Reisen mit der Bahn: Europa auf Schienen

Reisen mit der Bahn ist umweltfreundlich, aber kompliziert. Wie Du die besten Routen findest und an die günstigsten Tickets kommst, steht hier.

Heiko Dilk
Heiko Dilk
Blick aus einem Zug auf Gleise gegen die Sonne
Wer längere Reisen mit der Bahn unternehmen will, muss ein wenig Arbeit in die Planung investieren. Einige Internetseiten helfen dabei. [Bildquelle: Adobe Stock]

Die Klimadiskussion bringt der Bahn Auftrieb. Denn im Vergleich zu Flugzeug oder Pkw schont eine Bahnreise Klima und Umwelt. Auf einer Fernreise mit der Bahn werden deutlich weniger Treibhausgase pro Person und Kilometer ausgestoßen, und: Schädliches Kohlenmonoxid, Stickoxide und Feinstaubpartikel geraten deutlich weniger in die Atemluft.

Wer jedoch plant, mit der Bahn in den Urlaub zu fahren, steht zunächst vor handfesten Herausforderungen. Anders als im Flugverkehr lassen sich Verbindungen über Landesgrenzen hinweg nicht so einfach bei einem Anbieter buchen. Für angrenzende Länder und größere Städte funktioniert das meist noch. Amsterdam, Brüssel, Kopenhagen, Paris, Prag oder Wien lassen sich mit Sparpreis direkt bei der Deutschen Bahn buchen. Auch nach Norditalien, in Städte wie Bologna oder Mailand, findet man relativ leicht Verbindungen.

Mit der Bahn durch Europa: Ein Puzzlespiel

Abseits der wichtigen Hotspots wird es jedoch schwerer. Oder zumindest teuer. Denn Sparpreise ausländischer Bahngesellschaften findet man meist nur auf deren Buchungsseiten. Verbindungen, die durch mehrere Länder führen, werden zum Teil gar nicht ausgewiesen. Peter Freisberg beschäftigt sich seit 30 Jahren mit dem Thema und selbst er sagt: „Es ist in der Tat kompliziert“. Freisberg hat rail.cc gegründet. Das Online-Portal wirft zu beliebigen Zielen in Europa passende Routen aus, liefert eine kurze Beschreibung dazu und stellt Links zu Buchungsportalen bereit. Buchen Nutzer*innen dort, kassiert rail.cc Provision. Freisberg sagt: „Mit der Bahn reisen ist nicht wie Fliegen, man kann sich das wie ein Puzzle vorstellen.“ Wobei die einzelnen Etappen die Puzzleteile sind.

Aus diesen Puzzleteilen setzt auch rail.cc die Route zusammen. Die einzelnen Etappen werden manuell eingepflegt, wie Freisberg erklärt. „Zum Glück ist der Bahnverkehr relativ statisch“, sagt er. „An den wichtigsten Verbindungen ändert sich über die Jahre nur wenig.“ Logisch, der Bahnverkehr läuft auf der Schiene, neue Verbindungen lassen sich nicht einfach in den Fahrplan aufnehmen. Auf rail.cc erhält man insofern zwar eine Hilfestellung, planen und buchen muss man jedoch noch weitgehend selbst.

Ein ICE steht vor einem Thalys-Zug im Bahnhof
Schnellzüge wie der ICE oder der Thalys lassen sich auch bei länderübergreifendem Verkehr ohne Probleme auf den Buchungsportalen der Bahngesellschaften buchen. Sie verbinden jedoch nur große Städte. [Bildquelle: Adobe Stock/Tobias Arhelger]

Buchen bei der Deutschen Bahn

Für deutsche Bahnreisende ist bahn.de meist die erste Anlaufstelle im Netz. Verbindungen in alle wichtigen Metropolen Europas und die größeren Städte der Anrainer lassen sich hier abfragen. Per Weiterleitung auf international-bahn.de ist oft eine direkte Buchung möglich. Aktuell lassen sich Tickets der Österreichischen und der Schweizerischen Bahngesellschaften buchen. Die französischen Anbieter SNCF und Thalys sind im System, der Eurostar ebenfalls, genau wie Trenitalia aus Italien.

Sparpreise gibt es allerdings bei manchen Reisezielen nur für Abschnitte, die man mit der Deutschen Bahn zurücklegt. Es kann sich also lohnen, die Reise in Teilstrecken aufzuteilen und die Etappe im Ausland bei der jeweiligen ausländischen Bahngesellschaft zu buchen. Unter Umständen lässt sich so viel Geld sparen.

Wollen Reisende Ziele ansteuern, die nicht im Nachbarland liegen, führt an der Einzelbuchung oft kein Weg vorbei. Zwar werden für die beliebtesten Reiseländer wie Spanien oder Italien viele Verbindungen angezeigt. Preisangaben fehlen jedoch vielfach, Buchungsmöglichkeiten ohnehin. 

