Sechs Billionen Euro, die sich lohnen

Eine Studie berechnet die Kosten des Umbaus zur klimaneutralen Wirtschaft mit rund sechs Billionen Euro bis 2045. Zögerlichkeit könnte viel teurer werden. 

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Shell Raffinerie
Die Klimaneutralität zu gestalten, wird laut einer Studie zeuer - aber umso teurer, je zögerlicher sie angegangen wird [Quelle: picture alliance / Geisler-Fotopress | Christoph Hardt/Geisler-Fotopress]

Der Weg hin zur erforderlichen Klimaneutralität erfordert hohe Investitionen. Laut einer aktuellen Studie des Beratungsunternehmens McKinsey kostet er allein in Deutschland insgesamt sechs Billionen Euro bis zum Jahr 2045. Darin liegt nach Einschätzung der Analysten jedoch zugleich eine Chance. Eine erfolgreiche Dekarbonisierung kann demnach Arbeitsplätze und Produktion im Inland langfristig sichern.
Für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft bedeute der Umbau zwar eine der „tiefgreifendsten und komplexesten Transformation unserer Zeit“. Im Erfolgsfall sei in Summe jedoch eine sozial ausgewogene Bewältigung des Klimawandels möglich. Die großen Investitionen könnten den Sprung in ein neues technologisches Zeitalter begründen und damit einen „positiven Business Case“ für Wirtschaft und Gesellschaft ergeben.

Ähnlich argumentieren längst Teile der Wirtschaft. Viele Lösungen, die CO2 sparen, seien bereits heute günstiger als fossile Technologie, hebt VW-Konzernchef Herbert Diess bei einer Keynote auf der IAA 2021 hervor. Diess moniert jedoch die „zögerliche politische Umsteuerung bei den Subventionssystemen“. Dies verzögere bereits heute den Wandel in der Wirtschaft. Als Beispiele nennt der VW-Chef Kohlesubventionen, reduzierte Steuersätze für Diesel, steuerfreies Kerosin oder Flugreisen mit ermäßigtem Mehrwertsteuersatz.

McKinsey: Das Geld ist vorhanden

Die McKinsey-Studie schlüsselt den Investitionsbedarf auf: So seien, ausgehend von einer konsequenten Umsetzung der Energiewende, in Deutschland bis 2045 Zusatzinvestitionen in Höhe von rund einer Billion Euro nötig. Diese müssten etwa in Anlagen, Fahrzeuge oder Wärmetechnik fließen.

Weitere 5 Billionen Euro müssten demnach in sogenannte Ersatzinvestitionen fließen, also in den Ersatz bestehender Infrastruktur. Einfaches Beispiel ist der Ersatz eines herkömmlichen Automobils durch ein Elektroauto. Die Gesamtinvestitionen in Höhe von 6 Billionen Euro entsprechen bis 2045 jährlich rund 240 Milliarden Euro.

Nach Ansicht der Analysten eine große, aber keine unlösbare Aufgabe denn: Der Investitionsbedarf trifft auf einen Kapitalmarkt, in dem nachhaltige Investitionen stark zunehmen, Es gebe daher für eine rasche Dekarbonisierung grundsätzlich ausreichend Kapital.

Klima-Statistik Deutschland
[Quelle: picture alliance/dpa/dpa Grafik | dpa-infografik GmbH]

Diess: Klimaschutz günstiger als Anpassung

Zudem verringern die Investitionen zugleich erhebliche aktuell anfallende Kosten. Den benötigten Mehrinvestitionen stünden erhebliche Einsparpotenziale gegenüber. So verringerten verbesserte Wärmedämmungen und die Umstellung auf Wärmepumpen die Heizkosten. Elektroautos setzen ihre Energie deutlich effizienter ein als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor.

IAA München 2021 Herbert Diess
VW-Konzernchef Herbert Diess auf der IAA 2021 in München [Quelle: picture alliance/dpa | Sven Hoppe]

Nach Ansicht von VW-Chef Diess trifft dies schon heute vielfach zu. So seien Solar- und Windenergie vielfach bereits günstiger als Kohlestrom. Die Dekarbonisierung mache vieles erschwinglicher, nicht teurer.

McKinsey kommt zu dem Schluss: Im Optimalfall könnten diese Einsparungen bis 2045 die Kosten der Dekarbonisierung ausgleichen. Zudem könne Deutschland die Technologieführerschaft in wichtigen Exportsektoren aufrechterhalten. Entscheidend für die Beschäftigung werde es sein, fortschrittliche Technologien wettbewerbsfähig in Deutschland zu produzieren.

Auch VW-Chef Diess betont die Chancen, wie auch die Notwendigkeit des Umbaus: Instrumente wie die CO2-Bepreisung förderten den Aufbau erneuerbarer Energien. Klimaschutz und Lebensqualität seien keine Gegensätze, denn Klimaschutz sei trotz der hohen Kosten günstiger als die Anpassung an den Klimawandel. Dies erfordere jedoch ein gemeinsames Vorgehen von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.

Die Studie der Unternehmensberater von McKinsey kommt zu dem Ergebnis: Tempo zählt. Gelinge es Deutschland nicht, die Rahmenbedingungen für die Transformation rechtzeitig zu schaffen, kämen auf Privathaushalte und die Industrie hohe finanzielle Belastungen zu: „Je mehr Zeit wir für die Energiewende in Deutschland benötigen, desto teurer und weniger sozial ausgewogen lässt sie sich umsetzen.“

Mit Material von dpa

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