Der RS E-Tron GT ist der beste RS-Audi

Audis RS-Modelle sind laut, schnell und (verbrauchs-) stark. Der RS E-Tron GT bricht zum Teil damit – und katapultiert sich damit an die Spitze. Auch der Innenraum überzeugt. Der Audi RS E-Tron GT im Test.

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Constantin Bergander
Zu sehen ist der Audi RS E-Tron GT in seitlicher Position
Der Audi RS E-Tron GT bricht mit Traditionen: Er ist Audis erstes rein elektrisches RS-Modell - und gleichzeitig der stärkste Serien-Audi [Quelle: Constantin Bergander, TeamOn]

Audi platziert sein schnellstes Elektroauto in einem Verbrenner-Segment. Der RS E-Tron GT setzt mit Elektromotoren in einer Klasse an, in der eigentlich Zylinder regieren: 600 PS, fünf Meter Länge, Platz für vier, drei Sekunden bis Tempo 100, Kofferraum für zwei und ein Preis, der mit einer eins beginnt. Das Revier von Porsche Panamera Turbo, BMW M8 Gran Coupé, Mercedes-AMG GT 63 Viertürer und Audi RS7.

Bei diesen Autos geht es um Tempo, Komfort, einen edlen Innenraum und um Außenwirkung. Dazu gehört: Klang. Alle klassischen Vertreter des Segments komponieren ihre Erkennungsmelodie aus acht Zylindern, am liebsten laut und intensiv. Weil die Kunden das so möchten. Und, zugegeben: Weil es sich einfach toll anhört. Der Elektro-Audi kann in dieser Disziplin nicht mithalten, weil seine Antriebe nicht laut musizieren, sondern nur leise pfeifen. Darüber täuscht auch künstlicher, wummernder Sound nicht hinweg. Disqualifiziert ihn das? Oder holt er auf? Und ist er ökologisch tatsächlich besser aufgestellt? Das klärt der Test.

Pro

Das gefällt uns am Audi RS E-Tron GT
  • Beeindruckende Fahrleistungen
  • Alltagstauglichkeit
  • Angenehme Abstimmung
  • Hohe Ladeleistung
  • Verarbeitung
  • CO2-neutrale Produktion

Kontra

Das gefällt uns weniger am Audi RS E-Tron GT
  • Platzangebot Rückbank und Kofferraum
  • Stromverbrauch
  • Preis
  • Ablagen

Audi RS E-Tron GT: Taycan-Zwilling und RS7-Konkurrent

Es wirkt etwas kurios, dass sich Audi ein derart spitzes Segment mit zwei Autos besetzt. RS7 und RS E-Tron GT unterscheiden sich in den Maßen kaum, im Platz ein bisschen, im Preis recht ordentlich und im Antrieb grundlegend – die ungleichen Geschwister sind direkte Konkurrenten. Dennoch ergibt diese Modellpolitik Sinn. Denn beide Modelle rechtfertigen sich über Synergien: Der RS7 ist ein technischer Zwilling des Audi RS6. Die Antriebsstränge der Autos gleichen sich vom Radbolzen bis zur Ventilfeder. Der RS E-Tron GT teilt sich seine Technik derweil mit dem Porsche Taycan – mit ganz ähnlicher Intensität.

Bedeutet: Die Technik ist ohnehin da, es muss nur eine andere Hülle drauf. Und, im Falle des Elektroautos, eine neue Abstimmung drunter. Für den erlebten Unterschied zwischen Elektro-Audi und Elektro-Porsche variieren Fahrwerksabstimmung und Höchstleistung, beides per Software geregelt. Der Hersteller weist in diesem Zusammenhang gern darauf hin, dass er nicht ein umprogrammiertes Porsche-Chassis neu beplankt, sondern gemeinsam mit der Markenschwester entwickelt.

