Studie: Dienstwagen-Fahrende laden PHEVs am seltensten
In einer Studie ermittelte das Fraunhofer ISI die Realverbräuche von Plug-in-Hybriden. Dienstwagen-Fahrer*innen laden demnach am seltensten den Akku.
Der Beitrag von Plug-in-Hybriden zum Klimaschutz ist umstritten, weil die Fahrenden der Teilzeit-Stromer im Ruf stehen, ihre Fahrzeuge nicht häufig genug zu laden. Denn ohne Strom im Akku stoßen Plug-in-Hybride deutlich mehr Emissionen aus. Oft sogar mehr als Diesel.
Das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI und die Forschungsorganisation International Council on Clean Transportation (ICCT) haben sich gemeinsam das Nutzungsverhalten von PHEV-Fahrer*innen angeschaut. Dazu werteten sie die reale Nutzung von rund 9.000 Plug-in-Hybriden in Europa aus. Die Ergebnisse sind Wasser auf die Mühlen der PHEV-Kritiker*innen. Denn die Realverbräuche der teilelektrischen Autos liegen deutlich über den Normwerten. Für die Studie griffen die Forschenden auf anonyme Nutzer*innen-Daten von Online-Portalen wie Spritmonitor.de, Befragungs-Ergebnissen und Informationen zu Dienstwagen, die Flottenkund*innen bereitstellten zurück.
Patrick Plötz, Leiter des Geschäftsfeld Energiewirtschaft am Fraunhofer ISI zieht klare Bilanz: „Im Mittel fallen die realen Kraftstoffverbräuche und CO2-Emissionen von Plug-in-Hybridfahrzeugen bei privaten Haltern in Deutschland und anderen europäischen Ländern etwa dreimal so hoch aus wie im offiziellen Testzyklus, während die Werte bei Dienstwagen sogar etwa fünfmal so hoch sind.“
Rund 8 Liter Realverbrauch bei Dienstwagen
Den offiziellen Werten nach dem WLTP-Testzyklus zufolge liegen die Plug-in-Hybride im Durchschnitt zwischen 1,6 und 1,7 Litern Kraftstoff auf 100 Kilometer. In der Studie unterscheiden die Autor*innen zwischen der privaten und der dienstlichen Nutzung. Der reale Verbrauch bei privaten Nutzer*innen liegt demnach bei 4,0 bis 4,4 Litern. Die teilelektrischen Dienstwagen schneiden schlechter ab. Hier ermittelten die Forschenden einen Realverbrauch von 7,6 bis 8,4 Litern je 100 Kilometer.
Der Grund für den Unterschied zwischen dienstlicher und privater Nutzung liegt in der Häufigkeit des Ladens. Ein Plug-in-Hybrid fährt nur dann spritsparend, wenn er regelmäßig am Stecker hängt. Privatleute legen der Studie zufolge 45 bis 49 Prozent ihrer Strecken elektrisch zurück. Bei den Dienstwagen liegt der Anteil elektrischer Strecken nur bei 11 bis 15 Prozent. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Einerseits kommen nicht wenige Dienstwagen über die Tankkarte praktisch mit einer Sprit-Flatrate. Es gibt also für Nutzende keinen finanziellen Anreiz, den Verbrauch zu senken und sich statt der schnellen Betankung mit der mehrstündigen Beladung des Akkus zu befassen. Daneben haben Plug-in-Hybride aufgrund der Steuervorteile in vielen Flotten den Diesel ersetzt. PHEVs werden sowohl bei der Anschaffung als auch bei der Versteuerung des geldwerten Vorteils gefördert. Im Langstreckenbetrieb können sie aber die Vorteile des Elektromotors nicht ausspielen. Ein Diesel wäre hier meist die effizientere Wahl.
Empfehlung: Elektro-Anteil als Bedingung für Förderung
Für die Forschenden ergeben sich daraus klare Handlungsempfehlungen: „Um die Überschreitung der offiziellen Emissionen nicht weiter zu erhöhen, sollten Förderinstrumente wie Kaufprämien und reduzierte Dienstwagenbesteuerung an den Nachweis eines elektrischen Fahranteils von etwa 80% oder einen Verbrauch von etwa zwei Litern pro 100 km im realen Betrieb geknüpft sein,“ empfiehlt ICCT-Direktor Dr. Peter Mock der Bundesregierung.
„Plug-in-Hybride, welche nach der neuen WLTP-Norm zertifiziert sind, weisen tendenziell eine noch höhere Abweichung auf als ältere, NEFZ-zertifizierte Modelle.“, so Dr. Georg Bieker, Mitautor der Studie. „Hinzu kommt, dass die Abweichung zwischen den von den Herstellern angegebenen und den realen Kraftstoffverbräuchen jedes Jahr um 0,1 bis 0,2 Litern pro 100 Kilometer ansteigen. Die Studien-Autor*innen kommen zu dem klaren Ergebnis, dass sich langfristig mit den hohen realen Emissionen von Plug-in-Hybriden die Klimaziele Deutschlands und der Europäischen Union nicht erreichen lassen.“
Dieses Ergebnis dürfte viele nicht überraschen. Die Studie belegt also lediglich mit Zahlen, was auch die Politik bereits erkannt hat: Die Förderrichtlinie für Elektro- und Plug-in-Hybridfahrzeuge wird derzeit überarbeitet.
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