Der Kabinenroller ist wieder da: Start des Microlino

Das ist kein Auto! Der Microlino 2.0 ist ein winziger, knuffiger Zweisitzer für die Stadt, wie die BMW Isetta in den Wirtschaftswunderjahren. Jetzt ist er in Deutschland verfügbar.

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Constantin Bergander
Silberner Microlino auf der Straße
Die ersten Microlino wurden ab September in der Schweiz ausgeliefert, jetzt starten die Bestellungen auch in Deutschland. [Bildquelle: Micro Mobility Systems]

Dieses Beinahe-Auto tritt ein großes Erbe an. Bildlich gesprochen, denn es geht faktisch um einen Winzling. Der Microlino 2.0 führt den Gedanken der BMW Isetta fort. Für alle, die sich nicht an diese Fahrzeuge des Wirtschaftswunders erinnern können: Zwischen 1955 und 1962 erfüllte die Isetta alle Bedürfnisse an die Minimalmobilität. Mit zwei Sitzplätzen, hoher Praktikabilität und ökonomischer Weitsicht holte das „Motorcoupé“ den bayerischen Hersteller aus seinem Schuldenloch – und wurde selbst zum Kultmobil.

60 Jahre nach dem Auslaufen des kleinsten BMW startet die Produktion der inoffiziellen Isetta-Neuauflage. Der Microlino 2.0 macht kein Geheimnis daraus, von wem die Inspiration stammt. Wie sein Vorbild ist er ein winziger, kugelförmiger Zweisitzer mit einem kleinen Motor, einer schmalen Spur an der Hinterachse und einer nach vorne aufschwingenden Tür an der Fahrzeugfront. Beide sortieren sich irgendwo zwischen Auto und Motorrad ein. Wichtiger Unterschied: Der Microlino fährt rein elektrisch.

Microlino kommt mit Verspätung

Eigentlich sollte die moderne Knutschkugel längst auf dem Markt sein. Der erste Prototyp debütierte im Jahr 2016 auf dem Genfer Automobilsalon. Zwei Jahre später meldete der Hersteller Micro Mobility Systems, der Microlino habe das Prototypenstadium verlassen. Der Erfinder des modernen Kickboards, der sich zum Autobauer entwickeln will, stelle bereits Vorserienmodelle her, die mit den Maschinen des späteren Serienautos gefertigt würden. Noch im gleichen Jahr sollte das Fahrzeug in Serie gehen. Doch daraus wurde nichts. Es gab Unstimmigkeiten mit dem produzierenden Partner Artega und seinem Vorhaben, ein recht ähnliches Auto zu bauen – den Karolino.

Sechs Jahre und einen Rechtsstreit später startete ein neuer Versuch. In der Version 2.0 ist der Microlino eine Idee größer, etwas schwächer und reichweitenstärker als ursprünglich geplant, außerdem optisch moderner. Viel wichtiger: Dieses Mal klappt es. Die Auslieferungen in der Schweiz starteten im Spätsommer 2022, rund 300 Microlino sollen dort auf den Straßen unterwegs sein. In Deutschland ist der Microlino jetzt endlich bestellbar.

Stromzähler

Reichweite
0 km
Ladezeit bei 2,6 kW
0 h
Akkugröße
0 kWh

Kleiner als ein Smart: Microlino 2.0

Der Microlino 2.0 überragt sein altes Ich um eine Faustbreite. Trotzdem gehört er potenziell zu den kleinsten Autos in Deutschland: Mit einer Länge von 2,52 Metern ist er 18 Zentimeter kürzer als ein aktueller Smart Fortwo. Obwohl es eigentlich verboten ist, dulden es viele Gemeinden, wenn Fahrzeuge dieses Formats quer zur Lücke parken. Mit einer Breite von 1,47 Metern und der Tür in der Fahrzeugfront passen theoretisch drei Microlino auf einen normalen Parkplatz.

