Hyundai Ioniq 5 im Test: Schneller laden
Selten hat ein Hyundai die Fantasie so beflügelt wie der elektrische Ioniq 5. Im Test von Mobility.Talk zeigt das Topmodell mit 225 kW und Allradantrieb, ob es im echten Leben liefern kann.
Es ist noch etwas zu früh, das Ende der Reichweitenangst auszurufen. Doch der Blick auf das E-Auto wandelt sich. Die Reichweiten von Elektroautos steigen, 400 Kilometer und mehr sind keine Ausnahme mehr. Das rückt die Ladeleistung in den Fokus. Sie ist ein Grund, warum der Ioniq 5 viel Aufmerksamkeit genießt – für einen Hyundai. Er lädt als bislang einziges Elektroauto im Volumenmarkt mit 800-Volt-Technik. Damit soll der Akku in nur 18 Minuten von 10 auf 80 Prozent laden, die Reichweite liegt bei mehr als 400 Kilometer. Verlieren lange Strecken also ihren Schrecken? Wir fahren den Ioniq 5 im Test von Mobility.Talk.
Pro
Das gefällt uns am Ioniq 5
- Komfortables Fahrverhalten
- Kräftige Motoren
- Sparsam in der Stadt
- Passable Reichweite
- Gemütliches Ambiente
Kontra
Das gefällt uns weniger am Ioniq 5
- Unzureichendes Navi
- Zu hoher Verbrauch auf der Autobahn
- Keine Akku-Vorkonditionierung
Hyundai Ioniq 5 Preis: Günstig, nicht billig
Ein echtes Schnäppchen ist dieses Elektroauto nicht. Der Preis für die Basisversion des Ioniq 5 liegt bei 41.900 Euro. Dafür gibt es einen 58-kWh-Akku, Heckantrieb und 125 kW (170 PS). Die Normreichweite liegt bei 384 Kilometern. Mehr Langstreckentauglichkeit kostet mehr Geld: 3.200 Euro werden für den Akku mit 72,6 kWh und 160 kW (217 PS) fällig. Der Ioniq 5 im Test kostet sogar 7.000 Euro mehr. Zum großen Akku kommt ein zweiter Elektromotor für Allradantrieb. Die Leistung steigt auf 225 kW (305 PS).
Dazu gibt es drei weitere Ausstattungsvarianten, die diverse Extras kombinieren und für alle Modelle verfügbar sind. Das Dynamiq-Paket etwa kostet 5.000 Euro Aufpreis, bringt diverse Assistenzsysteme mit und unter anderem ein Batterieheizsystem. Das hilft, die theoretischen hohen Ladeleistungen in der Praxis zu erreichen. Das Techniq-Paket beinhaltet für 8.500 Euro das Dynamiq-Paket, neben einigen Komfort-Extras gehören LED-Matrix-Scheinwerfer zum Umfang. Für insgesamt 11.850 Euro Aufpreis gibt es das Uniq-Paket und einen fast vollausgestatteten Ioniq 5.
Ioniq 5 Preise im Überblick
Modell | Preis |
58 kWh, 125 kW, Heckantrieb | ab 41.900 Euro |
58 kWh, 173 kW, Allradantrieb | ab 45.700 Euro |
72,6 kWh, 160 kW, Heckantrieb | ab 45.100 Euro |
72,6 kWh, 225 kW, Allradantrieb | ab 48.900 Euro |
Im Vergleich zu anderen E-Autos kostet der Ioniq 5 damit nicht besonders viel. Ein VW ID.4 mit 125 kW Leistung und 52 kWh-Akku (Reichweite: max. 346 km) ist etwas günstiger, dabei jedoch schlechter ausgestattet. Das Topmodell VW ID.4 GTX mit Allradantrieb, 77 kWh großem Akku und 220 kW (299 PS) kostet mehr als 50.000 Euro.
Unterwegs im Ioniq 5: Reichweite und Laden
Unser Hyundai Ioniq 5 im Test rollt als Topmodell mit großer Batterie, Allradantrieb, 225 kW und Uniq-Paket auf den Redaktionshof. Inklusive Solardach, 20-Zoll-Felgen, Sonderlack und Relax-Paket landet der Preis bei fast 65.000 Euro. Von den maximal 481 Kilometern Reichweite des Modells mit Heckantrieb und 19-Zöllern bleiben noch 430 Kilometer laut Norm. Ein Wert, den wir in der Praxis nur im Pendelverkehr und in der Stadt erreichen.
Dort fährt der Ioniq 5 trotz seiner erheblichen Größe und fast 2,2 Tonnen Gewicht überraschend sparsam. Weniger als 16 kWh/100 km sind im Stadtverkehr locker drin (ca. 450 Kilometer Reichweite), auf ruhiger Pendelfahrt sinkt der Verbrauch auf weniger als 14 kWh (ca. 530 Kilometer).
