Camping unter Spannung: Diese Elektro-Camper gibt es

Camping ist eine saubere Sache. Bis auf die Anreise. Elektro Camper und Elektro Wohnmobile würden helfen. Aber geht das schon? Kommt drauf an, wie man es gerne hätte.

Heiko Dilk
Heiko Dilk
Elektro Camper ab Werk gibt es derzeit noch nicht. Doch Mercedes hat sich mit Sortimo Rüegg zusammengetan und bietet einen Camper auf EQV-Basis an. Einbauten und Fahrzeug müssen allerdings getrennt gekauft werden. [Bildquelle: Daimler]

Camping boomt, E-Mobilität ebenfalls. Seit Staat und Hersteller den Kauf von E-Autos mit bis zu 9.000 Euro subventionieren, steigen die Verkaufszahlen von E-Autos rapide. Unterdessen fährt die Camper- und Wohnmobil-Industrie von Zulassungs- zu Zulassungsrekord. Die Corona-Pandemie hat ihr einen zusätzlichen Booster verpasst. Nur zusammen geht beides noch nicht so richtig. Elektro-Wohnmobile und Elektro-Camper sind rar. Noch. Der Markt bewegt sich langsam. Und die Zahl der Elektroautos, die sich als Zugfahrzeuge für einen Caravan oder Wohnwagen eignen, steigt ebenfalls.

Elektro Camper: Saubere Anreise

Camping an sich darf man als klimafreundliche Urlaubsform bezeichnen. Wenn da nur die Anreise nicht wäre. Einer Studie des Heidelberger Instituts für Energie- und Umweltforschung (ifeu) zufolge entfällt der überwiegende Teil des CO2-Ausstoßes beim Campingurlaub darauf. Wohnmobile, Camper und Zugfahrzeuge fahren mit Verbrennern und stoßen wegen ihres hohen Gewichts und der ungünstigen Bauform deutlich mehr CO2 aus als Pkw. Die Anreise birgt beim Camping-Urlaub also hohes CO2-Einsparpotenzial.

Elektro-Camper, Elektro-Wohnmobile oder Elektroautos, die sich als Zugfahrzeuge für Caravans eignen, würden helfen. Doch die schwere Technik verringert die mögliche Zuladung. Deshalb existieren derzeit keine vollwertigen Wohnmobile mit Elektroantrieb. Auch bei den kleineren Campern auf Großraum-Van oder Kastenwagen-Basis sieht es noch etwas mau aus. Doch erste Umbauten existieren bereits und die ersten Elektro-Camper von Autoherstellern sind angekündigt. Hier ist unser Überblick.

Diese Elektro-Camper gibt es bereits

Yellowcamper EQV

Eine der ersten Camping-Manufakturen, die sich an einen elektrischen Campervan gewagt hat, ist die Firma  Yellowcamper aus der Schweiz. Basis für den Yellowcamper ist, wie der Name schon sagt, der Mercedes EQV mit 150 kW (204 PS). Geladen wird mit bis zu 110 kW, Yellowcamper verspricht bis zu 380 Kilometer Reichweite mit einer Akkuladung. Der Ausbau basiert im Wesentlichen auf dem modularen System, das Yellowcamper auch für andere, konventionell angetriebene Vans anbietet (Design Flex). Es gibt ein Schrank- und Küchenmodul im Heck mit Einflammen-Kocher, ausziehbarer Brause, Spüle und Kompressorkühlbox. Darüber lagert ein Ausklappbett mit 1,30 x 1,90 Meter großer Matratze. Im Aufstelldach können zwei weitere Passagiere auf einer 1,23 x 1,90 Meter großen Matratze mit Tellerfedern nächtigen. Preis: 107.689 CHF (ca. 110.000 Euro)

Flowcamper Frieda Volt

Bei Flowcamper baut man gleich zweifach um: Basis für den Frieda Volt ist ein VW T5 – den es nicht als Elektroversion gibt. Flowcamper baut den Frieda Volt daher gemeinsam mit dem Startup naext zu einem Elektrobulli um (möglich ist auch ein T6). Er fährt dann mit einem 110 kW starken Elektromotor und soll je nach Akkugröße 300 bis 320 Kilometer oder 400 Kilometer weit fahren. Allerding slädt er leider nur an Wechselstrom. Eine Nacht auf dem Campingplatz ist daher nötig, um ihn voll zu bekommen. Im Innenraum setzt die Vanufaktur GmbH aus Hagen die üblichen Module ein, die auch für Verbrenner-Bullis zur Verfügung stehen. Eine ausführliche Vorstellung des Frieda Volt findest du bereits auf mobility-talk. Preis: noch nicht bekannt (ca. 60.000 Euro)

