Wasserstoff: Zukunft nur bei Nutzfahrzeugen?

Im Pkw-Segment ist die Brennstoffzelle nahezu abgeschrieben. Eine Zukunft könnte der Antrieb trotzdem haben. Und zwar bei Nutzfahrzeugen.

Wasserstoff-Lkw bei der Fahrt
Während sich bei Pkw der batterie-elektrische Antrieb durchgesetzt hat, halten viele Unternehmen weiter an der Brennstoffzelle fest - zumindest bei Nutzfahrzeugen [Bildquelle: Hyunda]

Mittelfristig scheint die Brennstoffzelle das Rennen um die Mobilität der Zukunft verloren zu haben. Strom aus dem Akku ist schlicht effizienter. Doch in der Logistik besitzt der Wasserstoff-Antrieb Vorteile, die batterie-elektrische Fahrzeuge nicht bieten. Überall, wo es auf kurze Ladezeiten ankommt, oder wo Nutzlastanforderungen den Einsatz schwerer Batterien verbieten, kann Wasserstoff eine Alternative sein. Hyundai schickt mit dem Xcient Fuel Cell bereits einen Wasserstoff-Transporter auf die Straßen. Mercedes, Volvo und viele andere wollen nachziehen.

„Ganz unabhängig von den Außentemperaturen verbindet der Wasserstoff-Brennstoffzellen-Antrieb das Beste aus beiden Welten: Die lokal emissionsfreie Mobilität eines elektrischen Fahrzeugs und die uneingeschränkte Alltagstauglichkeit einschließlich kurzer Tankstopps, wie sie von Modellen mit Verbrennungsmotor bekannt ist“, sagt Jürgen Guldner, der in der BMW-Entwicklung für Wasserstoff zuständig ist.

Selbst die besten Batterie-Autos brauchen zum Volltanken mindestens eine halbe Stunde, Wasserstoff-Tanks sind hingegen nach wenigen Minuten wieder voll. Und während bei E-Autos die Reichweite mit den Temperaturen sinkt, fährt ein Auto mit Brennstoffzelle immer gleich weit. In der Praxis gibt es bei uns jedoch weder eine nennenswerte Infrastruktur für Wasserstoff, noch gibt es genügend Produktionskapazitäten. Erst recht nicht mit nachhaltigen Verfahren und grünem Strom.

50 Brennstoffzellen-Laster fahren in der Schweiz

Mercedes und Volvo wollen dennoch in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts im Joint Venture einen Brennstoffzellen-Truck auf die Straße bringen. Toyota will schon 2022 so weit sein, und die VW-Töchter Scania und MAN haben ebenfalls entsprechende Entwicklungen angestoßen. Hyundai hat die ersten 50 Laster bereits in der Schweiz auf den Straßen, außerdem haben die Koreaner eine eigene Fabrik aus dem Boden gestampft. Die Roadmap der Hyundai-Gruppe steht fest: Bis 2025 plant Hyundai allein für die Schweiz 1.600 weitere Brennstoffzellen-Laster. Weltweit sollen es dann 110.000 Lkw und Pkw mit Brennstoffzelle pro Jahr sein. Bis 2030 will Hyundai den jährlichen Absatz auf eine halbe Million Fahrzeuge steigern.

Wasserstoff: Die Infrastruktur gibt’s gleich mit dazu

Auch bei leichten Nutzfahrzeugen tut sich was. Das Engineering in Rüsselsheim hat für die Stellantis-Familie die Führung bei der Entwicklung eines Brennstoffzellen-Transporters übernommen. „Die Produktionskapazität beläuft sich auf 1.000 Fahrzeuge pro Jahr“, kündigt Lars-Peter Thiesen an, der die Einführungsstrategie verantwortet. Als Basis dafür dient der elektrische Opel Vivaro, bei dem die Ingenieure die Batterie durch Wasserstofftanks ersetzen. Die Brennstoffzelle verbauen sie unter der Motorhaube über dem Elektromotor. Damit fährt der Transporter 400 Kilometer weit und ist nach drei Minuten wieder aufgetankt.