Stromzähler
Auf der Autobahn zeigt sich dann doch, dass der gut 1,60 m hohe und ohne Spiegel 1,89 m breite Hyundai Ioniq 5 dem Wind zu viel Widerstand entgegensetzt. Bei etwa 130 km/h steigt der Verbrauch auf rund 25 kWh. Selbst bei etwas mehr Zurückhaltung sollte man spätestens nach 300 Kilometern einen Ladestopp einplanen – und etwas mehr Zeit mitbringen als 18 Minuten.
Denn der Akku braucht optimale Bedingungen, um die maximale Ladeleistung von 220 kW auszunutzen. Dann hält er das Tempo bis fast 50 Prozent und lädt bis über 80 Prozent noch immer mit deutlich mehr als 100 kW. Im Test allerdings ließ der Ioniq sich meist mehr Zeit. Das Problem: Zwar bietet Hyundai ein Heizsystem für den Akku an, die Software erlaubt jedoch keine Vorkonditionierung. Wer mit zu kaltem (oder zu heißem) Akku an die Säule rollt, wird folglich kaum die 220 kW Ladeleistung erleben. Trotzdem: Insgesamt lädt der Ioniq 5 im Test mit passabler Ladegeschwindigkeit. Die Pause wird also nicht zur Geduldsprobe.
Update, 15.02.2022: Bereits mit dem Modelljahr 2023 legt Hyundai beim Ioniq 5 in diesem Bereich nach. Bei neuen Modellen lässt sich der Akku nun vorkonditionieren. Dazu muss man lediglich einen Ladestopp ins integrierte Navigationssystem eingeben. Die Batterie wird dann so vorgeheizt, dass sie gut temperiert an der Ladesäule ankommt. Außerdem wird zum neuen Modelljahr die Batteriekapazität erhöht. Statt 72,6 kWh fasst sie nun 77,4 kWh Energie. Welchen Einfluss das auf die Ioniq-5-Reichweite hat, verrät der Hersteller noch nicht, ein paar Kilometer zusätzlich dürften jedenfalls herausspringen.
Navi mit Schwächen bei der Routenplanung
Leider macht Hyundai es einem bei der Planung der Ladestopps recht schwer. Das Navigationssystem im Ioniq 5 weiß zwar, ob der Akkustand für die eingegeben Route ausreicht und fordert auf, einen Ladestopp einzugeben. Doch setzen muss man ihn selbst. Und in die Berechnung der Ankunftszeit fließt der Ladestopp nicht ein. Eine dynamische Ladeplanung, die gewünschte Ladestände der Batterie bei Zwischenstopps und am Ziel berücksichtigt, die Fahrtzeit optimiert und zuverlässig die Ankunftszeit prognostiziert, fehlt. Tesla kann das besser, Mercedes richtig gut. Hyundai sollte zügig nachlegen und ein Update anbieten.
Ansonsten gefällt das Infotainment. Der Funktionsumfang ist groß und die Bedienung überwiegend gut durchschaubar. Dazu gibt es reichlich Konnektivität (Android Auto, Apple Carplay), eine umfangreiche App mit Strecken- und Verbrauchsstatistik und große, gut auflösende Displays (je 12,25 Zoll für Fahrdaten und Infotainment). Dass man auf dem externen Klimabedienteil auf „Warmer“ tippen muss, um Sitz- und Lenkradheizung zu aktivieren, bemerkten wir allerdings erst spät. Außerdem verzichtet Hyundai auf eine echte Home-Taste und bietet nur eine kleine Schaltfläche an. Das nervt etwas, zumal der Bildschirm eine Spur zu weit vom Fahrenden entfernt ist, um ihn wirklich entspannt erreichen zu können.
Ioniq 5 im Test: Platz zum Wohlfühlen
Ansonsten hält man sich gerne auf im Ioniq 5. Das E-Auto bietet Dank der Ausstattungsvariante Uniq und dem Relax-Paket als Extra reichlich Schönes, Nützliches und Hilfreiches. Materialien und Oberflächen wirken wertig und gut verarbeitet. Die Relax-Sitze bringen sogar elektrisch ausfahrbare Beinauflagen mit und lassen sich weit neigen. Für kleine Nickerchen, während die Batterie sich an der Säule füllt. Außerdem lässt sich die Rückbank elektrisch verschieben, wahlweise für mehr Platz im Kofferraum oder für die Passagiere. Raum genug gibt es ohnehin: Auf 4,64 Metern Länge passen 527 bis 1.587 Liter in den Kofferraum. Unter der Fronthaube gibt es ein zusätzliches Fach, das beim Allradmodell 24 Liter fasst, sonst sogar 57 Liter.
Passagiere auf der Rückbank sitzen mit viel Freiraum an Kopf und Knien. Vorne gerät das Raumgefühl ebenfalls luftig. Hyundai baut den Innenraum nicht zu, sondern lässt zwischen den Sitzen Platz. Etwa für die verschiebbare Mittelkonsole mit viel Platz für Kleinkram. Kleines Gimmick: Gegen Aufpreis bietet Hyundai einen Adapter für die Ladebuchse, über den sich externe Elektrogeräte am E-Auto betreiben oder andere Elektroautos mit 3,7 kW laden lassen („V2L“, Vehicel to Load).