Mercedes EQV S-Camper

Genau wie der Yellowcamper basiert auch der Elektro-Camper Mercedes EQV S-Camper auf der elektrischen V-Klasse von Mercedes. Auch das Innenraum-Konzept fällt ähnlich aus: Im Heck gibt es eine Küchenbox mit Spüle, Gas-Kochfeldern, Kühlbox und Schubladen. Das Bett ist auf der Box montiert und lässt sich bei Bedarf ausklappen. Ein Aufstelldach bietet Platz für zwei weitere Schläfer. Die Antriebstechnik bleibt unverändert, die Reichweite soll bei bis zu 368 Kilometern liegen. Mercedes baut den EQV nicht selbst aus, sondern arbeitet mit der Schweizer Firma Sortimo Rüegg zusammen. Kunden müssen den Camper im Zweirechnungsgeschäft kaufen. Preis: ab 68.000 Euro (EQV 250) plus ab 4.600 Euro (Küchenbox und Schlafmodul, ohne Aufstelldach)

Yellowcamper auf Basis des Mercedes EQV in der Wiese
Der Schweizer Camperspezialist Yellowcamper baut den EQV zum Elektro Camper aus. [Bildquelle: Yellowcamper]

Tonke EQV

Und noch ein elektrischer Campervan auf Mercedes EQV. Der Tonke EQV beschränkt sich allerdings nicht auf den Einbau von Campingbox mit Bett und Aufstelldach wie Yellowcamper und Sortimo. Die niederländische Manufaktur baut eine ziemlich schicke komplette Möbelzeile in den EQV – allerdings nur im Modell Touring. Das kommt mit schwenkbarer Küche, an der wahlweise drinnen oder draußen gekocht werden kann. Die Sitzbank lässt sich zum Bett mit 1,20 mal 1,90 Metern Liegefläche umbauen, optional montiert Tonke ein Aufstelldach mit Bett. Eine abgespeckte Version namens Adventure gibt es ebenfalls, die setzt wieder auf die Campingbox mit Bett im Heck. Preis: ab 73.750 Euro (Adventure) und ab 97.000 Euro (Touring)

Pössl E-Vanster

Pössl gehört zu den ganz Großen im Wohnmobil-Geschäft. Mit dem E-Vanster bietet der Spezialist seinen ersten Elektro-Camper an. Die Basis dafür bildet der Citroën ë-Spacetourer mit 100 kW starkem Elektromotor und 75 kWh großer Batterie für bis zu 322 Kilometer ohne Camper-Ausbau. Pössl setzt eine Campingbox mit Bettgestell ins Heck, dort versteckt sich auch eine elektrische Kochplatte in einem kleinen Seitenschrank. Dazu gibt es ein Aufstelldach mit Schlafgelegenheit. Eine besser ausgestattete Küche und weitere Camping-Elemente lassen sich optional ordern. Einen vollwertigen Möbelausbau wie im Campster bietet Pössl jedoch vorerst nicht auf elektrischer Basis an. Preis: ab 61.000 Euro

Crosscamp Flex

Baugleich mit dem Citroën ë-Spacetourer ist der Opel Zafira e-Life. Den hat die Dethleffs-Marke Crosscamp nun als Elektro-Camper vorgestellt. Genau wie die Kollegen mit Verbrenner auf Opel- oder Toyota-Basis (der Proace ist ebenfalls baugleich), kommt der elektrische Crosscamp Flex mit Küchenblock, Schränken, Spüle und Gaskocher. Die Sitzbank lässt sich zum Bett falten, ein weiteres Bett findet im Aufstelldach Platz. Der Motor leistet genau wie beim Citroën 100 kW, die Batterie fasst 75 kWh, die serienmäßige Reichweite von 322 Kilometern dürfte der Crosscamp wegen des Camper-Ausbaus aber nicht ganz erreichen. Aktuell ist der Crosscamp noch ein Prototyp, er soll jedoch ab Frühjahr 2023 zu haben sein. Ein abgespeckter Crosscamp Lite soll später kommen. Preis: n.a.

