer Elektroautos zu verkaufen. Wissenschaftler verweisen hingegen immer wieder darauf, dass Wasserstoff prinzipiell die sauberere Antriebstechnologie ist – sofern es sich um sogenannten grünen Wasserstoff handelt. Und genau das ist der entscheidende Punkt.
Eine Studie von Experten unter dem Dach des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung hat ergeben, dass grüner Wasserstoff zwar ein großer Hoffnungsträger im Kampf gegen den Klimawandel ist. Doch sie empfehlen, Wasserstoff bis auf Weiteres vornehmlich dort einzusetzen, wo eine direkte Elektrifizierung mit grünem Strom nicht möglich ist. Das betrifft zum Beispiel die Industrie, Fernflüge oder den Schiffs- und Bahnverkehr. In Hessen etwa fährt künftig die größte Wasserstoff-Zugflotte der Welt. Hintergrund der Empfehlung: Grüner Wasserstoff wird noch viele Jahre lang nicht in ausreichenden Mengen zur Verfügung stehen. Das geht aus einem Papier für das vom Bund geförderte Kopernikus-Projekt Ariadne hervor.
Viele Produktionsanlagen für Wasserstoff geplant
Um bis 2030 auch nur ein Prozent der Endenergienachfrage in der EU mit heimischem grünem Wasserstoff zu decken, müsse dessen Produktion um rund 70 Prozent pro Jahr von 2023 bis 2030 steigen. Das haben die Berechnungen von Falko Ueckerdt vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung ergeben. Sie müsse ähnlich schnell wachsen wie Solarenergie und doppelt so schnell wie Windenergie. Jeweils in ihren besten Zeiten, wohlgemerkt.
Wasserstoff, der ausschließlich mit erneuerbarer Energie gewonnen wird, kann als Basis für Kraft- und Brennstoffe dienen. Die könnten in Industrie und Verkehr dann die Nutzung von Kohle, Öl und Erdgas ablösen. Die Bundesregierung will deswegen den Ausbau erneuerbarer Energien aus Wind und Sonne in Deutschland vorantreiben. Sie geht allerdings davon aus, dass sie einen großen Teil der benötigten Wasserstoff-Menge auf absehbare Zeit wird importieren müssen.
Ein Knackpunkt sind aber nicht nur die noch zu knappe Solar- und Windenergie. Auch die Produktionsanlagen für Wasserstoff sind rar. Wasserstoff entsteht zum Beispiel durch Elektrolyse von Wasser, das in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten wird. Es seien zwar deutlich mehr Produktionsanlagen vorgesehen, sagte Ueckerdt. Allerdings gebe es für 80 Prozent der für 2023 angekündigten Projekte noch keine finale Investitionsentscheidung. „Wir sehen eine Industrie, die im Grunde investieren will. Aber sie braucht noch die politischen Rahmenbedingungen, um dann wirklich zu investieren.“
Experten empfehlen Import von grünem Wasserstoff
Große Unsicherheit herrscht laut Ueckerdt bei der Frage nach dem Ausbau der nötigen Infrastruktur: Es könne schneller gehen als zum Beispiel bei Solarenergie. Dafür sprechen der große politische Wille und die Investitionsbereitschaft großer Konzerne. Aber es könnte auch langsamer gehen: „Wasserstoff ist ein neuer Energieträger. Wir versuchen etwas, was nie da gewesen ist. Wir wollen gleichzeitig eine Nachfrage, eine Infrastruktur und ein Angebot hochfahren. Das braucht insbesondere bei der Infrastruktur Koordination, die dann auch zur internationalen Koordination wird.“ Ausdrücklich wird in dem Papier empfohlen, den Import von grünem Wasserstoff mit Nachdruck voranzutreiben.
Positiv äußern sich die Wissenschaftler zu Wasserstoff, der bereits heute in größeren Mengen aus Erdgas gewonnen werden kann: „Eine blaue Wasserstoffbrücke“ könnte das Angebot klimafreundlichen Wasserstoffs erhöhen und eine frühere Transformation hin zu Wasserstoff ermöglichen.“
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