Skoda Enyaq im Test: Elektro-SUV in Sommer und Winter
Skodas wichtigster Trick funktioniert so: Der Hersteller baut seine Autos eine Idee größer, als er müsste. Das gibt einen praktischen Vorteil. Denn im Zweifel passt der letzte Koffer eher in den Skoda als in ein anderes Auto. Beispiel Enyaq: Das rein elektrische Kompakt-SUV lädt mit 585 Litern Volumen etwas mehr ein als die Konkurrenz von Audi (Q4: 520 Liter) und VW (ID.4: 543 Liter). Obwohl die drei Modelle technisch nahezu identisch sind, gibt es funktionale Unterschiede – unter anderem im Kofferraum.
Pro
Das gefällt uns am Skoda Enyaq
- Platzangebot im Fond
- Kofferraumvolumen
- Langstreckentauglichkeit
- Hilfreiche Lösungen
Kontra
Das gefällt uns weniger am Skoda Enyaq
- Stromverbrauch im Winter
- Komfort bei langsamem Tempo
- Rechenleistung Infotainment
Neben Größe und Platz geht Skoda auch bei Preis und Aussehen eigene Wege. Eins dieser Kriterien lässt sich messen: Der Enyaq kostet etwas weniger als die anderen Elektro-SUVs aus dem VW-Konzern. Dazu später mehr. Für die andere gibt es einen Bericht von „Business Insider“. Demnach sind bei VW die Mitarbeiter sauer, dass Skoda das schönere Auto baut.
Die Kunden scheinen zuzustimmen, denn die Lieferzeit für den Enyaq beträgt derzeit zehn bis dreizehn Monate. Hat der Enyaq diese Lorbeeren verdient? Wo liegt er Reichweite, Ladeleistung, Fahrkomfort und Platzangebot? Wann lädt er endlich mit 170 kW? Bietet er einen finanziellen Vorteil zu einem vergleichbaren Verbrenner? Das klärt der ausführliche Test des Skoda Enyaq iV.
Platzangebot und Innenraum des Skoda Enyaq iV (2021)
Skoda platziert den Enyaq unterhalb des großen Verbrenner-SUVs Kodiaq. Auf knapp 4,65 Metern Länge und einem Radstand von 2,77 Metern bietet das Elektroauto Platz für fünf Personen. Angenehm: Die Beinfreiheit im Fond qualifiziert ihn für lange Strecken mit vier erwachsenen Passagieren. Eine fünfte Person hat ebenfalls genug Platz für die Füße, weil der Stromer ohne Mitteltunnel auskommt. Nur an den Schultern wird es mit voller Besatzung eng.
Eine dritte Sitzreihe bietet Skoda nicht an, denn unter dem Kofferraumboden baut der Hersteller einen Heckmotor ein. Der nimmt zu viel Platz ein, um sieben Personen zu beherbergen. Mit einem angegebenen Volumen von 585 bis 1.710 Litern Ladevolumen lädt der Enyaq zudem deutlich weniger ein als der Kodiaq (832 bis 2.065 Liter). Er erreicht aber immerhin das Niveau eines Skoda Octavia Combi (640 bis 1.700 Liter).
Schön: Der Enyaq bringt feine Details mit, die den Alltag erleichtern. Dazu gehören ein Parktickethalter an der Frontscheibe, ein Eiskratzerhalter in der Heckklappe, ein Regenschirm in der Verkleidung der Fahrertür und praktische Haken im Kofferraum, die Einkaufstüten festhalten. Schade: Ein vorderer Kofferraum (Frunk) ist nicht vorgesehen – selbst dann nicht, wenn sich unter der Fronthaube kein Motor befindet. Diesen Platz verschenkt Skoda.
Skoda Enyaq iV 80 und Enyaq iV 80X: Reichweite, Akku, Langstrecke
Der Enyaq rollt in zwei Varianten zum Test in die mobility.talk Redaktion: Wir testen den Enyaq iV 80 mit 150 kW (204 PS) und Heckmotor bei warmen Temperaturen. Der Enyaq iV 80X mit 195 kW (265 PS) und Allradantrieb (Front- und Heckmotor) tritt zur Gegenprobe im Winter an. Beide Testwagen verfügen über den großen Akku mit einer Netto-Kapazität von 77 kWh. Theoretisch ist das genug für 529 (Heckantrieb) bzw. 510 Kilometer (Allrad).
