Automated Valet Parking – Autonomie für irgendwann

Das Kraftfahrt-Bundesamt macht als erste Behörde weltweit den Weg für selbstfahrende Autos in Parkhäusern frei. Das bedeutet nicht, dass der Technologiesprung beim Parken kurz bevor steht.

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Björn Tolksdorf
Audi beteiligt sich gemeinsam mit anderen VW-Marken an Tests zum Automated Valet Parking. VW hat soeben den Systementwickler Argo AI eingestampft [Bildquelle: Audi AG]

Ob das autonome Fahren eine gute oder eine dumme Idee ist, da streiten sich kenntnisreiche Geister. Auf der einen Seite steht Mobileye-Manager Johann “JJ” Jungwirth.  Der Verfechter autonomen Fahrens bescheinigt der Technologie das Potenzial, die Verkehrssicherheit „erheblich“ zu verbessern und zudem die Mobilität deutlich günstiger zu machen. Das könnte den privaten Pkw für viele Menschen überflüssig machen, so die Idee – was die Lebensqualität in Städten deutlich verbessere und zudem mehr Geld für andere Dinge freimache.

Der US-Stadtplaner Jeff Speck, der zum Beispiel US-amerikanische Bürgermeister*innen zum Thema autonomes Fahren berät, ist eher ein Skeptiker. Er beginnt seinen Vortrag zum Thema häufig mit: „Be afraid“, haben Sie Angst. Und beschreibt eine Zukunft, in der wohlhabende Autobesitzende ihr autonomes Fahrzeug während ihrer Business-Termine permanent um den Block fahren lassen – weil sie keinen Parkplatz bezahlen und schon gar nicht zu einem etwas weiter entfernten Parkhaus laufen wollen. Folge: Endgültiger Verkehrskollaps, weniger Mobilität als zuvor.

Diese Personen wären durchaus die Zielgruppe der Innovation, der das Kraftfahrt-Bundesamt nun den regulatorischen Weg ebnet. Als erste Behörde der Welt definiert das Kraftfahrtbundesamt (KBA) einen technischen Anforderungskatalog für das sogenannte „„Automated Valet Parking“. Darin beschrieben sind die Anforderungen, die selbstfahrende Fahrzeuge erfüllen müssen, damit sie sich in entsprechend ausgerüsteten Parkhäusern selbst wegparken können. Ohne dass ein Mensch am Steuer sitzt oder eine Fernbedienung bedient, findet das Fahrzeug selbst seinen Weg zum Parkplatz und parkt sich dort so platzsparend, dass der Automobilzulieferer Bosch in einem Versuch eine Effizienzsteigerung von rund 20 Prozent annimmt.

Maximalgeschwindigkeit: 10 km/h

Versuche wie der von Bosch im Stuttgarter Flughafen-Parkhaus sind bisher die einzige Möglichkeit, Automated Valet Parking in der Realität zu erleben. Zu den Vorteilen zählt Bosch neben dem Raumgewinn zusätzliche Bequemlichkeit für Fahrende, die sich nicht mehr dem Angstraum Parkhaus aussetzen und keine freie Parkbucht mehr finden müssen.

Mit dem Anforderungskatalog reguliert das KBA, unter welchen Bedingungen Autohersteller und weitere Systemanbieter eine Zulassung für solche Systeme beantragen und erhalten können. Zu den Anforderungen zählen zum Beispiel eine Möglichkeit der Notabschaltung durch Rettungskräfte sowie Hinweisschilder seitens der Parkhäuser und seitens des Fahrzeugs eine Maximalgeschwindigkeit von 10 km/h sowie die richtige Programmierung für das Verhalten im Verkehr („nur in eine Kreuzung einfahren, wenn sie auch vollständig wieder verlassen werden kann“).

Können wir uns also bald die Suche nach dem Parkplatz im Parkhaus sparen? Antwort: So schnell wird das nicht gehen. Als technische Voraussetzung für das „Automated Valet Parking“ gelten Fahrzeuge des Autonomielevels 4. Dessen flächendeckende Einführung wird jedoch noch einige Jahre auf sich warten lassen. Das Autonomielevel 4 beschreibt ein Fahrzeug, das praktisch jede Situation selbst bewältigt. In bestimmten Situationen, die von den vordefinierten Fähigkeiten des Fahrzeugs abhängen, muss der Fahrende jedoch noch das Steuer übernehmen.

Aus für Argo AI: Schwerer Schlag für autonomes Fahren

Autos mit solchen Systemen dürfen zwar in Deutschland ab 2023 im Straßenverkehr fahren. Das wird jedoch zunächst nur in einem sehr überschaubaren Rahmen stattfinden. Das Problem sind die fehlenden Fahrzeuge. Mercedes bietet seit dem Sommer 2022 als erster Hersteller Modelle an, die in eng begrenzten Situationen das Autonomielevel 3 beherrschen. Mobileye und Sixt wollen 2023 die ersten Tests mit autonomen Fahrzeugen im Realbetrieb starten.

Im Oktober 2022 gaben Ford und Volkswagen zudem bekannt, die gemeinsame Firma Argo AI einzustampfen. Das ist ein massiver Dämpfer für das autonome Fahren: Argo AI sollte für beide Konzerne autonome Fahrzeuge entwickeln. Ford gab bekannt, die Investitionen vorerst auf Innovationen zu verteilen, die schneller beim Kunden ankommen und damit Geld verdienen. Mit anderen Worten: Beide Hersteller glauben nicht an einen schnellen Durchbruch des autonomen Fahrens. 

Continental stellte sein System auf der IAA 2021 in München vor [Bildquelle: Continental]

Was nicht ausschließt, dass erste autonome Taxiflotten sich schon in Kürze selbst in ihr Depot verkrümeln können – etwa von Mobileye oder Volkswagen. VW will solche Dienste ab 2026 anbieten und demnächst einen neuen Partner vorstellen. Dass die Mehrzahl verkaufter Neuwagen in diesem Jahrzehnt noch autonom fährt, lässt sich dennoch ausschließen. Der schnellen Verbreitung der Technik stehen fehlende Entwicklungsschritte, fehlende Geschäftsmodelle und hohe Preise entgegen. Für das Automated Valet Parking gilt zudem: Es kann nichts, was Menschen nicht auch allein schaffen. Valet Parking bietet jedes bessere Hotel an. In vielen südeuropäischen Städten existieren kleine Privatparkhäuser, in denen man das Auto am Eingang abgibt – da es niemand so platzsparend in den Katakomben parken kann wie der dafür zuständige Mitarbeitende. 20 Prozent Platzersparnis gegenüber selbstparkenden Kunden? Ein gut geschulter Fahrer schafft schon heute mehr Effizienz.

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