Citroen e-Spacetourer auf der Landstraße
Der Citroen e-Spcaetourer eigent sich mit mehr als 320 Kilometern WLTP-Reichweite knapp als Basisfahrezug für den Camperausbau. [Bildquelle: Citroen]

Elektrische Camper: Reichweite ausbaufähig

Es gibt sie also, die ersten Elektro-Camper auf Basis von Großraumvans. Die meisten sind allerdings eher spärlich ausgestattet. Sie bieten nicht viel mehr als selbst Ausbaulösungen mit Campingbox. Solche Nachrüst-Campingboxen gibt es für die meisten Vans und Hochdachkombis mit konventionellem Antrieb, sie passen meist ebensogut in die elektrischen Pendants. Davon gibt es mittlerweile viele, nicht nur in Bulli-Größe sondern auch in „klein“, als Hochdachkombi oder deutlich größer als Kastenwagen. Sogar das beliebteste Wohnmobil-Fahrgestell, der Fiat Ducato, kommt mit batterieelektrischem Antrieb als e-Ducato.

Das Problem: Die meisten Elektrotransporter sind auf den Lieferverkehr ausgelegt. Große Reichweiten und schnelle Lademöglichkeiten sind dafür nicht so wichtig, anders als im Campingurlaub. Zudem bestehen die Papier-Reichweiten den Realitätstest meist nicht. Das gilt insbesondere für Camper-Ausbauten. Die bringen viel Gewicht ins Auto. Das reduziert die Zuladung und die Reichweite. Normreichweiten zwischen 200 und 300 Kilometern für Kastenwagen ohne Camper-Ausbau dürften daher kaum ausreichen. Dies reduziert die Auswahl an geeigneten Basisfahrzeugen.

Elektroautos als Zugfahrzeuge

Wer, anstatt elektrisch herumreisen, nur elektrisch anreisen will, findet leichter zum richtigen Fahrzeug. Elektroautos mit Anhängerkupplung gibt es ab Werk. Die maximal zulässige Anhängelast des Elektroautos als Zugfahrzeug sollte allerdings bei mindestens 1.200 Kilo liegen. Selbst bei kleinen Wohnwagen kann die maximal zulässige Gesamtmasse diesen Wert überschreiten. Campende müssen zudem bedenken, dass die Reichweite mit Anhänger erheblich sinkt. Der ADAC geht davon aus, dass sich die Reichweite elektrischer Zugfahrzeuge auf der Autobahn mit einem schweren Caravan am Haken etwa halbiert.

Elektroautos als Zugfahrzeug ab 1.200 kg Anhängelast
Modellmax. AnhängelastReichweite (WLTP)Preis
BMW iX2.500 kg426-626 kmab 77.300 Euro
Tesla Model X2.270 kg536-560 kmab 105.990 Euro
Audi E-Tron1.800 kg441 kmab 69.100 Euro
Mercedes EQA 3001.800 kg411-438 kmab 53.538 Euro
Mercedes EQC1.800 kg373-437 kmab 71.281 Euro
Volvo C401.800 kg444 kmab 62.050 Euro
Volvo XC40/AWD1.500 kg/1.800 kg400-423 kmab 48.650 Euro
BMW i41.600 kg493-590 kmab 59.200 Euro
Hyundai Ioniq 51.600 kg430 kmab 45.100 Euro
Kia EV61.600 kg528 kmab 49.890 Euro
Tesla Model Y1.600 kg533 kmab 56.990 Euro
Aiways U51.500 kg431 kmab 38.993 Euro
Polestar 21.500 kg500 kmab 45.500 Euro
Audi Q4 E-Tron quattro1.200 kg412-490 kmab 50.900 Euro
Skoda Enyaq iV80X1.200 kg536 kmab 45.370 Euro
VW ID.4 GTX1.200 kg482 kmab 50.415 Euro
BMW iX auf der Landstraße
Der BMW iX ist derzeit das Elektroauto mit der größten maximalen Anhängelast. Bis zu 2,5 Tonnen darf das SUV an den Haken nehmen. [Bildquelle: BMW]

Laden mit dem Elektro Camper

Egal ob man mit dem Elektroauto nur anreist oder herumreist: Es will geladen werden. Unterwegs gelten die üblichen Voraussetzungen: Gute Planung erspart Stress bei der Ladesäulensuche. Und am Standplatz auf dem Campingplatz gibt es ja ohnehin Strom. Oder? Im Prinzip ja, doch die üblichen CEE-Anschlüsse sind nur für die Onboard-Versorgung des Campers, Wohnmobils oder Caravans gedacht. Adapter gibt es zwar. Ärger mit dem Campingplatzbetreibenden unter Umständen aber auch, wenn der 100-kWh-Akku des Tesla oder Mercedes EQV vollgepumpt wird. Zwei Probleme tun sich dabei auf:

