So teuer wird Bewohner*innenparken in Städten

Parken für Anwohner*innen wird in vielen deutschen Städten teurer – aber in den meisten noch nicht teuer genug, wie Beispielrechnungen zeigen.

Björn Tolksdorf
Björn Tolksdorf
Parkplätze in Städten sind ein knappes Gut, das künftig durch verschiedene Maßnahmen noch knapper werden wird. Deshalb sollen nun die Preise steigen [Bildquelle: picture alliance/dpa | Philipp von Ditfurth]

Parkraum in den Städten ist knapp. Das lernt schnell, wer abends in innerstädtischen Bezirken einen Parkplatz sucht. Gemessen daran war das knappe Gut bisher in deutschen Städten sehr günstig. Maximal 30,70 Euro pro Jahr durften die Städte bislang von Anwohner*innen für einen Parkausweis verlangen. Das hat sich im Juni 2020 geändert. Der Bundestag hob den Preisdeckel für Parkplaketten auf. Seitdem können die Bundesländer ihren Städten die Hoheit über die Höhe der Parkgebühren übertragen. Viele haben dies bereits getan, darunter Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Thüringen. Auch die Stadtstaaten Berlin und Hamburg haben Erhöhungen angekündigt.

Parken für Anwohner*innen darf also teurer werden. Aber wie teuer? „Wir müssen die Verkehrswende so gestalten, dass mehr Menschen aufs eigene Auto verzichten“, fordert Städtetags-Chef Helmut Dedy schon seit langem. Das eigene Auto müsse an Attraktivität verlieren, fordert auch der Verkehrsforscher Andreas Knie. Parken dürfe keine Selbstverständlichkeit mehr sein, und schon gar nicht gratis. Knie denkt an 10 Euro Parkgebühr pro Tag, auch für Anwohner*innen.

Parkgebühren sollen tatsächlichen Preis abbilden

Die Menschen sollen also ins Grübeln kommen, ob sie in der Stadt ihr Auto wirklich benötigen. Die, die es weiter behalten möchten, sollen dafür einen „angemessenen“ Preis zahlen. Das fordert seit 2020 sogar der Verband der Automobilhersteller (VDA): Die Gebühren sollten „den tatsächlichen Wert der Nutzung des begrenzten öffentlichen Raums abbilden“, so der Verband. Für Geringverdienende schweben dem VDA dabei Rabatte vor.

Was aber ist der Wert eines Parkplatzes? Da gibt verschiedene Rechnungen. So schlägt das Zukunftsnetz Mobilität NRW in einem Ratgeber für Kommunen drei Ansätze vor. Parkgebühren können sich aus den Kosten für die Erstellung und den Unterhalt von Parkflächen errechnen, aus dem Marktpreis der Parkfläche oder aus dem Wert des Bodens. Auch eine „Gebührendifferenzierung“ sei sinnvoll, zum Beispiel nach Fahrzeuggröße, der Anzahl der Parkausweise je Halter*in oder der Lage und Nahverkehrs-Erschließung des jeweiligen Stadtteils: Je beliebter und besser erschlossen das Quartier und je größer das Auto, desto teurer könne der Parkausweis sein.

Eine Staffelung nach Haushaltseinkommen hält das Verkehrsministerium NRW dagegen für rechtlich anfechtbar. Bei den Gebühren handele es sich immer noch um Verwaltungskosten, vergleichbar der Gebühr für die Ausstellung eines Personalausweises. Die können unter bestimmten Voraussetzungen erlassen werden, aber nicht „willkürlich ungleich“ ausfallen.

