Ladesäulen im Mehrfamilienhaus: Dieser Leitfaden hilft
E-Mobilität braucht Ladestationen – öffentliche und private. Wie eine Ladeinfrastruktur im Mehrfamilienhaus aufgebaut werden kann, erläutert ein Leitfaden.
Es sollen mehr Elektroautos auf deutsche Straßen. 15 Millionen im Jahr 2030 peilt die Politik an. Doch wo sollen all die E-Autos laden? An öffentlichen Ladestationen wo nötig und Zuhause wo möglich – das wäre die Idealvorstellung. Folglich muss neben der öffentlichen auch die private Ladeinfrastruktur aufgebaut werden. Das ist nicht immer ganz einfach, wie Erfahrungen zeigen. Selbst dann nicht, wenn man als Eigenheimbesitzende den eigenen Hausanschluss frei und ungehindert planen kann.
Komplizierter wird es im Mehrfamilienhaus. Das gilt aus rechtlicher wie aus technischer Sicht. Rechtlich wurde Ende 2020 bei der Novellierung des – Luft holen – Wohnungseigentumsmodernisierungs-Gesetz festgelegt, dass Mietende einen Anspruch auf Zustimmung zur Installation einer Wallbox oder Ladestation haben. Sind bauliche Veränderungen nötig und stimmen mehr als zwei Drittel der Miteigentümer*innen zu, müssen alle Miteigentümer*innen sogar gemeinsam die Kosten tragen. Es sei denn, sie sind unverhältnismäßig hoch.
Ob das der Fall ist, hängt von der zweiten Hürde ab: Der Technik. Hier will ein neuer Leitfaden helfen. Er wurde gemeinsam vom Verband der Elektro- und Digitalindustrie ZVEI e.V., dem Verband der Automobilindustrie VDA, dem Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH) und dem Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V. GdW herausgegeben.
Stromnetze an Mietshäusern: Meist veraltet
Das Problem beginnt bereits damit, dass die elektrische Infrastruktur an bestehenden Gebäuden meist veraltet sind. Meist wurde sie laut dem Leitfaden für die Anforderungen von vor 1990 geplant – als Elektromobilität noch kein Thema war. Nun sollen jedoch nicht nur mehrere Haushalte gleichzeitig mit Haushaltsstrom versorgt werden. Hinzu kommen sollen Ladestationen, die mit Leistungen von 3,7 kW bis 11 kW oder gar bis 22 kW laden. Diese hohen Lasten erfordern meist eine Erweiterung des bestehenden Hausanschlusses oder sogar die Installation eines zweiten, separaten Anschlusses mit Lademanagement.
Diverse Fragen sind zu klären, bevor die Entscheidung getroffen werden kann, welche Umbau- oder Ausbaumaßnahmen nötig sind:
- Wo sollen die Wallboxen entstehen (Tiefgarage, Parkplätze)?
- Wieviele Ladepunkte sind nötig?
- Mit welcher Ladeleistung sollen die Wallboxen laden?
- Ist ein Lademanagement geplant oder notwendig?
- Hat der Hausanschluss noch Reserven?
- Wie soll die Abrechnung erfolgen?
Der Leitfaden unterscheidet unterschiedliche Szenarien, deren notwendiger Aufwand stark variiert. Soll der bestehende Hausanschluss genutzt werden und hat er noch Reserven, so bestimmen die, wie viele Ladepunkte mit welcher Leistung errichtet werden können. Höher wird der Aufwand in jedem Fall, wenn ein zweiter Netzanschluss neben dem Hausstrom die Wallboxen bedienen soll. Perspektivisch könnten Wohnungsbaugesellschaften außerdem ihre Anlage für bidirektionales Laden vorbereiten, womit sich sogar neue Geschäftsmodelle erschließen lassen.
Der Leitfaden richtet sich in erster Linie an Vermieter*innen, kann jedoch auch Mietenden als Anleitung und Argumentationshilfe dienen. Sogar Beispielrechnungen sind enthalten. Für eine Wohnanlage mit 10 Stellplätzen in der Tiefgarage, die einen Ladepunkt erhalten soll, ergeben sich demnach Kosten von gut 5300 Euro. Sollen 10 Ladepunkte auf Außenparkplätzen eigerichtet werden, sind es mehr als 66.000 Euro.
Der Leitfaden kann hier als PDF heruntergeladen werden.
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