Was die Abgasnorm Euro 7 bedeutet

Im Jahr 2025 tritt eine neue Abgasnorm in Kraft: Euro 7 erfordert saubere, meist elektrifizierte Verbrenner.

Constantin Bergander

Constantin Bergander

STraßenszene, Symbolbild
Die neue Abgasnorm Euro 7 soll 2025 in Kraft treten und fordert saubere, meist elektrifizierte Verbrenner [© Georg Arthur Pflueger via unsplash.com]

Abgasnormen bestimmen, wie sauber (oder schmutzig) Neuwagen sein dürfen. In ihnen wird festgelegt, welche Mengen Kohlenstoffmonoxid, Kohlenwasserstoffe, Stickoxide und Partikel in Abgasen erlaubt sind, in welchen Bereichen Autos diese Vorschriften erfüllen müssen und wie gemessen wird. Kurzum: Abgasnormen geben die Fahrzeugentwicklung von Verbrennermotoren maßgeblich vor.

Bald soll in Europa und damit in Deutschland eine neue Abgasnorm in Kraft treten. Ab voraussichtlich 2025 gilt „Euro 7“. Bisher weiß noch niemand  genau, welche Grenzwerte und Messbedingungen sie mitbringt. Klar ist nur: es wird sehr viel schwerer für Verbrennungsmotoren, Euro7 zu erreichen. Denn obwohl Abgasnormen bisher keine Obergrenze für den CO2-Ausstoß (und damit den Verbrauch) für individuelle Fahrzeuge diktieren, müssen klassische Antriebe, besonders Diesel, besonders optimiert werden, um künftige Grenzen einzuhalten.

Euro 7 (2025): Weniger Stickoxide, strengere Messverfahren

Ein wichtiger Hebel der neuen Abgasnorm wird die Obergrenze für den Stickoxidausstoß sein. Seit dem Skandal um manipulierte Abgaswerte sind die lungenschädlichen Gase besonders in Betrachtung. Derzeit dürfen Pkw 60 (Benziner) bzw. 80 Milligramm Stickoxide (Diesel) pro Kilometer ausstoßen. Künftig soll die Grenze für alle Fahrzeuge bei etwa 20 bis 30 Milligramm liegen. Sogar ein Höchstwert von zehn Milligramm war im Gespräch.

Für sich betrachtet stellt eine solche Senkung kein großes technisches Problem dar. Die meisten Hersteller erreichen mit aktuellen Fahrzeugen vorbildliche Werte, viele treffen bereits den anvisierten Bereich. Allerdings wird sich nicht nur der Grenzwert ändern, sondern auch die Messmethode. Autos der Zukunft sollen ihre Sauberkeit in immer mehr Szenarien beweisen.

Dazu gehören ein breiteres Temperaturfeld, das künftig auch Minusgrade berücksichtigt, An- und Aufbauten wie Dachgepäck- oder Fahrradträger, das Fahren mit einem Anhänger oder das Verhalten in hohen und damit sauerstoffarmen Lagen. Zudem soll das Augenmerk auf den Bereich nach dem Kaltstart gerückt werden. Zu diesem Zeitpunkt haben die bislang üblichen Abgasreinigungssysteme noch nicht ihre Betriebstemperatur erreicht und arbeiten deshalb noch nicht gründlich genug.

Euro 7 könnte zudem Grenzwerte für die Emission von Ammoniak enthalten. Das giftige Gas kommt in Abgasen eigentlich nicht vor, kann aber als Beiprodukt der Abgasreinigung entstehen: In Dieselfahrzeugen filtert die Beigabe einer Harnsäurelösung (Verkaufsname: AdBlue) Stickoxide aus den Abgasen. Bei der entstehenden chemischen Reaktion bildet sich Ammoniak, das sich mit Stickoxiden zu harmlosen Chemikalien verbindet. Spritzt ein Auto zu wenig AdBlue ein, stößt es zu viele Stickoxide aus. Kommt zu viel AdBlue ins Abgas, gelangt Ammoniak in die Umgebungsluft. Das ist schädlich für die Gesundheit.