Buchen bei den nationalen Bahngesellschaften

Die Portale ausländischer Bahngesellschaften stellen ihr Angebot in der Regel mindestens auf Englisch zur Verfügung, oft sogar auf Deutsch. Nicht überall funktioniert die Buchung jedoch für alle Strecken. Laut Freisberg hat sich in den vergangenen Jahren jedoch viel getan. „Es wird besser mit den ausländischen Bahngesellschaften, auch im Osten.“ In Ausnahmefällen sei es allerdings nicht möglich, Tickets online zu buchen. Dann greift selbst Freisberg auf spezialisierte Agenturen zurück.

Wer bei verschiedenen Bahngesellschaften Einzeltickets bucht, kommt um gute Planung nicht herum. Schließlich wollen Anschlusszüge erreicht werden, also müssen Umsteigezeiten eingeplant werden. Auf besonders langen Strecken können Zwischenübernachtungen Sinn ergeben oder notwendig sein. Manche Teilstrecken lassen sich per Nachtzug bewältigen. Für gewöhnlich werden diese Optionen auf den Portalen direkt mit ausgewiesen – und treiben die Kosten. 

In jedem Fall gilt: Wer seine Route in Teilstrecken aufteilt und einzeln bucht, muss mit verschiedenen Portalen jonglieren. Verbindungen, die nur selten bedient werden, können Umplanungen erforderlich machen. In manchen Städten sind Transfers zwischen verschiedenen Bahnhöfen notwendig. Der Vorteil: Flexibilität. Umwege abseits der Standardstrecken lassen sich einplanen, reizvollere Routen statt der großen Trassen wählen. So kann die Anreise zum ersten Teil des Urlaubs werden. 

Buchungsportale der wichtigsten europäischen Bahngesellschaften:

Ein TGV neben einem Fluss von oben
Die günstigsten Tickets für Bahnreisen im Ausland findet man auf den Buchungsportalen der Bahngesellschaften selbst. Hier werden alle Sparpreise ausgewiesen und man kann Verbindungen nach Abfahrtzeit oder nach Preis planen. [Bildquelle: Adobe Stock]

Buchen bei privaten Buchungsportalen

Wer das Puzzlespiel mit den Buchungsportalen der Bahngesellschaften scheut, findet Alternativen im Netz. Einige private Portale bieten die Möglichkeit, grenzüberschreitende Tickets aus einer Hand zu buchen. Auch hier geht längst nicht alles. Immer wieder stoßen die Portale an die Grenzen der Buchungssysteme. Denn die Anbieter sind auf den Zugang zu den nationalen Buchungssystemen angewiesen. Nur wenn die Bahngesellschaft diesen bereitstellt, funktioniert die Buchung komplexer Routen. Freisberg sagt zudem: „Oft bieten die internationalen Buchungsportale nicht die günstigsten Preise.“

Dafür lassen sich viele Destinationen über Anbieter wie trainline, Omio, NS International, Bahnreiseladen oder ACPRail bequemer buchen als per Einzelabfrage bei den nationalen Bahngesellschaften. Zum Teil sind Busrouten, Fährverbindungen und Flüge als Alternativen im Angebot. Wenn eine solche Alternative angeboten wird, heißt jedoch nicht unbedingt, dass es keine Zugverbindung gibt. Es kann sein, dass die passende Bahngesellschaft nicht mit dem Buchungsportal zusammenarbeitet. Ein Blick auf die Partner kann Aufschluss geben. Die Anbieter geben üblicherweise an, mit wem sie zusammenarbeiten. Auch hier gilt: Lieber noch einen Blick ins Portal der Bahngesellschaft des Landes werfen, durch das die Reise führt.

Wie findet man die günstigsten Tickets für die Bahnreise?

Die großen Buchungsportale bieten oft nicht die günstigsten Preise. Spezialisierte Reisebüros und Agenturen für Bahnreisen ohnehin nicht, dafür aber oftmals Komplettangebote inklusive Hotelübernachtung. Bequemlichkeit und Service, die bezahlt werden wollen.

Wer nach den günstigsten Tickets sucht, kommt laut Freisberg nicht darum herum, die Strecke in Teilabschnitte aufzusplitten und Etappe für Etappe zu buchen. Nur dann kann man sicher sein, dass man wirklich die Sparpreise und Angebote der Bahngesellschaften findet. Es kann sich zudem lohnen, flexibel mit Umsteigezeiten umzugehen. Ein Anschlusszug, der einige Stunden später abfährt, kann deutlich günstiger sein. Eventuell kann man die Zeit für eine Stadtbesichtigung nutzen. Oder sogar für einen Kurzaufenthalt mit Übernachtung.

