Grüner Urlaub im Grünen: Nachhaltig Campen

Campingurlaub ist naturverbunden, aber ist er auch ökologisch? Wenn der Campingplatz nachhaltig wirtschaftet, stehen die Chancen gut, dass aus Camping Ecocamping wird.

Heiko Dilk
Heiko Dilk
Ein Bulli bei Nacht auf einem Campingplatz
Ökologisch und nachhaltig ist Campingurlaub nur bedingt, doch viele Campingplätze bemühen sich mittlerweile um Nachhaltigkeit in vielen Bereichen. Ecocamping könnte zum Trend werden. [Bildquelle: Jan Kopriva via unsplash]

Bahn statt Flieger, Ferien daheim statt Fernreise, Individualurlaub statt Massentourismus: Viele Menschen nehmen sich vor, beim Reisen auf Nachhaltigkeit zu achten. Aber nur wenige setzen das in die Tat um. Das zeigen diverse Studien und Umfragen. So kam das Institut für Tourismus- und Bäderforschung in Nordeuropa in einer Studie (pdf) für das Bundesumweltministerium 2019 zu ernüchternden Ergebnissen: Zwar gaben 56 Prozent der Befragten an, ihnen sei Nachhaltigkeit wichtig. Für die konkrete Buchung war dies aber nur bei vier Prozent auschlaggebend. Immerhin: Es geben zunehmend mehr Menschen an, Wert auf nachhaltiges Reisen zu legen.

Ebenfalls im Trend: Camping. Die Industrie freut sich Jahr für Jahr über steigende Absätze bei Campern und Wohnmobilen. In den letzten beiden Jahren befeuerte die Corona-Pandemie dies zusätzlich. Wer sein eigenes Reich dabei hat, muss sich eben weniger Gedanken um fremde Aerosole machen.

Dabei ist Camping nicht per se „grün“, auch wenn es im Grünen stattfindet. Wohnmobile, Camper Vans und Zugmaschinen für den Caravan fahren üblicherweise mit Verbrennungsmotoren. Ein kleines Haus auf Rädern braucht mehr Sprit als ein Pkw. Ein SUV mit Wohnwagen am Haken auch. Und bis die Elektromobilität flächendeckend beim Camping ankommt, wird es noch dauern.

Doch es geht beim nachhaltigen Campen um mehr als um die Anreise. Es geht um die Campingplätze selbst. Nicht jeder stellt sich umwelt- und klimafreundlich auf, nicht jeder bietet die passenden Rahmenbedingungen für einen ressourcenschonenden Aufenthalt.

Nachhaltig Campen: Das bedeutet Ecocamping

Eine feste Definition für nachhaltiges Camping gibt es nicht. Einige Zertifikate versuchen eine Orientierungshilfe zu geben. Sie prüfen die Unterkünfte auf verschiedene Kriterien und verleihen ihnen ein entsprechendes Label.

Das größte ist das EU Ecolabel für Campingplätze. Die Verleihung koordiniert in Deutschland die RAL GmbH für das Umweltbundesamt. Für die praktische Durchführung ist in Deutschland die Ecocamping Service GmbH zuständig.  Laut Martin Rolletschek von Ecocamping verfügen in Deutschland derzeit acht Prozent der Campingplätze und Stellplatzbetreiber*innen über das EU Ecolabel. Rolletschek berät sie bei der Planung und Umsetzung ihres Umweltkonzepts.

Der Trend zum nachhaltigen Camping ist gar nicht so neu. Die Ecocamping Service GmbH etwa ging aus einem vor 20 Jahren gegründeten Zusammenschluss von 12 ökologisch engagierten Campingplätzen hervor. Mittlerweile tragen die wichtigsten Campingverbände in Deutschland den Verein Ecocamping e.V. 