Viel wichtiger als die Finanzierung des Projektes ist aber, was es mitbringt. Nämlich das, was die Klasse vorschreibt: 646 PS Spitzen- und 598 PS Dauerleistung sowie eine Sprintstärke, die manch überzeugten Benzinblüter überrascht zur Pause bittet („Fahr mal schnell rechts ran, bitte!“). Im Elektroauto zählen zudem Reichweite und Ladetempo, die den RS E-Tron GT für Alltag qualifizieren müssen. So viel sei bereits gesagt: Das funktioniert ausgezeichnet.
Zu sehen ist der Audi RS E-Tron GT von hinten
Wahnsinnig schnell: Der Audi RS E-Tron GT sprintet im Test in glatt drei Sekunden auf Tempo 100 [Quelle: Constantin Bergander, TeamOn]

Audi RS E-Tron GT: Reichweite, 0-100, Akku, Ladeleistung

Zwei permanent erregte Synchronmotoren treiben den Audi RS E-Tron GT an. Vorn stellt ein Planetengetriebe mit fester Übersetzung die Verbindung zur Achse her, hinten installiert Audi ein Zweigang-Getriebe. Der erste Gang kommt nur im sportlichen Fahrmodus bis Tempo 80 zum Einsatz. So erreicht der Fünftürer optimale Beschleunigungswerte: Die Werksangabe von 3,3 Sekunden auf Tempo 100 schafft der RS E-Tron GT im Test mit voller Zuladung. Ist er leichter unterwegs, sprintet er in glatt drei Sekunden auf 100 km/h.

Was reine Messwerte nicht vermitteln können: Die Intensität, mit der das Elektroauto aus der Statik bricht. Es drischt seine 2,4 Tonnen derart gewaltig vorwärts, dass selbst belastbare Mägen an den gefühlten Kräften kapitulieren. Sogar dann, wenn sie Sprints in vergleichbaren Verbrennern problemlos verkraften. In Anbetracht dieser Gewalt verzeihen wir dem RS E-Tron GT gern, dass er nicht das Prestige-Tempo von 300 km/h erreicht, sondern bei 250 km/h (laut Tacho: 267 km/h) abregelt. Zumal er auf dem Weg zum Topspeed spontaner und feinfühliger auf die Befehle des Fahrpedals reagiert als die gesamte Verbrenner-Konkurrenz.

Seinen Strom speichert der Audi in einem 650 Kilogramm schweren Akku in der Bodenplatte. 83,7 Netto-kWh genügen für eine theoretische Reichweite von 456 Kilometern. Diesen Wert erreicht er in der Stadt (18,4 kWh/100 km), beim gleichmäßigen Pendeln unterbietet er ihn (16,4 kWh/100 km). Auf der Langstrecke mit einer Zielgeschwindigkeit von 130 km/h steigt sein Verbrauch über den Norm-Wert (22,3 kWh/100 km). Realistisch fährt er dort, abhängig von Verkehr und Topographie, etwa 350 bis 400 Kilometer weit. Rasant bewegt, schafft er immerhin noch knapp 300 Kilometer.

Sein größtes Talent demonstriert der RS E-Tron GT beim Laden. An geeigneten Säulen lässt er bis zu 270 kW Ladestrom zu – mehr als alle anderen Serienautos. Diese Leistung hält er nicht lange, bleibt aber insgesamt ein schneller Lader. Im Test lädt er von 8 auf 80 Prozent Ladestand in 19 Minuten. Kleine Einschränkung: Bevor das Auto mit diesem Tempo lädt, muss es seinen Akku auf eine geeignete Temperatur bringen. Das geschieht automatisch, wenn im Navi eine Schnellladesäule ausgewählt ist. Fehlt diese Info, liegt der Ladestrom bei maximal 150 kW.

Was all diese Zahlen in der Praxis bedeuten: Die Strecke von Frankfurt nach Berlin lässt sich bei ruhiger Fahrt mit einem kurzen Ladestopp (10 bis 15 Minuten) bewältigen. Wer schnell reist, pausiert zweimal, hat zwischen den Stopps aber viel Spaß. Und dabei genug Zeit, den Puls zu beruhigen. Zu Hause oder an Wechselstrom-Ladesäulen lädt der RS E-Tron GT serienmäßig mit 11 kW, optional mit 22 kW. Nach spätestens acht bzw. vier Stunden ist der Akku also wieder voll.

  
Zu sehen sind die Felgen des Audi RS E-Tron GT
Die Keramikbremse kostet Aufpreis, lohnt sich im schweren Audi RS E-Tron GT aber [Quelle: Constantin Bergander, TeamOn]

Fahrwerk, Lenkung, Federung: Audi RS E-Tron GT (2021)

Reichweite und Kraft deuten bereits an, dass Audi das „GT“ im Namen wörtlich versteht. Der RS E-Tron GT ist ein Gran Turismo, ein schnelles und bequemes Reiseauto. Sein serienmäßiges Luftfahrwerk fängt Querfugen und Straßenschäden sanft ein. Dennoch fühlt er sich nicht entkoppelt an, sondern vermittelt eine klare Verbundenheit mit der Straße. Im direkten Familienvergleich bewegt er sich etwas komfortabler als ein Taycan, wirkt dadurch aber kaum weniger sportlich.

