BGH klärt Vorfahrtsregel: Darauf müssen Autofahrende achten

Wer hat Vorfahrt, wenn aus zwei Fahrspuren eine wird? Nach einem jahrelangen Rechtsstreit hat der Bundesgerichtshof nun ein Urteil gesprochen. Es fordert von Autofahrenden erhöhte Aufmerksamkeit.

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Fahrbahnverengung Verkehrsschild
Das richtige Einfädeln beim Zusammenführen zweier Fahrspuren stellt im fließenden Verkehr oft eine große Herausforderung dar [Bildquelle: McPHOTOs/Picutre-Alliance]

Die Straßenverkehrsordnung (StVO) regelt den Verkehr in Deutschland seit fast 100 Jahren. 1934 trat die erste Fassung in Kraft, die aktuelle gilt immerhin schon seit 2013. Nun hat der Bundesgerichtshof mit einem Urteil für eine Präzisierung gesorgt.

Dabei geht es um die Frage, wer Vorfahrt hat, wenn sich zwei Fahrstreifen einer Straße zu nur einem verbinden. Hintergrund war ein Verkehrsunfall, der sich 2018 in Hamburg ereignete. Bei dem Unfall waren ein Auto und ein Lastwagen gleichauf unterwegs gewesen – das Auto rechts, der LKW links. Hinter einer Ampel wurde die Straße einspurig, auf der Fahrbahn war die Stelle mit dem Zeichen für „beidseitige Fahrbahnverengung“ markiert. Der Laster-Fahrer zog nach rechts, weil er das Auto nicht gesehen hatte. Die Frau am Steuer wiederum war davon ausgegangen, dass sie Vorfahrt habe. Beide Fahrzeuge wurden beschädigt. Der Fall ging vor Gericht, weil die Eigentümerin des Autos den Schaden nicht teilen wollte.

BGH-Urteil: Niemand hat Vorfahrt

Nun präzisiert der BGH in seinem Urteil: „Ein regelhafter Vorrang eines der beiden bisherigen Fahrstreifen besteht nicht.“ Insbesondere habe nicht das Fahrzeug rechts Vorfahrt – stattdessen gelte das „Gebot der wechselseitigen Rücksichtnahme“. Im Klartext: Wenn sich zwei Fahrspuren zu einer verengen, ist erhöhte Aufmerksamkeit gefordert. Niemand hat Vorfahrt. Wer tatsächlich zuerst fahren darf, müssen die Beteiligten situativ entscheiden. Die Entscheidung aus dem März wurde in Karlsruhe veröffentlicht. (Az. VI ZR 47/21)

In der Urteilsbegründung des BGH wurde explizit auf diesen Sonderfall hingewiesen. Anders als bei der „einseitig verengten Fahrbahn“ ende hier nicht ein Fahrstreifen, „sondern beide Fahrstreifen werden in einen Fahrstreifen überführt“. Dies führe „zu einer erhöhten Sorgfalts- und Rücksichtnahmepflicht der auf beiden Fahrstreifen auf die Engstelle zufahrenden Verkehrsteilnehmer“, entschieden die obersten Zivilrichter*innen. Die Fahrer hätten sich also verständigen müssen, wer zuerst fahren darf. „Gelingt die Verständigung nicht, sind sie dazu verpflichtet, im Zweifel jeweils dem anderen den Vortritt zu lassen.“ Wer rechts fährt und wer links, spielt demnach überhaupt keine Rolle. Demnach trafen 2018 in Hamburg sowohl den Lkw-Fahrer als auch die Autofahrerin eine Teilschuld.

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