So groß ist die Umweltbelastung von Europas Schifffahrt
Die Schifffahrt ist für ein Fünftel der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Der Verband Deutscher Reeder zeigt sich dennoch zufrieden. Ein Bericht zeigt konkrete Zahlen.
Die meisten Arten der Mobilität belasten die Umwelt mit Treibhausgasen. Zum ersten Mal zeigt nun eine Studie, welchen Anteil daran der Seeverkehr in Europa hat. Die Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA) und die Europäische Umweltagentur (EEA) stellen am Mittwoch in Lissabon ihre Ergebnisse vor. Die Agenturen untersuchten die Faktoren Luftemissionen, Luftverschmutzungen, Ölleckagen, das Ablassen von Abwasser, Plastik, Unterwasserlärm und der Transport lebender Organismen in andere Gewässer.
Innerhalb der EU waren dem Bericht zufolge im Jahr 2018 Schiffe für 13,5 Prozent aller verkehrsbedingter Treibhausgasemissionen verantwortlich. Der Straßenverkehr war mit 71 Prozent der größte Verursacher, der Luftverkehr stand für 14,4 Prozent der Emissionen. Alle Verkehrsträger müssten nachhaltiger, intelligenter und widerstandsfähiger werden, sagte Adina Vălean, EU-Kommissarin für Verkehr. Das schließe auch die Schifffahrt mit ein.
Umwelt-Fußabdruck "relativ klein"
Schiffe spielen als Transportmittel zwischen den EU-Ländern eine große Rolle für den Personen- und Güterverkehr. Gemessen am Wert verlaufen 77 Prozent des europäischen Außenhandels und 35 Prozent des gesamten Handels zwischen EU-Mitgliedstaaten auf dem Seeweg. Künftig werden diese Zahlen steigen, schätzen die Experten. „Der Seeverkehr der EU steht vor einem entscheidenden Jahrzehnt für den Übergang zu einem wirtschaftlich, sozial und ökologisch nachhaltigeren Sektor“, beschreibt der Bericht.
Der Verband Deutscher Reeder (VDR) kommentiert, die Schifffahrt habe „in den vergangenen Jahrzehnten bereits viel getan, um noch umweltfreundlicher zu werden – und wird in Zukunft noch mehr tun, insbesondere auch beim Klimaschutz.“ Ein Sprecher sagte am Mittwoch außerdem: „Dafür, dass Schiffe 90 Prozent aller Waren weltweit und drei Viertel des europäischen Außenhandels transportieren, ist ihr Umwelt-Fußabdruck, wie der Bericht zeigt, im Vergleich klein.“
Verbesserungsbedarf bei der Umweltbilanz des Seeverkehrs
Die Schifffahrtindustrie wird schnellstmöglich auf fossile Brennstoffe wie Kerosin, Schiffsdiesel und Flüssiggas verzichten müssen, um die absehbar verschärften Klimaziele der EU zu erreichen. Das Problem dabei: Containerschiffe können, anders als Autos, keine langen Strecken mit Batteriekraft bewältigen. Sie benötigen klimaneutrale Flüssigtreibstoffe. Die sind derzeit nicht in großem Maßstab marktreif oder verfügbar.
Insgesamt verursachten Schiffe, die im Jahr 2018 in Häfen der EU und des Europäischen Wirtschaftsraums anlegten, rund 140 Millionen Tonnen CO2-Emissionen. Das entspricht etwa 18 Prozent aller CO2-Emissionen, die in diesem Jahr weltweit durch den Seeverkehr verursacht wurden. Hinzu kommen 16 Prozent der weltweit durch die Schifffahrt ausgestoßenen Schwefelemissionen.
Wasserstoff als Lösung für Schifffahrt
„Obwohl der Seeverkehr in den letzten Jahren seine Umweltbilanz verbessert hat, steht er bei der Dekarbonisierung und Reduzierung der Umweltverschmutzung immer noch vor großen Herausforderungen“, sagt die EU-Kommissarin. Eine mögliche Lösung sieht man in der Umstellung auf umweltfreundlichere Antriebsarten und Energieträger wie Biokraftstoffe, Batterien, Wasserstoff oder Ammoniak. Die Landstromversorgung, bei der Schiffe ihre Motoren abschalten und an eine Stromquelle anschließen, könne auch in See- und Binnenschifffahrtshäfen eine saubere Energiequelle darstellen, empfiehlt der Bericht.
Eine andere Herausforderung sei der Unterwasserlärm, den die Schiffe erzeugen und der Meereslebewesen auf unterschiedliche Weise beeinträchtigen kann. Schätzungen zufolge hat der Seeverkehr dazu beigetragen, dass sich der Unterwasserlärmpegel in den EU-Gewässern zwischen 2014 und 2019 mehr als verdoppelt hat. Außerdem führt die internationale Schifffahrt dazu, dass Arten in Gewässer transportiert werden, in denen sie nicht heimisch sind. Sie können die fremden Ökosysteme beeinträchtigen.
„Der Bericht zeigt deutlich, dass der Seeverkehr in Europa und die gesamte internationale Schifffahrtsgemeinschaft die dringende Verantwortung haben, ihre Bemühungen zur Verringerung des ökologischen Fußabdrucks dieses Sektors zu verstärken“, sagte EEA-Chef Hans Bruyninckx.
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