Blick aus einem Zelt in den Wald.
Bei Anreise mit der Bahn und Camöping per Zelt auf einem einfachen Stellplatz, fällt die Klimabilanz des Urlaubs fast unschlagbar gut aus. Hotelübernachtungen sind stets energieintensiv. [Bildquelle: Scott Goodwill via unsplash]

Darum geht es beim nachhaltigen Camping

Ecocamping bietet zudem ein eigenes Zertifikat an. „Dabei geht es in erster Linie darum, dass die Campingplätze ein Umweltmanagement einführen“, sagt Rolletschek. Ein Umweltmanagement ist eine wichtige Voraussetzung für das EU Ecolabel. Nur mit überprüfbaren Prozessen lässt sich gewährleisten, dass nachhaltige Maßnahmen umgesetzt und weiterentwickelt werden. Diverse weitere Maßnahmen aus folgenden Bereichen müssen hinzukommen: 

  • Maßnahmen zum Energiesparen
  • Stromversorgung aus erneuerbaren Energiequellen
  • Maßnahmen zur Verringerung des Wasserverbrauchs
  • Müllvermeidung und Mülltrennung

Dabei geht es nicht um Absichtserklärungen, sondern um Konkretes. So müssen energiesparende Elektrogeräte oder Lampen eingesetzt werden, die sanitären Anlagen müssen wassersparend ausgelegt werden, Einwegartikel und Portionspackungen sind tabu. Zusatzpunkte gibt es, wenn Eigenstrom aus erneuerbaren Energien gewonnen wird, wenn Betriebsfahrzeuge elektrisch fahren, es einen Fahrradverleih gibt, regionale und biologisch erzeugte Lebensmittel angeboten werden oder keine Pestizide zum Einsatz kommen. Nur wer 22 verpflichtende Kriterien erfüllt und aus insgesamt 45 fakultativen Kriterien 20 Punkte sammelt, bekommt das Label.

Andere Label funktionieren ähnlich, können sich jedoch im Detail unterscheiden und auch aufeinander aufbauen. Zudem gelten die meisten nicht ausschließlich für Campingbetriebe. Viabono etwa kümmert sich allgemein um deutsche Beherbergungsbetriebe und die Gastronomie. Green Key funktioniert so ähnlich auf internationaler Ebene. Innerhalb der EU weist das EMAS-Logo ein „geprüftes Umweltmanagement“ nach, das Unternehmen und Organisationen aus allen Branchen beantragen können.

Wie man einen nachhaltigen Campingplatz findet

Wer nach einem nachhaltigen Campingplatz sucht, sollte also darauf achten, ob der Platz eines oder gar mehrere Öko-Labels führt. Für gewöhnlich werben die Betreibenden damit auf ihrer Webseite, auf Briefköpfen oder in Werbeflyern. Ecocamping führt eine Online-Datenbank mit Campingplätzen, die das EU Ecolabel tragen. Allerdings liegt der Schwerpunkt auf Deutschland. Zudem führt die Datenbank einige Campingplätze in Österreich, Norditalien, Kroatien und Slowenien auf. Das heißt nicht, dass es im Ausland keine Campingplätze mit Ecolabel gibt, wie Martin Rolletschek von Ecocamping sagt: „In Frankreich gibt es zum Beispiel meines Wissens sehr viele Campingplätze mit EU Ecolabel.“ Weil die Zertifizierung jedoch national erfolgt, tauchen sie bei Ecocamping nicht auf.

Für Frankreich etwa bietet Ucamping eine gute Übersicht von Plätzen, die entweder das EU Ecolabel, den Green Key (Clef Vert) oder das internationale Green-Globe-Zertifikat tragen. Eine aktuelle, vollständige Übersicht über alle europäischen Plätze mit EU Ecolabel gibt es leider nicht. Oft kommt man um ein bisschen Recherche nicht herum. Aber Vorsicht, auf manche Buchungs- und Suchportale gehen mit dem Begriff Eco Camping recht kreativ um. Vermeintliche „Eco-Campingplätze“, die große Pool- und Wasserpark-Landschaften bieten, werden vermutlich keine besonders vorteilhafte CO2-Bilanz aufweisen.

Und noch etwas erschwert Campenden die Auswahl eines nachhaltigen Campingplatzes. „Das EU Ecolabel wurde 2017 komplett umgekrempelt“, so Rolletschek. Dadurch seien Zertifizierungen nach den früheren Bedingungen ausgelaufen. „Viele Campingplätze haben das danach nicht neu beantragt.“ Gut möglich also, dass ein Campingplatz nachhaltig wirtschaftet und dennoch kein Ökolabel trägt.