Aufwendige Abgasreinigung für Euro 7

Für die Hersteller bedeutet das: sie müssen technologisch viel mehr leisten als je zuvor. Sehr viel mehr. Viele planen für die neue Norm keine neue Motorenfamilie. Sie wollen bestehende Antriebe nutzen und weiterentwickeln oder anpassen. Einige setzen auf Mild-Hybride. Zudem sind beheizbare Katalysatoren im Gespräch, die bereits kurz nach dem Motorstart vollständig arbeiten. Sonden sollen hochauflösend den Ammoniakgehalt der Abgase messen und die Dosierung des AdBlue anpassen.

All das erfordert ein kompliziertes und aufwendiges Netz aus Abgasreinigungssystemen, Sensorik und Steuergeräten. Schon heute kostet diese Peripherie bei Dieselaggregaten häufig mehr als die Motoren selbst. Mit steigenden Ansprüchen steigt der finanzielle Aufwand ebenfalls – und damit der Fahrzeugpreis. Künftig müssen Hersteller also genau abwägen, für welches Segment sich noch ein Dieselmotor lohnt und wo er sich nicht mehr rechnet.

In Kleinwagen werden deshalb kaum noch Diesel-Motoren angeboten. Zu Recht. Diese Idee war noch nie gut. Mit der Einführung von Euro 7 wird der Diesel aus der Kompaktklasse (Golf und Co.) verschwinden und in der Mittelklasse teurer werden. Allgemein sank die Nachfrage nach Selbstzündern im Dieselmarkt Westeuropa zuletzt stark. Obwohl der Antrieb technisch in der Lage wäre, strengere Grenzwerte zu erfüllen, wird sich das nicht in allen Modellen lohnen. Einige Marken, unter ihnen Volvo, lassen ihn bereits auslaufen.

Zu sehen ist Constantin Bergander

Fazit:

Noch steht nicht fest, wie sauber Autos mit Verbrennungsmotoren künftig fahren müssen. Erste Prognosen deuten an, dass Dieselantriebe perspektivisch deutlich teurer werden müssen, um die neuen Grenzwerte einhalten zu können. Kein Hersteller wird Selbstzünder mit anderen Modellen querfinanzieren, weil sie beim CO2-Ausstoß gegenüber Benzinern nur selten einen Vorteil bieten.

Benziner dürften von den neuen Regelungen weniger betroffen sein. Allerdings: Auch sie emittieren Stickoxide. In den meisten Fällen geht es um geringe Mengen, die bisher kaum in die Nähe der Grenzwerte kommen. Sinken die Grenzwerte mit der Einführung von Euro 7 drastisch, besteht dennoch Handlungsbedarf. Euro 7 bedeutet nicht das Ende für den Verbrenner – aber eine Neuordnung vieler Antriebspaletten.

Constantin | @MobilityTalk

Weiterführende Artikel

Strom lohnt sich: CO2-Bilanz der Antriebsarten

Strom, Wasserstoff, E-Fuels oder doch Diesel und Benzin? Die CO2-Bilanz von Elektroautos wird immer besser. Selbst in der Kompaktklasse fahren sie schon nach wenigen

So groß ist die Umweltbelastung von Europas Schifffahrt

Die Schifffahrt ist für ein Fünftel der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Der Verband Deutscher Reeder zeigt sich dennoch zufrieden. Ein Bericht zeigt konkrete Zahlen.

Deutsche wollen mehr Wasserstoff-Fahrzeuge

Während in deutschen Städten immer mehr Wasserstoff-Busse fahren, sind Autos mit H2-Antrieb eine Rarirät. Die Mehrheit der Deutschen fordert ein Umdenken bei der Förderung.

CO2-neutrales Fliegen: Moderner Ablasshandel

Wer nicht verzichten kann, kann zahlen: Die CO2-Emissionen von Flugreisen lassen sich durch Zertifikate für Klimaschutzprojekte ausgleichen. Unternehmen wie Atmosfair sehen sich aber nur

Immer informiert sein?

Abonniere unseren Newsletter!