Sein hohes Gewicht kaschiert er gut, weil Fahrwerk, Sperrdifferenzial (Serie), Hinterachslenkung (Option) und Keramikbremse mit Zehnkolben-Sätteln (Option) sich dagegenstemmen. Mit optimal verteilter Masse zieht er sich knackig und ohne unangenehme Rollbewegungen um den Knick, verteilt dabei seine Kraft geschickt und fühlt sich insgesamt viel leichter an, als er tatsächlich ist.

Audi RS E-Tron GT: Assistenz, Infotainment, Connectivity

Damit Audis schnellstes Elektroauto gut und effizient funktioniert, vernetzt Audi seine Systeme. Der adaptive Tempomat bekommt Daten vom Navi und lässt das Auto ausrollen, wenn es sich einem Tempolimit oder einer engen Kurve nähert. Zudem steuert das Navi dynamisch die Ladestopps auf einer langen Route und liefert die Daten für die Vorkonditionierung des Akkus.

Bei der Wahl der Ladepunkte bleibt noch Verbesserungsspielraum. Mitunter empfiehlt uns das Auto, eine Stunde lang zu warten, bis der Akku fast voll ist. Das ist ineffizient, weil der Ladestrom jenseits der 80 Prozent stark abfällt. Zwei kürzere Stopps würden die Reise abkürzen. Zudem nutzt der RS E-Tron GT selten sein Potenzial aus und kommt lieber mit einem großzügigen Reichweitenpuffer an der Ladesäule an. Wer manuell nachbessert, kommt schneller an.

All diese Funktionen verpackt Audi in ein Cockpit, das sich nur in optischen Feinheiten von den Verbrenner-Varianten unterscheidet. Ein Display zeigt Messinstrumente und Bordcomputer an, das andere übernimmt die Steuerung von Infotainment und Navi. Eine Sprachbedienung ergänzt das System zuverlässig und sinnvoll. Insgesamt gilt: Wer von einem Verbrenner-Audi wechselt, muss sich nicht umgewöhnen.

Zu sehen ist das Cokpit des Audi RS E-Tron GT
Das Cockpit des Audi RS E-Tron GT: Funktional keine Unterschiede zu den Verbrennern [Quelle: Constantin Bergander, TeamOn]

Audi RS E-Tron GT (2021): Innenraum, Platzangebot und Verarbeitung

Das gilt für fast alles im Auto. Audi verarbeitet solide und verteilt hochwertige Materialien. In einigen Details scheint der Kooperationspartner durch: Der Taster für die Lenkradverstellung kommt von Porsche. Ebenso das Layout mit feststehender Mittelkonsole. Uns fehlen im Test eine verstellbare Armlehne und zusätzliche Ablagemöglichkeiten.

Im Fond bietet der RS E-Tron GT genug Raum für Erwachsene, allerdings keinen Wohlfühl-Platz. Audi und Porsche bemühen sich, einen großen Akku in einem flachen Auto unterzubringen. Das gelingt insgesamt gut, fordert aber Zugeständnisse hinter der B-Säule. Bequem ist es dort nur für Kinder. Und 350 Liter Kofferraumvolumen bedeuten lediglich Kleinwagen-Niveau. Immerhin: Unter der Fronthaube bleibt Platz für Ladekabel. Sie blockieren also nicht das Heckabteil.

Das kostet der Audi RS E-Tron GT mit Vollausstattung

Der Audi RS E-Tron GT startet bei 140.000 Euro. Damit kostet er rund 15.000 Euro mehr als ein Audi RS 7. Teurer ist bei Audi nur der Sportler R8. Serienmäßig bringt das Elektroauto schon das Wichtigste mit: Navi, Matrix-LED, Standklimatisierung, Wärmepumpe, Sitzheizung vorn, eine große Audio-Anlage und Connect-Dienste sind stets dabei. Banalitäten wie eine Rückfahrkamera fehlen allerdings.

Mit der verfügbaren Assistenz, fahrdynamischen Extras und Optik-Paketen steigt der Preis unseres Testwagens auf fast 180.000 Euro. Damit ist schon beinahe die Spitze erreicht: Mit Vollausstattung und Individualoptionen bei Außenfarbe und Innenraum kostet der Audi RS E-Tron GT derzeit 191.345 Euro. Kleiner Trost: Der R8 ist weiterhin teurer. 