Praktisch überbietet der Skoda seine angegebene Reichweite sogar. Im Test pendelt der Enyaq iV 80 bei warmem Wetter mit einem Durchschnittsverbrauch von 14,2 kWh pro 100 Kilometer ins Berliner Umland. Hochgerechnet ergibt das eine maximale Reichweite von etwa 540 Kilometern. Im Stadtverkehr bleiben noch gut 470 Kilometer Reichweite. Auf der Autobahn steigt der Verbrauch auf etwa 25 kWh pro 100 Kilometer. Macht gut 300 Kilometer bis zum ersten Ladestopp. Insgesamt ist der Enyaq also nicht der Sparsamste. Sein Stromverbrauch ist in diesem Segment Durchschnitt.
Sinken die Außentemperaturen, muss das Auto den Innenraum und den Akku heizen. Das kostet Energie. Das Allradmodell, eigentlich kaum verbrauchsstärker als der Hecktriebler, pendelt bei Temperaturen um den Gefrierpunkt mit 22,3 kWh pro 100 Kilometer – ein Aufschlag von gut 50 Prozent! Auf der Autobahn steigt der Verbrauch auf durchschnittliche 30,3 kWh. Der erste Ladestopp empfiehlt sich schon nach etwa 230 Kilometern. Kein spezielles Problem des Enyaq, sondern eine ungelöste Aufgabe in der Elektromobilität: Heizen ist ineffizient, aber notwendig. Manche Elektroautos können das trotzdem besser als andere.
An Schnellladesäulen lädt der Enyaq, je nach Ausstattung, derzeit mit 100 oder 125 kW. Beide Testwagen sind mit dem schnellsten Ladegerät ausgerüstet. Sie halten die maximale Ladeleistung bis zu einem Ladestand von ungefähr einem Drittel, danach fällt sie spürbar ab. Der Enyaq mit großem Akku lädt in etwa 35 Minuten von 10 auf 80 Prozent.
Künftig 170 kW Ladeleistung im Skoda Enyaq
Langfristig wird sich diese Zeit verkürzen, denn die Technik im Enyaq kann mehr. Aktuell begrenzt eine Software die Ladeleistung auf höchstens 125 kW. VW hat bereits einen neuen Softwarestand (3.0) angekündigt, der mehr Power am Kabel zulässt. In einer Pressemeldung vom 25. Februar 2022 bestätigt Skoda, dass auch der Enyaq diesen Datenstand erhält. Die offiziellen Zahlen: Fahrzeuge, die bisher mit 100 kW laden, laden künftig mit 120 kW. Modelle mit dem 125-kW-Schnelllader schaffen nach dem Update 135 kW Ladeleistung.
Der VW-Konzern nennt sicherheitshalber konservative Zahlen, denn jedes Auto im Markt soll die genannten Werte erreichen können. Tatsächlich laden die Fahrzeuge bei günstigen Umständen schneller als angegeben. Interne Quellen berichten, dass Entwicklungsautos mit dem neuen Softwarestand auf 170 kW Ladeleistung kommen. Manche sind sogar noch schneller. Der genaue Wert hängt von vielen Faktoren ab, unter anderem vom Hersteller der Zellen.
Die Software 3.0 ist bei Enyaq-Neufahrzeugen künftig ab Werk aufgespielt. Bestandsfahrzeuge erhalten sie per Over-the-Air-Update. Skoda will die Updates in der zweiten Jahreshälfte 2022 an die Autos schicken. Enyaq-Besitzer werden künftig also mit 170 kW laden können. Ebenfalls Teil des Updates: Ein verbessertes Thermomanagement, das die Reichweite vergrößern soll, und ein spezieller Lademodus, der den Akku schont.
Fahrwerk, Lenkung und Federung des Skoda Enyaq (2021)
Eine höhere Ladeleistung täte ihm gut, denn der Enyaq fühlt sich auf der Langstrecke wohl. Bei zügigem Tempo kaschiert er sein Gewicht. Sein Fahrwerk fängt Querfugen und Schlaglöcher sanft ein, im Innenraum bleibt es leise. Dabei erreicht er nicht die Stille von Audi Q4 oder VW ID.4, aber dennoch einen soliden Geräuschkomfort.
