Mit selbstlernender KI zum autonomen Fahren

Schneller, günstiger, flexibler: Ein neuer Ansatz für KI-basiertes Lernen soll die Technik autonomer Fahrzeuge deutlich voranbringen.  Der Hersteller wähnt sich kurz vor dem Durchbruch.

Dennis Merla
Dennis Merla
Das Cockpit eines Autos ist zu sehen
Fahrzeuge zu vollständig autonomen Fahrfunktionen zu "erziehen" ist aufwändig und teuer. Ein neuer Ansatz aus Israel könnte einige Probleme lösen [Quelle: Adobe Stock]

Teilerfolge beim autonomen Fahren gibt es immer wieder. Die Google-Tochter Waymo etwa transportiert in einigen amerikanischen Städten ihre Fahrgäste bereits fahrerlos. Voraussetzung ist stest, dass sich das Fahrzeug in einem geografisch eng abgesteckten Bereich bewegt. Damit ein Fahrzeug autonom fahren kann, sind lange Trainings-Prozesse der Computerprogramme notwendig. Ein universelles System gibt es noch nicht. Das israelische Unternehmen Autobrains vermeldet nun Erfolge bei einem Ansatz, der schon länger, auch von Facebook, erforscht wird. Laut dem Unternehmen aus Tel-Aviv stecken mehr als 200 Patente und 10 Jahre Forschung in der Technik.

Weniger Daten bedeuten weniger Kosten

Kein autonom fahrendes Fahrzeug kommt ohne Künstliche Intelligenz aus. Was das „Trainieren“ der künstlichen Intelligenz von autonomen Fahrzeugen bisher aufwändig und teuer macht, ist das sogenannte „Deep Learning“. Dabei werden der KI beispielsweise milliardenfach Bilder von verschiedenen Verkehrsszenarien wie einem Stopp-Schild oder spielenden Kindern gezeigt, bis der Computer sie zu 99,9999 Prozent richtig erkennt.

In Grenzfällen, etwa einem verschneiten Stopp-Schild, hilft der Mensch dem System. Er setzt einen „Marker“ auf das Bild, der dem Computerprogramm klar macht: „Dieses Stopp-Schild ist zwar verschneit, aber trotzdem ein Stopp-Schild.“ Dieses millionenfache Marker-Setzen bei unzähligen Bildern lagern die Unternehmen häufig in Niedriglohnländer aus. Dennoch bleiben ein hoher Zeit- und Kostenaufwand.

Der Ansatz von Autobrains verzichtet in Teilen auf dieses Training. Stattdessen lernt das Programm selbst, es handelt sich um eine sogenannte „unsupervised AI“ (nicht angeleitete KI). Im Unterschied zu herkömmlichen Ansätzen, erkennt das KI-Programm eigenständig Muster, Strukturen und Zusammenhänge. Dabei arbeitet die Software ähnlich wie das menschliche Gehirn. Es benötigt nur einen kleinen Teil der Objekt-Informationen und zieht aus vorher festgelegten Kriterien Rückschlüsse, worum es sich bei dem Objekt handelt. Es entwickelt also von selbst verlässliche Kriterien zur Objekterkennung und verbessert laufend seine Algorithmen. Der Fachbegriff dafür lautet „Objektsegmentierung“. Sie zählte bisher zu den größten noch zu lösenden Problemen für selbstlernende Kamerasysteme.

Die Vorteile der Objektsegmentierung liegen auf der Hand. Das System arbeitet agiler. Die Datenmengen sowie die für die Verarbeitung notwendige Rechenleistung sind deutlich geringer. Das spart viel Geld. Laut Continental kommt diese „Lern-Methode“ mit nur rund einem Zehntel der üblicherweise erforderlichen Datenmenge und Rechenleistung aus.

Autobrains wähnt sich nah am Ziel

 „Unsere selbstlernende KI-Technologie wird die vollständige Autonomie näher an die Gegenwart bringen“, sagte Autobrains-CEO Igal Raichelgauz. „Viele haben wahrscheinlich das Gefühl, dass vollständig autonome Fahrzeuge noch fünf Jahre entfernt sind. Das gilt aber nicht für Autobrains“, gibt sich Raichelgauz selbstsicher. Continental gibt an, das System bereits umfangreich getestet zu haben und bestätigt weitgehend dessen Vorteile in der Praxis. Das Interesse an der Technologie scheint bereits groß zu sein: Anfang November stiegen der Bremssysteme-Hersteller Knorr-Bremse und der vietnamesische Autobauer Vinfast in das Unternehmen mit ein. In einer Serie-C-Finanzierungsrunde brachte das Autobrains nach eigenen Angaben 101 Millionen Dollar ein. Zu den Bestandsinvestoren gehören neben Continental und BMW auch der Ex-Opel-Chef Karl-Thomas Neumann.

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