Der ID. Buzz ist nur gefühlt ein Elektro-T1: Test

Geräumig, niedlich und rein elektrisch: Der VW ID. Buzz will ein moderner T1 sein – er wird aber eher ein schöner E-Caddy. Der Buzz im ersten Test.
Constantin Bergander
Constantin Bergander
VW ID. Buzz im Test
Sieht ein bisschen aus wie ein VW T1: Der ID. Buzz ist ein rein elektrischer Retro-Bulli [Bildquelle: Volkswagen]

Einen Kleintransporter baut VW kontinuierlich seit 72 Jahren. „Den Bulli“ gibt es hingegen schon lange nicht mehr. Bulli lautet der Spitzname der originale VW Busse, der Antrieb des Wirtschaftswunders, das Hippie-Mobil, der große VW mit Kulleraugen und Heckmotor. Aktuelle Transporter passen nicht in dieses romantische Bild. Sie sind Weiterentwicklungen für Effizienz und EBIT, keine Originale.

Fans streiten sich, welcher Bus der letzte „echte“ Bulli ist. VW schürt derweil weiter die Legende des Bulli – und plant schon seit langer Zeit eine Rückkehr des T1 von 1950. Insgesamt vier Studien in 16 Jahren (2001: Microbus, 2011: Bulli, 2016: Budd-E, 2017: ID.Buzz) kündigen ein Auto im Stil des Originals an. Jetzt ist es da: Der VW ID. Buzz führt ab Herbst 2022 rein elektrisch den Gedanken des niedlichen Transporters fort. Und er bringt eine Menge Bulli-Magie mit.

Wie das Original hat er ein sympathisches Gesicht, einen Heckmotor und viel Platz für Ladung oder Passagiere. Im ersten Moment fühlt er sich an wie ein modern gewordener T1, mit all dem wundervollen Kitsch, der in so ein Auto gehört. Doch wer genau hinguckt, der erkennt: Er ist nicht wie ein T1. Er ist eher so, wie wir uns heute einen T1 wünschen.

Der ID. Buzz ist kein neuer T1

Denn der T1 ist ein reines Nutzfahrzeug. Er soll möglichst viel Raum auf einer kleinen Grundfläche unterbringen. Im aktuellen VW-Portfolio machen das T6 und T7, also seine regulären Nachfahren. Der ID. Buzz kann in dieser wichtigen Bus-Disziplin nicht mithalten. Denn er bietet nur Platz für maximal fünf Personen oder 3,9 Kubikmeter Ladung auf 4,71 Meter Länge. Der Standard im Segment: Acht Personen oder knapp sechs Kubikmeter bei 4,89 Metern.

Auf der Preisliste des VW T1 stehen seinerzeit wenig Komfort und viel Funktion: Mehr Fenster, ein Aufstell- oder Klappdach, Anhängerkupplung, Ausstellfenster, Standheizung oder Innenbeleuchtung sind Sonderausstattung. Der ID. Buzz hat elektrische Fensterheber, ein Infotainmentsystem mit großem Touch-Monitor und Ambiente-Licht serienmäßig an Bord. Selbst in seiner Transporter-Version (ID. Buzz Cargo) ist er noch verhältnismäßig luxuriös ausgestattet.

VW versucht also gar nicht erst, das Vorbild neu aufzulegen. Stattdessen ist der ID. Buzz ein Lifestyle-Retro-Auto, ein Bulli zum Erinnern und Schönfinden. Das muss kein Defizit sein, schließlich fehlt seit dem Ende des VW Beetle so ein Auto im VW-Portfolio. Der ID. Buzz ist das erste Großraum-Auto mit Elektroantrieb im Programm. Er bietet immerhin so viel Platz wie ein VW Caddy Maxi, abzüglich der dritten Sitzreihe. Familien reisen in ihm großzügig.

VW ID. Buzz im Test
Ungewöhnlich für einen Bulli: die enorm lange Front des VW ID. Buzz [Bildquelle: Volkswagen]

Besseres Infotainment im ID. Buzz

Es wirkt stimmig, was VW da auf die Elektro-Plattform („MEB“) stellt. Nüchtern und technisch betrachtet ist er ein gestreckter VW ID.4. Gefühlt ist er ein anderes Auto. Die Passagiere sitzen höher, deutlich über SUV-Niveau. Das ergibt eine gute Übersicht und eine Verwandtschaft zu den Bus-Modellen. Ein gewisses Wanken über die Längsachse gehört dazu. Generell gefällt im ID. Buzz aber die komfortbetonte Abstimmung mit straffer Note.

Im Innenraum verteilt VW allerhand nützliche Dinge. Dazu zählen zwei Kunststoffteile, die in den Seiten des Kofferraums verstaut sind. Sie haften mit Klettverschluss flexibel auf dem Kofferraumboden und sichern unkompliziert Ladung. Außerdem gibt es insgesamt acht USB-C-Anschlüsse, die maximal 45 Watt abgeben. Mit ihnen lassen sich moderne Laptops problemlos dauerhaft betreiben.