Bei langsamer Fahrt erlaubt sich Skoda Patzer in der Abstimmung. In der Stadt federt der Enyaq hölzern und unharmonisch. Kanten und Schlaglöcher gibt er recht deutlich in den Innenraum durch. Das kann man als sportlich abtun. Letztendlich passt es nicht zum Charakter des Autos, zumal es VW und Audi im gleichen Chassis besser können.
Skoda Enyaq iV 80 und Enyaq iV 80X: Fahrleistungen, Antriebe, Motoren
Auch wenn sich der Enyaq nicht nach Sport anfühlt: Beide Testwagen bewegen sich zügig. Im Enyaq iV 80 steckt ein Heckmotor (150 kW/204 PS), der ausschließlich die Hinterachse antreibt. Sein Drehmoment von 310 Newtonmeter steht spontan zur Verfügung, was dem Auto eine gewisse Dynamik verleiht. Angesichts eines Gewichts von zwei Tonnen (oder mehr) kommt dies aber gedrosselt auf der Straße an. Das Höchsttempo begrenzt Skoda aus Effizienzgründen bei 160 km/h.
Im Enyaq iV 80X baut Skoda einen zusätzlichen Motor unter die Fronthaube. Beide zusammen leisten 195 kW (265 PS) und bis zu 425 Newtonmeter Drehmoment. Damit geht es im großen SUV spürbar flinker vorwärts: Der Allrad-Enyaq sprintet in 6,9 Sekunden auf Tempo 100, fast zwei Sekunden schneller. Einen handfesten Vorteil hat die Kombination nur in bergigen Regionen mit mäßigem Winterdienst. Die Traktionskontrolle arbeitet im Test hervorragend.
Skoda Enyaq iV: Assistenz, Infotainment, Connectivity
Das gilt auch für die übrige Assistenz. Der Enyaq hält (optional) Tempo, Abstand und Spur. Dass ihm im Wintertest das Wetter die Sensorik blockiert? Geschenkt, das passiert in allen Preisklassen. Allerdings fehlen seitliche Parksensoren. Dies hat zur Folge, dass es keine Einparkautomatik gibt.
Im Innenraum reduziert Skoda das Tacho-Display auf ein Minimum. Reichweite, Tempo, Assistenz und Routenführung sind darauf zu sehen, aber kein Bordcomputer. Das optionale Head-up-Display mit Augmented-Reality-Funktion bietet sich deshalb an: Es projiziert die Navi-Hinweise gefühlt auf die Straße, wenn auch etwas dunkel. Eine hübsche Spielerei, die gern toleranter gegenüber der Augenposition des Fahrenden sein dürfte.
Die meisten Funktionen im Enyaq steuert ein großes Touch-Display auf dem Armaturenbrett. Gut: Skoda gönnt dem Enyaq eine Reihe haptischer Tasten, die in die wichtigsten Menüs abkürzen. Zudem stützt angenehmes Material die Hand bei der Bedienung. Schade: Der Lautstärkeregler wandert in eine überflüssige Touch-Leiste. Sie bietet gegenüber einem Drehrad keinen funktionalen Vorteil. Außerdem fehlt ihr die Beleuchtung, nachts ist sie nicht zu sehen.
Für den Modellwechsel wünschen wir uns mehr Rechenpower im Infotainmentsystem, zum Teil ruckelt es unangenehm. Mehr Intelligenz bei der Routenplanung wäre ebenfalls schön, vor allem in Bezug auf die Ladestopps. Hier ist Besserung in Sicht: Die angesprochene Software 3.0 bringt Navi-Intelligenz mit.
Das kostet der Skoda Enyaq iV
Der Skoda Enyaq kostet mindestens 34.600 Euro. Dafür gibt es das Basismodell (Enyaq iV 50) mit kleinem Akku (51 kWh), 109 kW (148 PS) Motorleistung und 100 kW Ladeleistung. Die Basis eignet sich problemlos als Auto für Stadt und Umland. Für lange Autobahnetappen sollte es ein großer Akku sein. Den gibt es in den getesteten Varianten mit der Kennziffer 80.
Die kosten 44.750 Euro (Enyaq iV 80) bzw. 47.000 Euro (Enyaq iV 80X). Mit der gehobenen Testwagen-Ausstattung werden daraus rund 60.000 Euro. Die gute Nachricht: In diesem Preisbereich qualifiziert sich der Enyaq noch für die 0,25-Prozent-Versteuerung als Dienstwagen – ein wichtiger Grund für seinen Erfolg.