Assistenzsysteme sind im Ioniq 5 ebenfalls reichlich vorhanden. Wobei nicht alle Funktionen optimal umgesetzt sind. So hält der Ioniq 5 im Test zwar ordentlich die Spur, ohne zu nerven. Die automatische Anpassung der Geschwindigkeit funktioniert jedoch nicht vorausschauend. Dadurch rauscht man mit Überschuss in die Begrenzung. Im schlimmsten Fall, bis es blitzt. Schön: Das große Head-up-Display. Das blendet Abbiegehinweise sogar so in die Frontscheibe ein, dass sie dort erscheinen, wo man lang fahren soll (Augmented Reality).
Komfortables Fahrwerk, kräftige Motoren
Beim Fahrkomfort macht Hyundai mit dem Ioniq 5 nichts falsch. Das Fahrwerk stimmen die Ingenieure komfortabel ab. Dabei geben sie ihm genug Kontrolle für flotte Kurven mit. Über Holperasphalt, Kanten oder durch Schlaglöcher federt der Ioniq 5 sanft und feinfühlig. Er rollt leise ab und bewegt sich auch sonst angenehm ruhig. Größter Störfaktor war im Test der hintere Sicherheitsgurt, der an der Verschalung der C-Säule klapperte. Leider lässt er sich nirgendwo einhaken.
Vortrieb gibt es im von uns getesteten Ioniq 5 naturgemäß mehr als nötig. 225 kW und 605 Newtonmeter Drehmoment lassen den Ioniq 5 auf Wunsch spontan nach vorne schnellen. Wie bei Elektroautos üblich, steht die Kraft ansatzlos zur Verfügung. Vor allem im Sport-Modus. Doch weniger würde es auch tun. Deutlich weniger. Im Test blieb der Fahrmodus-Schalter meist auf Eco, um auf Kosten der Spontaneität die Reichweite zu optimieren. Wer sich für den Ioniq 5 mit Heckantrieb und 160 kW entscheidet, spart Geld, wird nichts vermissen und kommt in den Genuss von ein paar zusätzlichen Kilometern Reichweite. Gegen den letzten, kleinen Rest von Reichweitenangst.
Fazit:
Er fährt komfortabel, angenehm ruhig, bietet reichlich Platz, ein modernes, gemütliches Ambiente und der Preis geht in Ordnung. Trotzdem kann der Ioniq 5 im Test nicht ganz die hohen Erwartungen erfüllen. Er lädt nicht so flott wie erhofft und zeigt sich auf der Langstrecke zu ineffizient. Außerdem patzt er bei der Routenplanung. Immerhin: Das meiste davon lässt sich durch Updates ausmerzen. Bei der fehlenden Vorkonditionierung des Akkus hat Hyundai sogar bereits nachgebessert. Zumindest neue Modelle sollten also in der Praxis schneller laden. Jetzt wünschen wir uns nur noch ein Update für bereits ausgelieferte Modelle.
Heiko | @MobilityTalk
Technische Daten – Ioniq 5 Uniq (72,6 kWh, Allradantrieb)
Reichweite (WLTP) | 430 km (20-Zoll-Felgen) |
Reichweite (Test) | 456 km (Stadt), 533 km (Pendelfahrt), 290 km (Autobahn) |
CO2-Ausstoß (mit deutschem Strommix, ohne Ladeverluste) | 58,2 g/km (Stadt), 49,8 g/km (Pendelfahrt), 91,5 g/km (Autobahn) |
Ladedauer DC | 18 Minuten (10-80 %) |
Ladeleistung DC | 220 kW |
Ladedauer AC | ca. 6:10 Stunden (10-100 %) |
Ladeleistung AC | 11 kW |
Kofferraum | 527-1.587 l (hinten), 24 l (vorne) |
Länge | 4.535 mm |
Breite | 1.890 mm |
Höhe | 1.605 mm |
Radstand | 3.000 mm |
Gewicht | 2.095-2.175 kg |
Zuladung | 445-365 kg |
Akkukapazität | 72,6 kWh (netto) |
0-100 km/h | 5,2 s |
Geschwindigkeit | 185 km/h |
Antrieb | Elektrisch, Allrad (zwei Motoren) |
Verbrauch (WLTP) | 19 kWh/100 km |
Verbrauch (Test) | 15,9 kWh/100 km (Stadt), 13,6 km/100 km (Pendelfahrt), 25,0 kWh/100 km (Autobahn) |
Leistung | 225 kW (305 PS) |
Drehmoment | 605 Newtonmeter |
Preis Basismodell | 41.900 Euro |
Preis des Testwagens | 64.480 Euro |
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