Der ID. Buzz macht sogar Dinge besser als seine ID-Geschwister. Das kleine Tacho-Display zeigt zum Beispiel Verbrauchswerte an. Softwarefehler bemerken wir während unserer Testfahrt nicht. Allerdings kann VW nicht alle fragwürdigen Entscheidungen revidieren. Die serienmäßigen Touch-Flächen auf dem Lenkrad sorgen auch im Buzz für Fehlbedienungen. Und die Touch-Leiste für Temperatur- und Lautstärkeeinstellungen ist nicht beleuchtet.

VW ID. Buzz: Akkukapazität, Reichweite, Ladeleistung, Motoren

Die Größe des ID. Buzz bedeutet eine Chance für die Reichweite. Auf drei Metern Radstand lässt sich theoretisch ein großer Akku unterbringen. Vorerst nutzt VW das nicht aus. Das Auto startet mit 77 kWh Akkukapazität, laut Norm genug für 423 Kilometer Reichweite. Den gleichen Akku gibt es schon in den kleinen IDs. Wie dort lädt er mit maximal 170 kW an Gleichstrom. Von fünf auf 80 Prozent Ladestand schafft er es in einer halben Stunde.

Der Elektro-Bulli erreicht mit seiner riesigen Stirnfläche und dem hohen Gewicht nicht so weit wie seine Geschwister. Im ersten Test verbraucht der ID. Buzz bei gemischtem Streckenprofil durchschnittlich 18,4 kWh pro 100 Kilometer. Für das Segment ist das ein anständiger Wert. Während der Testfahrt gilt allerdings eine Höchstgeschwindigkeit von 110 km/h. Außerdem herrschen ideale Temperaturen und eine ebene Topografie. Der Alltagsverbrauch wird perspektivisch also höher sein.

Langfristig plant VW mehr Varianz. Ein kleinerer Akku soll folgen, voraussichtlich mit 58 kWh Kapazität. Außerdem steht eine große Batterie auf dem Plan. Bisher nennt der Hersteller keine Zahlen. Aber eine Kapazität von knapp 100 kWh netto erscheint realistisch. Damit dürfte der Buzz offiziell ungefähr 530 Kilometer weit fahren.

Die ersten ID. Buzz rüstet VW mit einem Heckmotor aus. Der leistet 150 kW (204 PS) und bewegt den Bulli kraftvoll, aber nicht aufgeregt. Weitere Motorvarianten folgen langfristig, darunter mindestens eine Allrad-Version mit rund 220 kW (300 PS). Für sie deutet der Hersteller eine höhere Anhängelast an. Das Launch-Modell darf immerhin 1.000 Kilogramm ziehen. Die maximale Zuladung beträgt 529 kg (ID. Buzz) bzw. 648 kg (ID. Buz Cargo).

VW ID. Buzz im Test
Typisch ID: Kleiner Tacho, großes Infotainment-Display [Bildquelle: Volkswagen]

Zuverlässige Assistenz im ID. Buzz

Zum Start von VWs ID-Reihe hapert es oftmals an einer stabilen Software. Der ID. Buzz wirkt während der ersten Testfahrt stabil und ausgereift. Besonders die teilautonome Fahrfunktion arbeitet tadellos. Der Buzz hält Abstand, Tempo und Spur. Dabei muss er keine aktiven Lenkbewegungen spüren, nur eine Hand am Lenkrad. Das schafft Vertrauen in künftige Entwicklungen.

Der Buzz bringt außerdem einige neue Funktionen mit. Dazu gehören Plug-and-Charge (selbstständige Identifizierung an der Ladesäule) sowie ein Einparkassistent, der Parkmanöver speichert und selbstständig nachfährt.

So viel Technik, Platz und Akkukapazität lässt sich VW teuer bezahlen. Der ID. Buzz steigt bei 64.450 Euro ein. Dafür gibt es 150 kW Motorleistung, 77 kWh Akkukapazität und eine solide Grundausstattung. Das positioniert ihn endgültig als Lifestyle-Auto, denn einen VW Multivan gibt es bereits für 45.000 Euro. Die Transporter-Version ID. Buzz Cargo kostet rund 54.000 Euro.

Für das kommende Jahr kündigt VW eine Langversion des ID. Buzz an. Mit 23 Zentimetern mehr Radstand bietet sie Platz für eine dritte Sitzreihe. Wie VW die Technik-Optionen auf die Karosserielängen aufteilt, ist noch nicht bekannt.

Stromzähler

0 km
Reichweite
0 h
Ladezeit bei 11 kW
0 min
Ladezeit bis 80 Prozent bei 170 kW
Technische Daten – VW ID. Buzz
Reichweite (WLTP) 423 km
Ladedauer DC 30 Minuten (5-80 Prozent)
Ladeleistung DC 170 kW
Ladedauer AC ca. 8 Stunden
Ladeleistung AC 11 kW
Kofferraum 1.121 – 2.205 l
Länge 4.712 mm
Breite 1.985 mm (mit Außenspiegeln: 2.212 mm)
Höhe 1.927 mm
Radstand 2.989 mm
Gewicht 2.471 kg
Zuladung 529 kg
Akkukapazität 82 kWh (brutto); 77 kWh (netto)
0-100 km/h 10,2 s
Geschwindigkeit 145 km/h
Leistung 150 kW (204 PS)
Drehmoment 310 Nm
Antrieb Elektrisch, Heckantrieb
Preis 64.450 Euro

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