Ein Solar-Camping-Mobil steht auf einer grünen Wiese
Mit dem Elektrocamper des Solar Teams Eindhoven wird die Anreise in dem Camping-Urlaub emissionsfrei. Doch derzeit reisen die meisten Campenden noch mit Diesel-Power an. [Quelle: Solar Team Eindhoven]

So umweltfreundlich ist Camping

Camping an sich kann vergleichsweise nachhaltig sein. Zwar reisen die meisten Campenden mit Fiat Ducato, VW Californias oder SUV-Zugmaschinen mit Dieselmotor an. Und verbrauchen dabei mehr Sprit als im Pkw. Unter Berücksichtigung der Unterkünfte fällt die CO2-Bilanz trotzdem nicht so schlecht aus. Hotelübernachtungen schneiden beim Ausstoß von Treibhausgasen deutlich schlechter ab als Übernachtungen auf dem Campingplatz oder gar auf einem einfachen Stellplatz.

Das Heidelberger Institut für Energie- und Umweltforschung (ifeu) hat die Treibhausgas-Emissionen verschiedener Reiseformen verglichen. Die Studie von 2020 (pdf) untersucht exemplarisch drei Reisen, eine nach Rügen, eine nach Marseille und eine Skandinavien-Rundreise. Gestartet wird jeweils in Frankfurt mit unterschiedlichen Verkehrsmitteln.

Vor allem innerhalb Deutschlands kann sich die Camping-Bilanz sehen lassen. Der Strommix schlägt wegen der energieintensiven Hotelübernachtungen durch. Wobei zu berücksichtigen ist, dass das ifeu mit Daten von 2017 rechnet. Demnach wird bei der Produktion einer Kilowattstunde Strom das Äquivalent von 571 Gramm CO2 ausgestoßen. Bereits 2019 waren es laut Umweltbundesamt nur etwas mehr als 400 Gramm. Für 2021 rechnen Experten mit einem ähnlichen Wert.

Weniger CO2 im Strommix hilft den Hoteliers

Der hohe Wert in der ifeu-Studie führt dazu, dass sich die Wohnmobil-Reise bei Übernachtung auf einem einfachen Stellplatz sogar mit der Bahnanreise messen kann. Camping mit Anreise per Bahn ist der klimafreundlichste Urlaub, logisch. Wer mit dem Pkw anreist und campt, fährt sparsamer als mit dem Wohnmobil. In Frankreich steht die Hotelübernachtung aus Klimasicht besser da als in Deutschland, da der Strom zum großen Teil aus Atomenergie stammt (das ifeu rechnet mit 96 g/kWh). In Skandinavien hilft der große Anteil an erneuerbaren Energien (102 g/kWh) dem Hotel. In jedem Fall reist man im Wohnmobil um Welten klimafreundlicher als im Flugzeug oder auf einer Kreuzfahrt.

Immer gilt beim Campingurlaub: Je mehr Personen gemeinsam reisen, desto besser die CO2-Bilanz. Das ifeu rechnet mit zwei Personen, bei vier Personen halbiert sich der CO2-Ausstoß pro Person fast, weil die Anfahrt den größten Batzen ausmacht. Ein weiterer Faktor ist das gewählte Reisemobil: Kastenwagen schneiden etwas besser ab als teilintegrierte oder integrierte Wohnmobile und liegen auch im Vergleich zum Auto mit Wohnwagen vorne. Was fehlt, sind derzeit noch passende elektrische Reisemobile, mit denen sich die Anreise emissionslos gestalten lässt. Aber auch beim elektrischen Camping-Fahrzeug tut sich was.

Fazit:

Camping per se mag nicht „öko“ sein, meist ist es jedoch klimafreundlicher als Hotelreisen. Als Flugreisen oder Kreuzfahrten ohnehin. Wer wirklich grün campen will, findet eine zunehmende Zahl an Plätzen mit dem einen oder anderen Eco-Label. Nachhaltigkeit rückt bei den Betreiber*innen zunehmend in den Fokus. Campenden fällt es jedoch nicht immer leicht, wirklich ökologische Campingplätz zu finden. Ein zentrales Register, zumindest fürs EU Ecolabel, wäre wünschenswert. Andererseits: Oft macht die Planung ja schon halb so viel Spaß wie die Reise.

Heiko | @MobilityTalk

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