Ein Blick zur konzerninternen Konkurrenz kann sich je nach gewünschten Extras lohnen. Der VW ID.4 Pro Performance, vergleichbar mit dem Enyaq iV 80, kostet knapp 200 Euro mehr. Bei der Ausstattung setzt er andere Schwerpunkte: Er bringt serienmäßig ein Navi mit, Rückfahrkamera und beheiztes Lenkrad kosten extra. Ein Q4 mit 150 kW und Heckantrieb startet bei 47.500 Euro.
Ökologischer Fußabdruck des Skoda Enyaq
Elektroautos fahren lokal emissionsfrei, müssen aber gebaut und mit Strom versorgt werden. Wie sieht die Bilanz beim Enyaq aus? Der Hersteller sagt, er liefere das Auto bilanziell CO2-neutral aus. Das bedeutet: In der Lieferkette entstehen an vielen Stellen keine CO2-Emissionen. Wo sie sich nicht vermeiden lassen, kompensiert Skoda. In der Ausstattungsvariante Lodge bestehen die Bezüge aus einer Mischung aus Schurwolle und recycelten PET-Flaschen.
Wer den Enyaq mit Ökostrom lädt, kann also ein gutes CO2-Gewissen haben. Im üblichen deutschen Strommix (Stand: 2020, 366 g/kWh, Quelle: Statista) stößt der Enyaq bei einem Durchschnittsverbrauch von 18,5 kWh pro 100 Kilometer statistisch gesehen 66,6 Gramm CO2 pro Kilometer aus. Das entspricht dem CO2-Ausstoß bei einem Verbrauch von 2,5 Litern Diesel pro 100 Kilometer.
Fazit:
Skoda baut ein großes, solides, rein elektrisches Familienauto mit hübschen Lösungen und viel Platz. Abzüge gibt es für Fahrkomfort in der Stadt und Mehrverbrauch im Winter. Dafür ist der Enyaq absolut alltagstauglich. Viele seiner Schwächen kann ein Software-Update lösen. Das will Skoda bald liefern.
Constantin | @MobilityTalk
Stromzähler
Technische Daten – Skoda Enyaq
Modell | Skoda Enyaq iV 80 | Skoda Enyaq iV 80X |
Reichweite (WLTP) | 529 km | 510 km |
Reichweite (Test) | 542 km (Pendelfahrt), 308 km (Autobahn) (Sommer) | 345 km (Pendelfahrt), 254 km (Autobahn) (Winter) |
CO2-Ausstoß (mit deutschem Strommix, ohne Ladeverluste) | 52 g/km (Pendelfahrt), 91 g/km (Autobahn) (Sommer) | 82 g/km (Pendelfahrt), 111 g/km (Autobahn) (Winter) |
Ladedauer DC | 35 Minuten (10-80 Prozent) | 35 Minuten (10-80 Prozent) |
Ladeleistung DC | 125 kW | 125 kW |
Ladedauer AC | ca. 8 Stunden | ca. 8 Stunden |
Ladeleistung AC | 11 kW | 11 kW |
Kofferraum | 585 – 1.710 l | 585 – 1.710 l |
Länge | 4.649 mm | 4.649 mm |
Breite | 1.879 mm | 1.879 mm |
Höhe | 1.604 mm | 1.604 mm |
Radstand | 2.765 mm | 2.765 mm |
Gewicht | 2.107 kg | 2.193 kg |
Zuladung | 416 – 575 kg | 446 – 630 kg |
Akkukapazität | 82 kWh (brutto); 77 kWh (netto) | 82 kWh (brutto); 77 kWh (netto) |
0-100 km/h | 8,7 s | 6,9 s |
Geschwindigkeit | 160 km/h | 160 km/h |
Leistung | 150 kW (204 PS) | 195 kW (265 PS) |
Drehmoment | 310 Nm | 425 Nm |
Antrieb | Elektrisch, Hecka (ein Motor) | Elektrisch, Allrad (zwei Motoren) |
Verbrauch (Norm) | 13,6 kWh/100 km | 11,7 kWh/100 km |
Verbrauch (Test) | 14,2 kWh/100 km (Pendelfahrt), 25,0 kWh/100 km (Autobahn) (Sommer) | 22,3 kWh/100 km (Pendelfahrt), 30,3 kWh/100 km (Autobahn) (Winter) |
Basispreis | 45.390 Euro | 47.000 Euro |
Testwagenpreis | 57.500 Euro | 64.149 Euro |
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