„Kunden sehen wir zunächst insbesondere im Flottenbereich, wo kurze Betankungszeiten und hohe Reichweiten gefordert sind“, sagt Thiesen. Nicht nur Stellantis sieht hier Potenzial. Auch Renault hat die Brennstoffzelle wieder hervorgekramt und für dieses Jahr drei leichte Nutzfahrzeuge angekündigt. Sie sollen mit einem Hybrid-Antrieb aus einer Brennstoffzelle und einem Pufferakku für die Steckdose fahren. Diese Antriebskombination präsentierte Renault zuletzt in der Studie Renault Scénic Vision.

Um die Lücken in der Infrastruktur zu schließen, liefern die Franzosen mit ihrem Joint Venture „Hyvia“ zum Auto gleich die Wasserstoff-Anlage, die den Treibstoff entweder mit dem Lkw angeliefert bekommt oder ihn per Elektrolyse selbst erzeugt.

Erst Nutzfahrzeuge, dann Pkw?

Langfristig könnte sich durch den Einsatz von Wasserstoffantrieben im Transportsektor auch für die Brennstoffzelle im Pkw wieder eine Perspektive ergeben. Denn wenn für Laster und Transporter erst mal eine Infrastruktur geschaffen ist, könnte dort auch ein Pkw tanken, hofft der scheidende Hyundai-Entwicklungschef Albert Biermann. Ferdinand Dudenhöffer, Leiter des Center Automotive Research sieht zwar Chancen für die Technologie in Nutzfahrzeugen. Im Pkw-Bereich holt die Brennstoffzelle seiner Meinung nach nicht mehr auf: „Eine schlechte Energieeffizienz mit grünem Wasserstoff, das nicht zu finanzierende Tankstellennetz für eine Massenmotorisierung und zu große Fortschritte bei Batterien und mit ihnen bei den Ladezeiten haben das Rennen für das batterieelektrische Auto entschieden“, ist er überzeugt.

Entsprechend gering ist das Engagement der Industrie. Toyota mit dem Mirai und Hyundai mit dem Nexo sind die einzigen Hersteller, die aktuell ein entsprechendes Fahrzeug im Angebot haben. Bei keinem hat es in den letzten Jahren ernsthafte Entwicklungsschritte gegeben.

Keine Entwicklung im Pkw-Sektor

In Deutschland ist die Forschung am Wasserstoffantrieb im Pkw weitgehend eingestellt: Bei VW und Audi steht die Technik nach Angaben der jeweiligen Pressesprecher nur noch unter Beobachtung. Bei Mercedes gibt es nach dem Ende für das Entwicklungsprojekt GLC Fuel Cell laut Pressesprecher Koert Groeneveld niemanden mehr, der an einer Pkw-Anwendung forscht. Einzig BMW hält die Brennstoffzelle weiter am Köcheln und testet einen entsprechend umgerüsteten X5, der im Lauf des Jahres in Kleinserie gehen soll. Aber „für die Masse wird Wasserstoff keine Lösung sein“, schränkt BMW-Entwicklungsvorstand Frank Weber ein.

Mit Wasserstoff angetriebene Fahrzeuge seien nur ein Nischenmarkt, sagt Weber. Vorstellbar seien einerseits besonders große Fahrzeuge wie der X5 und andererseits Angebote für Märkte wie Japan oder Korea. „Dort gibt es einerseits bereits eine gut ausgebaute Wasserstoff-Infrastruktur und andererseits sind die Städte so dicht bebaut, dass ein dichtes Netz an herkömmlichen Ladesäulen schwer vorstellbar ist.“

Kleine Flotten für kommerzielle Anwendungen und peu à peu mehr Tankstellen: Ob das reichen wird, der Brennstoffzelle doch noch zum Erfolg zu verhelfen? Dudenhöffer hegt daran seine Zweifel: „Zum Puffern von Wind- oder Solarenergie mögen H2-Anlagen und die Brennstoffzellen interessant sein, aber bei Pkw dürfte der Traum endgültig ausgeträumt sein“.

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