Baumarkt oder Fachhändler? Expertentipps zum Fahrradkauf

Auf der Suche nach einem neuen Fahrrad? Onlineshops, Bau- und Supermärkte locken mit besonders günstigen Schnäppchen. Doch so manches Schnäppchen entpuppt als Fehlinvestition.

Eine Verkäuferin berät einen Kunden in einem Fahrrad-Geschäft
Wer nach einem neuen Fahrrad sucht, wird oft mit besonders günstigen Schnäppchen gelockt [Bildquelle: Adobe Stock]

Jedes Frühjahr reihen sich in den Eingangsbereichen von Bau-, Super- und Gartenmärkten die Schnäppchen-Räder auf. Mehr als 20 Gänge, schickes Design und ein verlockend günstiger Preis locken. Doch wie gut sind die Fahrräder von der Stange? Und was, wenn das Rad mangels kompetenter Beratung schlicht nicht passt?

Häufig schlechte Beratung in Baumärkten

„Speziell in Bau- und Supermärkten trifft man nur selten auf Fachpersonal, es findet also keine gute Beratung beim Fahrradkauf statt“, sagt Sebastian Böhm vom Fachmagazin „Aktiv Radfahren“. Die sei aber sehr wichtig. „Vor allem, wenn der Kunde bislang nur wenig Ahnung von Fahrrädern hat.“ Neben der gänzlich fehlenden oder mangelhaften Beratung müsse man zudem damit rechnen, dass die Fahrräder aus dem Baumarkt oder vom Online-Shop nicht fahrbereit bei Kund*innen ankämen. Häufig fehle die Endmontage, zu der beispielsweise die korrekte Sitz- und Lenkerposition oder auch das Einstellen von Bremsen und Gangschaltung gehört. Auch in Sachen Qualität erhalten viele Baumarkt-Räder keine guten Noten. Experten raten daher zum Gang in den Fachhandel.

Online kaufen und offline warten lassen?

In den meisten Onlineshops finden Interessenten eine sehr große Auswahl an Fahrrädern vor. Allerdings ist beim Fahrradkauf über Onlineshops keine Probefahrt möglich. „Das Rad wird ausschließlich nach Größenangaben und der Optik gekauft. Passt es nicht, ist das Zurückschicken oft sehr umständlich“, warnt Koßmann. Empfehlen könne er den Fahrradkauf im Internet daher nur erfahrenen Radfahrenden, die ihre Anforderungen genau kennen und die dort auf der Suche nach einem ganz speziellen Rad möglicherweise mal ein Schnäppchen machen könnten. Zwar gibt es mittlerweile im Internet gut funktionierende Größen-Finder, und auch Beratungstermine können online stattfinden. „Allerdings ersetzt das alles nicht den echten Kontakt mit dem Fahrrad“, sagt Böhm. Wird ein Fahrrad online gekauft, bleibt zudem die Frage nach dem späteren Service offen. „Ein Fahrrad sollte wenigstens einmal im Jahr gewartet werden. Wer sein Rad online oder auch im Baumarkt kauft, dem fehlt dieser Händler-Kontakt“, so Böhm.

Ein Mechaniker repariert das Rad eine Fahrrads
Mindestens ein Mal im Jahr sollte das Rad zur Wartung [Bildquelle: Adobe Stock]

Wer trotzdem nicht auf den Online-Kauf verzichten will, sollte prüfen, ob das Internetgeschäft eventuell Kooperationspartner im stationären Handel hat. Es gibt Direktversender, die für den Service mit niedergelassene Händlern zusammenarbeiten. Einige Fahrradhersteller betreiben auch selbst Shops. Im Fall des Fahrradherstellers Storck etwa ist es möglich, in einem der vier über Deutschland verteilten Geschäfte eine Probefahrt zu absolvieren. Dort stellen Mitarbeiter das Rad direkt auf die Kund*innen individuell ein. Im Anschluss kann man es entweder gleich mitnehmen oder sich nach Hause senden lassen.