Der Elektromotor des Microlino leistet 12,5 kW (17 PS). Damit flitzt der rund 500 Kilogramm schwere Winzling in fünf Sekunden auf Tempo 50 und fährt maximal 90 km/h schnell. Anders als Mopedautos der Klasse L6e, wie der Opel Rocks-e, darf er mit dieser Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen und Kraftstraßen fahren. Micro will drei Batteriepakete anbieten. Sie speichern 6, 10,5 oder 14 kWh – genug Strom für 91, 177 oder 230 Kilometer Reichweite. Im Winter sollen davon 76, 140 oder 184 Kilometer übrigbleiben. Zum Marktstart in Deutschland gibt es den Microlino zunächst nur in der mittleren Größe.

Die Lenksäule des Microlino schwingt nicht mit der Tür nach oben wie einst bei der Isetta. [Bildquelle: Micro]

Platz für 230 Liter Gepäck im Microlino

Diese Akkukapazitäten überbieten viele Plug-in-Hybride locker. Micro spart sich daher einen Schnellladeanschluss. Der Microlino soll ohnehin keine langen Strecken fahren, sondern in Städten und Umland überwiegend auf der Pendelstrecke zum Einsatz kommen. Das übliche Fahrprofil bringt längere Standzeiten mit sich. Der kleine Akku lädt mit 1,35 kW, die größeren Akkus mit 2,6 kW Leistung. Die Ladezeit an der Haushaltssteckdose beträgt, je nach Version, drei bis vier Stunden.

Anders als beim Original aus den 1950er Jahren bleibt im Microlino Platz für Gepäck. 230 Liter Kofferraumvolumen sind genug für drei Getränkekisten. Ebenfalls anders gelöst: Die Lenksäule des Winzlings schwingt nicht mit der Tür nach vorn, um den Einstieg zu erleichtern. Sie bleibt an ihrem Platz. Auf diese Weise vereinfachte der Hersteller die Konstruktion und verringert nach eigenen Angaben die Lenkkräfte. Insgesamt bleibt der Innenraum minimalistisch: Ein Touch-Display steuert die Klima-Funktionen, ein Bluetooth-Lautsprecher spielt Handy-Musik. Viel mehr gibt es nicht in dem Kabinenroller.

So teuer wie ein Kleinwagen

Zum Start in Deutschland kostet der Microlino mindestens 22.690 Euro. Dafür gibt es die „Pioneer Series“ mit mittlerem Akku (177 km Reichweite), Schiebedach, Innenraumbezügen aus veganem Leder und Alcantara, Bluetooth-Lautsprecher, das Stauraum-Paket sowie spezielle Farben. Außerdem legt Micro noch einen Kickscooter in den Kofferraum. Die Auflage ist auf 999 Exemplare limitiert, insgesamt sollen im laufenden Jahr 1500 Microlino entstehen.

Ursprünglich war mal von einem Einstiegspreis von 12.000 Euro die Rede, später von etwa 15.000 Euro. Allerdings für die Variante mit dem kleinen Akku. Die soll ab 17.700 Euro zu haben sein, wenn sie verfügbar wird. In jedem Fall ist das viel Geld für einen Kleinstwagen ohne Pkw-Zulassung. Ein Opel Rocks-e ist beispielsweise schon ab 8.000 Euro zu haben. Allerdings fährt der maximal 45 km/h schnell und bis zu 75 Kilometer weit.

Einen Rabatt in Form der Elektroautoförderung gibt es für beide nicht. Der Microlino gehört zur Fahrzeugklasse L7e und qualifiziert sich deshalb nicht dafür. Ein Schnäppchen ist er also keineswegs. Aber inflationsbereinigt ist er nicht teurer als eine Isetta. Denn die kostete mindestens 2.550 Mark – damals im Durchschnitt etwa ein halbes Jahresgehalt. Das Statistische Bundesamt meldet für 2021 ein Brutto-Durchschnittsgehalt von 49.200 Euro.

Technische Daten – Microlino 2.0
Modell Microlino Pioneer Series
Motor/Antrieb Elektromotor/ Hinterachse
Leistung 12,5 kW (17 PS)
Drehmoment 89 Nm
Geschwindigkeit 90 km/h
0-50 km/h 5,0 s
Länge 2,52 m
Breite 1,47 m
Höhe 1,50 m
Gewicht 513 kg
Reichweite 177 km
Ladeleistung bis 2,6 kW (AC)

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