Ladestation für Elektrozüge lädt mit 1200 kW
Alternative zu Lokomotiven mit Diesel-Antrieb: In Baden-Württemberg wurde die erste Ladestation für Elektrozüge eingeweiht. Sie lädt 50-mal schneller als herkömmliche Ladesäulen für Autos.
Der Bahnhof Ammerbuch-Pfäffingen war bislang keine Berühmtheit. Am Donnerstag aber stand die kleine Haltestelle im Schwäbischen Schauplatz im Rampenlicht. Grund: Nach zwei Jahren Entwicklungszeit feierte hier Voltap Premiere – eine Ladestation für Elektrozüge.
Die Station, die Tübinger Stadtwerke gemeinsam mit dem Schweizer Unternehmen Furrer+Frey entwickelt haben, lädt mit einer Maximalleistung von 1.200 kW. Zum Vergleich: Bei Elektroautos wird bereits ab 22 kW vom „Schnellladen“ gesprochen. Besonders leistungsfährige Modelle wie der Porsche Taycan oder der Audi e-Tron GT erreichen vorübergehend Geschwindigkeiten von 250 kW.
„Auf diesen Moment haben wir gewartet: Endlich hatte unsere Schnellladestation ihr erstes ‚Schienen-Rendezvous mit einem echten Batteriezug“, sagt Ortwin Wiebecke, Geschäftsführer der Stadtwerke Tübingen. Mit Voltap könnten elektrische Antriebe im Bahnverkehr flächendeckend eingesetzt werden: „Dafür muss man nicht warten, bis die Oberleitungsinfrastruktur in Deutschland unter großem Kosten- und Zeitaufwand ausgebaut ist“, sagte Wiebecke.
Genau das ist nämlich ein Problem bei der Elektrifizierung des Bahnverkehrs. Nur rund 60 Prozent des Schienennetztes in Deutschland erlauben bislang den Bahnverkehr mit Strom. Über den restlichen 40 Prozent hängen unter anderem aus topografischen Gründen keine stromführenden Oberleitungen. Auf diesen Strecken können daher nur Diesel-Loks fahren.
20 Minuten Ladezeit für 120 Kilometer Reichweite
Eine Alternative dazu kann der Batteriezug von Stadler sein. Je nach Ausrüstung des kann die Station einen solchen Zug in bis zu 20 Minuten vollladen. Die Akkuzüge könnten damit dann bis zu 120 Kilometer weit fahren, je nach Strecke“, erklärte Sebastian Jäger, Leiter der Stabsstelle Bahn bei den Stadtwerken Tübingen.
Zum Laden fährt der batterie-elektrische Zug seine „Ladearme“ aus. Diese verbinden sich mit den Lademasten der Station, die in ihrem Aussehen an ein herkömmliches Trafohäuschen erinnert. Laut Mitteilung ist die Schnellladestation mit sämtlichen Batteriezug-Modellen kompatibel. Einzige Voraussetzung ist eine Einstellung ihrer Bordelektronik.
Bislang sind Züge mit dem dreiteiligen FLIRT-Akku von Stadler an Bord noch eine Rarität. Sie können sowohl als klassisch elektrisch angetriebener Zug unter einer Oberleitung fahren. Wo Strecken nicht elektrifiziert sind, ist auch ein Betrieb im reinen Batteriemodus möglich. Bislang hat der Batteriezug rund 25.000 Kilometer im reinen Batteriebetrieb zurückgelegt. Dabei kam er auf eine Reichweite von bis zu 185 Kilometern.
70 Prozent Elektrifizierung bis 2025
Die Bundesregierung will bis 2025 den Anteil an elektrifizierten Strecken auf 70 Prozent erhöhen. Laut dem Verkehrsbündnis Allianz Pro Schiene braucht es dafür deutlich mehr Tempo beim Ausbau als bisher. Mit der Geschwindigkeit der vergangenen Jahre ist das Ziel bis 2025 nach ihren Angaben nicht erreichbar.
Die Vorteile von E-Zügen sieht das Verkehrsbündnis nicht nur im Klimaschutz. Die E-Mobilität auf der Schiene erhöhe auch die Leistungsfähigkeit, da mit ihr längere und schwerere Züge fahren könnten. Dadurch sinke die Reise- oder Transportzeit und die Strecke sei weniger lang belegt. Das erhöht die Nutzungsmöglichkeiten.
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