Der Fachhandel ist die erste Wahl

Für David Koßmann vom Pressedienst Fahrrad (pd-f) ist und bleibt die erste Anlaufstelle der Fachhändler: „Das Qualitätsniveau bei Rädern aus dem Fachhandel ist insgesamt wirklich sehr hoch, da kann man praktisch keinen Unfug mehr kaufen“. Im Fachhandel geht dem Kauf in der Regel eine umfassende Beratung voraus. „Ein guter Händler fragt erst einmal, was dem Kunden wichtig ist und auch, in welchem Preissegment sich das neue Fahrrad bewegen soll“, sagt Böhm. Ein gutes City-Rad beispielsweise gebe es bereits ab rund 700 Euro, doch je nach Anspruch kann man für diesen Fahrrad-Typ auch mehrere Tausend Euro ausgeben.

Wie soll das Fahrrad genutzt werden?

Fachhändler ist nicht gleich Fachhändler. Daher sollen sich Kund*innen vorab informieren, worauf der jeweilige Laden sich spezialisiert. Für ein Alltagsrad ist ein Spezialgeschäft für Rennräder nicht die beste Anlaufstelle. Wichtig ist auch, sich vorab zu überlegen, wie das neue Rad eingesetzt werden soll. „Wer das Rad beispielsweise häufig zum Einkaufen nutzt, braucht möglicherweise einen anderen Gepäckträger“, sagt Koßmann. „Liegt der Fokus auf weiteren Strecken, kann ein sportlicherer Lenker sinnvoll sein.“ Diese Informationen helfen dem Verkaufspersonal, die Auswahl einzuschränken.

Anders als häufig angenommen ist die Anzahl der Gänge bei einer Kettenschaltung beispielsweise ist kein Qualitätskriterium – ganz im Gegenteil. „Wer ein Fahrrad für die Stadt sucht, dem wird ein Fachhändler eher von einer Schaltung mit vielen Gängen abraten. Hier reichen acht Gänge völlig aus“, sagt Böhm. Eine Nabenschaltung sei bei einem Citybike zudem immer zu bevorzugen, weil sie wartungsärmer sei.

Unbedingt eine Probefahren machen

Ist das Bike ausgesucht und konfiguriert, kommt die Probefahrt. Gerade wer bislang nur wenig Fahrrad gefahren ist, kennt im Zweifelsfall die Unterschiede verschiedener Radtypen nicht, „daher sollte das Probefahren das A und O beim Fahrradkauf sein“, rät Kloßmann. Gut sortierte Fahrradgeschäfte hätten immer einige Testräder im Angebot. Er zieht den Vergleich zum Autokauf und empfiehlt, das Bike in verschiedenen Alltagssituationen zu testen. „Nur so lassen sich unterschiedliche Reifen, Bremsen und Gangschaltungen beurteilen“, sagt Koßmann.

Wirkliche Schnäppchen sind derzeit rar

In früheren Jahren galt der Winter als gute Zeit zum Fahrradkauf. Im Januar und Februar hatten die Händler ihre Bestellungen für die neue Saison bereits getätigt, Restexemplare aus der Vorsaison fanden sich deutlich vergünstigt. Und, am wichtigsten: Die meisten Kund*innen denken bei Minusgraden noch nicht ans Radfahren. In den Läden geht es entspannt zu, das Personal hat Zeit. Heute gebe es keine besonders günstige Jahreszeit für den Kauf mehr, sagt der Experte: „Wir haben seit fast anderthalb Jahren die Situation, dass einerseits die Nachfrage sehr hoch ist, es aufgrund der Pandemie aber weiterhin unterbrochene Lieferketten gibt“, sagt Koßmann. Entsprechend lang seien mitunter die Wartezeiten. Günstigere Preise sind Böhm zufolge allenfalls bei Vorjahresmodellen zu erwarten: „Wer da das passende Rad findet, sollte zuschlagen.“

Entgegenkommen würden die Händler ihren Kunden mitunter aber durch Servicepakete oder Zubehör. Nachfragen lohne sich immer: Ein Fahrradhelm oder Fahrradschloss etwa entspreche einem Nachlass von einigen Prozentpunkten.

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