  • Abrechnung der Stromkosten pauschal oder individuell
  • Auslegung des Stromnetzes vor Ort

Erstens muss jemand den Fahrstrom bezahlen. Laut Martin Rolletschek von der Ecocamping Service GmbH ist die Einzelabrechnung der Stromrechnung auf Campingplätzen jedoch nicht unbedingt die Regel. Er berät Campingplätze, die sich nachhaltig aufstellen wollen. „Mit Pauschalen von wenigen Euro ist nicht mal das Laden eines Plug-in-Hybrids abgedeckt“, sagt er. Entsprechend sehen die Campingplätze es nicht gerne, wenn der Anschluss als Ladesäule missbraucht wird. „Im Moment ist das für viele noch beherrschbar“, sagt Rolletschek. Mit zunehmender Durchsetzung der E-Mobilität, werden Betreiber*innen weniger kulant sein. „Bei individueller Abrechnung regelt sich das von selbst“, sagt er. Bei Preisen von 50 bis 80 Cent pro kWh werden Elektroautofahrende sich gut überlegen, wie viel Fahrstrom sie nachladen.

EQV von Sortimo Rüegg mit offener Heckklappe
Elektro Camper können den CO2-Austoß im Campingurlaub massiv reduzieren. Der größte Teil davon fällt nämlich währen der Fahrt an. [Bildquelle: Daimler]

Problem: Stromnetz auf dem Campingplatz

Ein grundsätzlicheres Problem ist die Auslegung des Stromnetzes vor Ort. „Die Infrastruktur ist oft veraltet, viele Leitungsnetze stammen aus den 60er- oder 70er-Jahren“, erklärt Rolletschek. Er berät Campingplätze für Ecocamping in Sachen Elektromobilität. Selbst wenn die Netze mit 16 Ampere abgesichert seien, so gelte das nur für kurze Stromspitzen. Elektroautos ziehen jedoch dauerhaft. Im Extremfall kann das zu Bränden führen. „Ich habe es auch schon erlebt, dass ein ganzer Ort lahmgelegt wurde, weil drei Elektroautos gleichzeitig am Strom hingen.“ Sogenannte „Juice Booster“, die den Stromfluss abhängig von vielen Parametern wie der Leitungstemperatur regeln, helfen ein wenig, sind jedoch keine Dauerlösung.

Denn selbst ohne E-Mobilität arbeiten viele Plätze an der Kapazitätsgrenze. „Wegen großer Klimaanlagen oder elektrischer Mover für den Caravan ist der Strombedarf in den letzten Jahren stark gestiegen.“ Eine Ertüchtigung des Stromnetzes ergibt also für viele Campingplätze ohnehin Sinn.

Bei den Camping-Verbänden glaubt man daran, dass Elektromobilität künftig eine größere Rolle spielen wird. Ende 2021 wurde das Projekt „Zukunftsoffensive Elektromobilität“ unter Trägerschaft des bayerischen Campingverbands Camping in Bayern und des bayerischen Wirtschaftsministeriums beendet. Insgesamt 30 Campingplätze wurden dabei beraten. Herausgekommen ist ein umfassender Leitfaden zur E-Mobilität auf dem Campingplatz. Von der Stromnetzertüchtigung über die Ladeinfrastruktur bis hin zur Elektromobilität für Gäste oder bei Betriebsfahrzeugen reichen die Themen. Noch mag E-Mobilität nicht der Megatrend beim Campingurlaub sein, doch man will ja vorbereitet sein.

Fazit:

Wer gut plant und sich gut vorbereitete Campingplätze aussucht, kann schon jetzt die E-Mobilität mit dem Camping vereinen. Zugfahrzeuge für kleine bis mittelgroße Wohnwagen gibt es, einige Elektro Camper auch. Elektro Wohnmobile hingegen werden noch etwas auf sich warten lassen. Das hohe Gewicht schränkt die Zuladung und Reichweite ein. Wer will, kann natürlich auch im Elektroauto mit Zelt oder gar Dachzelt reisen. Dann ist der Traum vom Elektro-Camping nur noch eine Frage der Ladeinfrastruktur.

Heiko | @MobilityTalk

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