Carsharing: Darum gibt es so wenige E-Autos
Carsharing kann helfen, die Zahl der Autos in Städten zu reduzieren. Doch bei den meisten Anbietern fährt nicht mal jedes dritte Fahrzeug elektrisch. Die fehlende Lade-Infrastruktur ist nur einer der Gründe.
Am 3. November 2021 endete eine kleine Ära: Weshare, der Carsharing-Anbieter von Volkswagen, verkündete per Pressemitteilung, fortan keine eGolf-Modelle mehr anzubieten. Stattdessen bestehe die 2300 Fahrzeuge umfassende Flotte künftig nur noch aus vollelektrischen ID.3 und ID.4. „Damit haben wir die modernste Carsharing-Flotte der Stadt“, verkündete die VW-Tochter.
Bei allem Respekt: Besonders schwer hatte es Weshare in diesem Wettbewerb nicht. Laut einer dpa-Umfrage hatten Ende Oktober rund 20 Prozent der 5650 Share-Now-Fahrzeuge einen Elektroantrieb. Cambio kommt eigenen Angaben zufolge auf 6 Prozent. Einen alternativen Antrieb haben bei der Bahntochter Flinkster rund 10 Prozent der Autos – davon ein Großteil mit E-Antrieb, wie ein Bahnsprecher mitteilte. In der Carsharing-Flotte von Sixt ist es den Angaben zufolge ein Drittel. Den geringsten Anteil unter den angefragten Unternehmen hat Ford Carsharing mit 0,3 Prozent Fahrzeugen mit Elektro- oder Hybrid-Antrieb. Das Unternehmen Miles ließ die Anfrage nach der Zahl der E-Autos in seiner Flotte unbeantwortet.
E-Carsharing als Beitrag zur Verkehrswende
„Aus unserer Sicht müssen Sharing-Fahrzeuge vor allem klein sein, sie müssen sparsam sein, und sie sollten elektrisch sein“, sagte Mobilitätsexperte Jens Hilgenberg vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND): „Was wir nicht brauchen, sind irgendwelche großen SUV und was wir auch nicht brauchen, ist auf absehbare Zeit der Verbrenner.“ Das sehen auch zuständigen Stellen in deutschen Großstädten so.
So wünscht sich etwa die Hansestadt Hamburg die vollständige Elektrifizierung der Carsharing-Flotten, wie es von einem Sprecher heißt. Nach Einschätzung des Berliner Senats ist ein klimafreundlicher Leihbetrieb nur „mit einer kompletten E-Pkw-Ausstattung“ möglich. Die Stadt München sieht im E-Carsharing „einen Beitrag zur Verkehrswende“. Das klingt vernünftig, aber ist es auch realistisch?
E-Fahrzeuge sind für Anbieter nicht lukrativer als Verbrenner
Nicht zuletzt der Deal von Autovermieter Hertz, der 100.000 Tesla-Fahrzeuge ordern will, illustriert den globalen Trend zur E-Mobilität. „Wenn ein so großer Player auf Elektrifizierung setzt, dann verleiht das dem Thema grundsätzlich Schwung“, sagt Branchenexperte Stefan Bratzel. In Deutschland sind die Anbieter noch nicht so weit – sowohl in puncto Autovermietung, als auch bei den Carsharing-Angeboten.
„Lukrativer ist die Umstellung auf E-Autos nicht“, sagt Bratzel. Pro Kilometer seien sie zwar im Vergleich zum Benziner günstiger. E-Fahrzeuge seien aber in der Anschaffung teurer und wegen des Chipmangels derzeit ohnehin Mangelware. Dazu müsse das Laden irgendwie organisiert werden. „Kurz vor Ende der Miete das Auto noch mal an die Steckdose anschließen, das können sich bestimmt nur die wenigsten Kunden vorstellen. Eine Möglichkeit wäre, eigene Ladesäulen zu schaffen“, so Bratzel.
Laden stellt Anbieter und Kunden vor unlösbare Aufgabe
Denkbar wäre auch, bei öffentlichen Ladesäulen mit zwei Stellplätzen einen Ladeplatz exklusiv für Carsharing-Fahrzeuge zu reservieren. Das fordert nicht nur die Umweltschutzorganisation BUND, sondern auch der Deutsche Städtetag. „Die Städte allein können aber nicht das E-Auto-Ladenetz aufbauen“, so der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy. Betrieb und Unterhaltung der Ladesäulen sollten die Anbieter mittelfristig selbstständig ohne öffentliche Zuschüsse stemmen.
Auf die Frage nach finanzieller Unterstützung für die Ladesäulen reagiert der Bundesverband Carsharing zurückhaltend. In der Tat sei das Laden aber eine große Herausforderung, so ein Sprecher. „An normalen Ladesäulen im öffentlichen Raum dürfen die Fahrzeuge nur während des Ladevorgangs stehen.“ Das sei eine „praktisch unlösbare logistische Aufgabe“ für Anbieter und Kunden. Mit anderen Worten: Die mangelhafte Infrastruktur bremst den Ausbau des E-Carsharing zusätzlich aus. Der einzige Anbieter mit hundertprozentiger Elektrifizierungsquote ist bislang lediglich in zwei Städten vertreten: Hamburg und Berlin.
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