Erstes Flugauto erhält Flugerlaubnis

Ein Auto, das bis zu 1000 Kilometer weit fliegen kann: Mit dem Aircar könnte dem slowakischen Unternehmen Klein Vision ein Meilenstein auf dem Weg zu Flugtaxis gelungen sein. Der erste kommerzielle Einsatz steht schon fest.

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Dennis Merla
Aircar
Das Aircar von "Klein Vision" hat die Erlaubnis zum Abheben. Schon bald soll das Flugauto Passagiere zwischen London und Paris transportieren [Bildquelle: Picture Alliance / abaca]

Mit fliegenden Autos verhält es sich ein bisschen wie mit dem autonomen Fahren. Seit Jahren werden Flugtaxis angekündigt, doch wann sie wirklich kommen, bleibt unklar. Das slowakische Unternehmen Klein Vision hat nun mit dem offiziellen Lufttüchtigkeitszeugnis der slowakischen Flugaufsicht eine wichtige Hürde im Rennen um die Zulassung von Flugtaxis genommen. Das Aircar genannte Hybrid-Fluggerät ist jetzt für den europäischen Luftverkehr freigegeben. Als Straßenfahrzeug ist es schon länger zugelassen.

Der Jungfernflug erfolgte im November 2020. Im Juni 2021 folgte die erste längere Reise. Die Route verlief von Nitra in die 75 Kilometer entfernte slowakische Hauptstadt Bratislava. Für die Flugerlaubnis reichte der halbstündige Flug nicht aus. Maßgabe für die Erteilung der Flugerlaubnis waren die Standards der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA). Demnach absolvierte der Prototyp 70 Flugstunden und 200 Starts und Landungen. 

Aircar: Mit dem Flugauto zur Tanke

Unter der Motorhaube des Aircar sitzt ein 160 PS starker 1,6-l-BMW-Motor, der den Propeller hinter der Passagier-Kapsel antreibt. Im Flugbetrieb kommt das Aircar damit auf bis zu 190 km/h. Statt Kerosin tankt das Aircar handelsübliches Benzin von der Tankstelle. Laut Klein Vision entspricht der Kraftstoffverbrauch dem eines „normalen Autos“. Eine Tankladung reicht für rund 1.000 Kilometer. Maximal zwei Personen finden im Innenraum Platz. Fliegen dürfen das Aircar nur ausgebildete Piloten mit Lizenz. Viel Gepäck dürfen die beiden allerdings nicht dabeihaben, denn das Fahrzeug erlaubt nur 200 Kilogramm Zuladung. Laut Klein Vision arbeite man für einen späteren Flugtaxi-Betrieb bereits an einer viersitzigen Version. Die erste kommerzielle Einsatz soll auf der Flugstrecke zwischen London und Paris stattfinden.

Anders als die Konzepte von etwa Volocopter oder Lilium, ist das Aircar kein Senkrechtstarter. Es braucht eine etwa 300 Meter lange Start- bzw. Landebahn. Die muss nicht zwingend asphaltiert sein. Das Aircar kann auch auf einer ebenen Grasfläche starten und landen. Ist das Flugauto am Boden angekommen, wird in den „Car-Modus“ geschaltet. Per Knopfdruck klappen die Tragflächen zunächst gen Himmel und versenken sich dann in Richtung Heck in der Fahrzeugkarosserie. 2 Minuten und 15 Sekunden dauert dieser Vorgang. Im Auto-Modus fährt das Aircar maximal 160 Kilometer pro Stunde schnell.

Gefährliche Anfänge

„Die Zertifizierung öffnet die Tür für die Massenproduktion“, sagt Erfinder Dr. Stefan Klein. Er ist der Gründer und CEO von Klein Vision und arbeitet seit mehr als 30 Jahren an der Umsetzung seines Traums vom fliegenden Auto. Die Versuche mit den vorangegangenen vier Prototypen verliefen dabei nicht immer planmäßig. 2015 kostete das damals noch „Aeromobil 3.0“ genannte Flugauto Klein fast das Leben. Auf einem Testflug über dem Flughafen Nitra geriet die Maschine ins Trudeln und stürzte ab. Klein konnte sich aus 300 Metern Höhe mit dem Fallschirm retten. „Das alles war wahnsinnig hilfreich. Immerhin konnte ich so zum ersten Mal in der Praxis überprüfen, wie sicher der Fallschirm das Flugauto zur Erde bringt“, sagte Klein damals. Das neue Aircar ist ebenfalls mit einem ballistischen Fallschirm ausgestattet, der das Hybrid-Fahrzeug im Notfall sicher zu Boden bringen soll.

 

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