Zu sehen ist der Audi RS E-Tron GT von hinten
Während des Tests werden wir oft angesprochen. Vor allem die Farbe des Testwagens (Taktikgrün) begeistert unsere Gesprächspartner [Quelle: Constantin Bergander, TeamOn]

Ökologischer Fußabdruck des Audi RS E-Tron GT

Unabhängig vom Antrieb gilt: Ein Auto im Format des Audi RS E-Tron GT ist keine besonders ökologische Lösung für individuelle Mobilität. Gemessen an seiner Grundfläche bietet er wenig Platz – das Stigma der meisten sportlichen Autos. Andere Elektrofahrzeuge ähnlicher Größe sind sparsamer. In seinem Segment geht er dennoch als Vorbild durch. Audi baut das Auto bilanziell CO2-neutral in Neckarsulm in den Böllinger Höfen. Der Hersteller gleicht also alle CO2-Emissionen, die während der Produktion entstehen, aus. Gut: Ähnlich wie bei Tesla sind Sitze ohne Leder verfügbar.

 

In Bewegung ist der RS E-Tron GT umweltfreundlicher als die Verbrenner-Konkurrenz: Bei einem ermittelten Durchschnittsverbrauch von 18,4 kWh pro 100 Kilometer (innerorts) ergibt sich mit deutschem Strommix (Stand: 2020, 366 g/kWh, Quelle: Statista) ein CO2-Ausstoß von rund 67 Gramm pro Kilometer. Für die gleiche Menge müsste ein Benziner 2,8 Liter Kraftstoff pro 100 Kilometer verbrauchen. Das schafft in diesem Segment keiner. 

Zu sehen ist Constantin Bergander

Fazit:

Für Audi ist der RS E-Tron GT eine kleine Sensation. Zwischen vielen Verbrennern zeigt ein reines Elektroauto, dass RS bei Audi ohne Sprit großartig funktioniert. Bei Antritt, Spontaneität, Handling und Außenwirkung setzt er sich an die Spitze. Ganz nebenbei ist er das stärkste Model im Programm. Was ihm an Sound fehlt, macht er locker mit seiner Optik wieder wett: Wir wurden selten so oft auf einen Testwagen angesprochen. Größter Schwachpunkt bleibt sein Preis. 

Constantin | @MobilityTalk

Stromzähler

Reichweite laut WLTP
0 km
Ladezeit bei 11 kW
0 h
Ladezeit bei 270 kW (8 bis 80 Prozent)
0 min
Technische Daten – Audi RS E-Tron GT
Reichweite (WLTP) 456 km
Reichweite (Test) 455 km (Stadt), 510 km (Pendelfahrt), 375 km (Autobahn)
CO2-Ausstoß (mit deutschem Strommix, ohne Ladeverluste) 67 g/km (Stadt), 60 g/km (Pendelfahrt), 82 g/km (Autobahn)
Ladedauer DC 19 Minuten (8-80 Prozent)
Ladeleistung DC 270 kW
Ladedauer AC ca. 8 Stunden
Ladeleistung AC 11 kW (Option: 22 kW)
Kofferraum 350 l (vorn), 85 l (hinten)
Länge 4.989 mm
Breite 1.964 mm (mit Außenspiegeln: 2.158 mm)
Höhe 1.414 mm
Radstand 2.900 mm
Gewicht 2.420 kg
Zuladung 440 kg
Akkukapazität 93,4 kWh (brutto); 83,7 kWh (netto)
0-100 km/h 3,3 s (Werksangabe); 3,0 s (Test)
Geschwindigkeit 250 km/h
Leistung Dauerleistung: 142 kW (193 PS); Peak-Leistung: 440 kW (598 PS); Boost-Leistung: 475 kW (646 PS)
Drehmoment 830 Nm
Antrieb Elektrisch, Allrad (zwei Motoren)
Verbrauch (WLTP) 20,6 – 22,5 kWh/100 km
Verbrauch (Test) 18,4 kWh/100 km (Stadt), 16,4 kWh/100 km (Pendelfahrt), 22,3 kWh/100 km (Autobahn)
Basispreis Audi RS E-Tron GT 140.000 Euro
Testwagenpreis 179.919,99 Euro

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