Der entscheidende Faktor für die Ticketpreise ist allerdings: Frühzeitig buchen. „Um die günstigen Sparpreise zu bekommen, sollte man mindestens zwei bis drei Monate im Voraus planen“, sagt Freisberg. Die Bahngesellschaften bieten jeweils nur bestimmte Kontingente zu günstigen Preisen an. Sind die vergriffen, wird es nach und nach teurer. Ohnehin sagt Freisberg: „Bahnreisen ist selten die günstigste Lösung.“

Fliegen kostet oft weniger – und geht deutlich schneller. Ein Grund, warum vor allem Rentner gerne die Bahn nutzen, wie Freisberg weiß. Wer nicht an knappe Ferienzeiten gebunden ist, kann für An- und Abreise leichter zwei Tage extra einplanen. Und dafür schon unterwegs viel erleben und sehen. Laut Freisberg entdecken jedoch auch Familien mittlerweile die Bahn. „Es kann die Anreise deutlich entspannen, wenn die Kinder rumlaufen können.“

Blick durchs Fenster eines Zugabteils
Fernreisen mit der Bahn sind selten die günstigste Lösung, nie die schnellste und erfordern viel Planung. Dafür sieht man viel von den Ländern, durch die man reist. [Bildquelle: Adobe Stock]

Bahnreise mit Interrail

Eine mögliche Alternative zur Buchung von Einzeltickets kann Interrail sein. Es gibt verschiedene Angebote für insgesamt 33 Länder in Europa, die bereits ab 185 Euro zu haben sind. Allerdings nur für junge Leute unter 27 und für vier Reisetage innerhalb eines Monats. Reisende, die älter als 27 sind, zahlen mindestens 246 Euro für vier Reisetage in einem Monat. Alternativ gibt es auch den „Ein-Länder-Pass“. Damit lässt sich im Zielland flexibel herumreisen, das Anreiseticket kostet jedoch extra. Wer wirklich nur von A nach B und wieder von B nach A will, wird bei Einzelbuchung der Tickets meist günstiger unterwegs sein.

Für echte Rundreisen durch verschiedene Länder Europas gibt es jedoch kaum ein besseres Angebot als den Interrail-Pass. Wobei zu berücksichtigen ist: Für einige Verbindungen fallen zusätzliche Kosten an. So sind für viele Hochgeschwindigkeitszüge Reservierungen nötig. Manche Züge kosten Aufpreis, zum Beispiel Nachtzüge. Dies kann die Kosten deutlich erhöhen.

Bahnreisen: Planen und buchen Schritt für Schritt

Hier ein kurzer Schritt-für-Schritt-Ratgeber für Planung und Buchung einer Bahnreise:

  • Überblick verschaffen: Vor der Routenplanung kann es sinnvoll sein, sich einen Überblick über mögliche Routen verschaffen. Interrail bietet hierfür beispielsweise eine Übersichtskarte der wichtigsten Trassen innerhalb Europas an. Hier werden auch Reisezeiten zwischen wichtigen Städten angegeben. Für die Planung von Zwischenstopps und Gesamtreisezeit kann das sehr hilfreich sein. Alternativ gibt es die Rail Map Europe von Thomas Cook auf Papier. Sie weist auch aus, wie reizvoll Strecken sind.
  • Routenplanung: Auf rail.cc oder bei interrail.eu kann man etwas detaillierter in die Routenplanung einsteigen, Stationen checken, eventuell unterschiedliche Strecken vergleichen.
  • Buchungsmöglichkeiten checken: Ein Blick auf bahn.de bzw. international-bahn.de und zu den privaten Buchungsportalen gibt Aufschluss, ob eine Buchung in einem Rutsch möglich ist.
  • Preise und Routen vergleichen: Je nachdem, welches Portal man nutzt, kann die Routenführung abweichen. Zudem unterscheiden sich unter Umständen die Preise. Ein Vergleich verschiedener Anbieter kann sich lohnen.
  • Route aufsplitten: Um die günstigsten Preise zu finden, die Buchungsportale der nationalen Bahngesellschaften ansteuern. Hier findet man unter Umständen Sparpreise und meist mögliche alternative Abfahrzeiten, die ebenfalls günstiger sein können.
  • Buchung: Wahlweise Buchung bei den einzelnen Bahngesellschaften (Umsteigezeiten bedenken!) oder komplette Buchung bei privaten Anbietern, wenn möglich.

Fazit:

Bahnreisen sind nicht für alle Reisenden geeignet. Wer es eilig hat, an sein Ziel zu kommen, wird nur bei überschaubaren Distanzen in die großen Städte glücklich. Wer am liebsten all-inc. bucht, bleibt besser beim Ferienflieger (oder fährt für viel Geld mit dem Luxus-Zug). Wenn man die Reise jedoch als Teil des Urlaubs versteht und die Planung als Prolog genießt, könnte der Zug genau das Richtige sein.

Heiko | @MobilityTalk

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