München hat sich bisher noch nicht zu einer Erhöhung der Preise für Parkplaketten durchgerungen. Möglich ist sie aber [Bildquelle: picture alliance / SVEN SIMON]

Das kostet ein Parkplatz

Was also kostet die Kommunen ein Parkplatz am Straßenrand? Eine Untersuchung der Agora Verkehrswende nennt Baukosten in Höhe von 1500 bis 5000 Euro, je nach Ausgestaltung. Hinzu kommen demnach Unterhaltskosten zwischen 60 und 300 Euro jährlich. Das Land Baden-Württemberg setzt beim Unterhalt 50 bis 150 Euro jährlich an. In einer Beispielrechnung mit 2000 Euro Erschließungskosten, 150 Euro jährlichen Unterhaltskosten und einer bei Straßen üblichen rechnerischen Nutzungsdauer von 20 Jahren errechnet das Zukunftsnetz eine jährliche Parkgebühr von 260 Euro. In anderen Beispielrechnungen legt das Papier den Marktpreis etwa im Vergleich zu privaten Stellplätzen oder der Parkraumbewirtschaftung zugrunde und errechnet Parkgebühren von rund 400 bzw. 282 Euro pro Jahr. Auf einen ähnlichen Wert kommen die Expert*innen unter Berücksichtigung des Bodenwerts.

So teuer wird Parken in den Städten

In diese preislichen Dimensionen stoßen bisher nur wenige Kommunen vor. Vorgeprescht ist im Herbst 2021 Tübingens Bürgermeister Boris Palmer. 120 Euro kostet in Tübingen ein Jahres-Parkausweis. Zusatzregelung: Verbrenner, die mehr als 1800 Kilo wiegen, kosten 180 Euro. Besonders teuer parken Anwohner*innen seit April 2022 in Freiburg: Je nach Fahrzeuglänge betragen die Gebühren dort 240 bis 480 Euro. Der Spitzentarif wird für Pkw mit mehr als 4,70 Metern Länge fällig. Vor allem Städte in Baden-Württemberg haben die Preise für Bewohnerparkausweise bereits zum Teil deutlich erhöht:

Stadt

Gebühren pro Jahr

Berlin

120 € (2023, geplant)

Düsseldorf

25 €

Frankfurt a.M.

25 €, Erhöhung wird diskutiert

Freiburg

240-480 € (je nach Länge)

Hamburg

65 €

Heidelberg

120 €

Karlsruhe

180 € (schrittweise bis 2023)

Köln

30 €

München

30 €

Tübingen

120 € / 180 € ab 1,8 t

Ulm

200 € (seit Sommer 2022)

Viele Städte warten derzeit noch auf die nötigen Gesetzesänderungen ihrer jeweiligen Landesregierungen, andere wollen erst einmal abwarten – darunter Stuttgart, Köln oder Münster. Klar ist: Mit den deutlichen Preissteigerungen in ihren Parkzonen bilden die Städte auch die Preisentwicklung am privaten Stellplatzmarkt ab. So stieg der Preis für einen Stellplatz von 2019 auf 2021 in München um 65 Prozent, in Berlin und Hamburg um rund 30 Prozent. Das berichtet die Wirtschaftswoche. Demnach kostet ein privater Stellplatz in München im Schnitt 145 Euro im Monat, in Berlin 115 Euro und in Köln 102 Euro. 

Sind die Erhöhungen nötig?

Bei autobesitzenden Innenstadtbewohner*innen kommen Preissteigerungen nicht gut an. Allerdings: Die Städte müssen die Mobilitätswende vorantreiben, dazu hat sich Deutschland im Klimaschutzgesetz verpflichtet. Zudem dienen weniger Autos in der Stadt der Lebensqualität, der Verkehrssicherheit und schaffen Raum für andere Nutzungen wie ein funktionales Verkehrssystem der Zukunft. Der Preis für das Bewohner*innenparken in Berlin etwa sei bislang „absurd niedrig“, so die zuständige Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne). Sie wolle die zusätzlichen Einnahmen in den Nahverkehr investieren und so dafür sorgen, dass die Berliner*innen zunehmend „kein eigenes Auto mehr brauchen“.

Denn auch darum geht es: Alternativen zum Auto im umkämpften Verkehrsraum Stadt kosten Geld. Ein Radweg relativ wenig, ein 29-Euro-Ticket oder eine neue U-Bahn-Linie relativ viel. Ein integriertes Netz mit schnellen Verbindungen für die multimodale Fortbewegung, mit tiefen Eingriffen in die Verkehrsströme, kostet am meisten. Das will bezahlt werden. Allerdings werden höhere Parkgebühren für Bewohner*innen von Parkraumbewirtschaftungszonen wohl diese Maßnahmen nicht allein finanzieren können.

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