Foxconn: Von der Spielekonsole zum Elektroauto
Der Elektronik-Zulieferer Foxconn will Elektroautos bauen: Drei Prototypen dienen als Blaupause für interessierte Unternehmen. Foxconn selbst bleibt im Hintergrund – und kennt sein größtes Manko.
Die Foxconn Technology Group ist für viele Menschen ein kaum bekannter Riese. Der Elektronikgigant beschäftigt in Taiwan gut 800.000 Mitarbeiter – also mehr als der VW-Konzern mit all seinen Marken weltweit. Foxconn hat aber nur wenig mit Endkunden zu tun. Die Firma beliefert große Konzerne: Apple, Intel, Dell, Microsoft oder Sony kaufen lassen dort ihre Smartphones, Mainboards, Laptops und Spielekonsolen bauen. Nun sollen Elektroautos das Portfolio ergänzen. Am Montag zeigte der Konzern drei Prototypen.
Vor einem Jahr kündigte Foxconn an, in die Autoproduktion einsteigen zu wollen. Ziel sei es, eine Architektur zu schaffen, in der Software und Hardware voneinander getrennt seien. Potenzielle Kunden und ihre Entwickler sollen freien Zugriff auf Technologien und Werkzeuge erhalten, um eigene Elektrofahrzeuge zu gestalten und sie mit angepasster Software zu individualisieren. Damit soll für kleine Unternehmen die Hürde sinken, in die Fahrzeugproduktion einzusteigen.
Drei Prototypen als Architektur-Muster
Seit der Bekanntgabe des Vorhabens schließt Foxconn in regelmäßigen Abständen neue Partnerschaften und akquiriert nützliche Vermögenswerte. Zu den wichtigsten gehören das Joint Venture Foxtron mit dem taiwanesischen Fahrzeughersteller Yulon Motor Group. Zudem gehört Foxconn ein Autowerk im US-Bundesstaat Ohio. Pininfarina hilft beim Design, Fisker plant eine gemeinsame Produktion. Foxconn gibt an, über ein dichtes Zulieferer- und Vertriebsnetz zu verfügen.
Was konkret dabei herauskommen könnte, zeigt der Konzern an seinem diesjährigen Tech Day. Er präsentiert drei Fahrzeuge, alle benannt nach alter Ford- (oder aktueller Tesla-) Manier: Model plus Buchstabe. Mit einem davon fährt Foxconn-Gründer Terry Gou persönlich vor. Das Model E ist das luxuriöse Flaggschiff des Konzerns.
Foxconn kündigt ein mobiles Büro im Fond an, in das sich persönliche Endgeräte nahtlos einfügen lassen. Damit ließen sich diverse technische Spielereien ermöglichen, zum Beispiel eine Türöffnung per Gesichtserkennung. Das Auto verfüge über eine Leistung von 750 PS und eine rein elektrische Reichweite von 750 Kilometern, sagt der Hersteller. Kurios, aber selbstbewusst: Die Beschleunigung vergleicht Foxconn mit der eines Formel-1-Autos.
Mit dem Model C schielt Foxconn auf das große Volumen. Es handelt sich um ein SUV mit 4,64 Metern Länge, fünf Sitzplätzen und zwei Notsitzen sowie „einer Menge Laderaum“. Es sei effizient, geräumig, schnell und klug vernetzt. Der Endpreis sei vergleichbar mit dem eines ähnlich großen Verbrenners.
Das dritte Auto will Foxconn im öffentlichen Personennahverkehr einsetzen: Bei dem Model T handelt es sich um einen rein elektrischen Bus. Den habe die Firma umfangreich getestet. Er bewältige Steigungen von 25 Prozent, fahre 120 km/h schnell und verfüge über eine besonders temperaturbeständige Traktionsbatterie. Dass der Bus den gleichen Name trägt wie Fords Model T, das erste auf dem Fließband produzierte Fahrzeug, sei kein Hinweis auf eine Kooperation.
Foxconn: Auftragsfertigung für andere Marken
Die ersten drei Fahrzeuge des Konzerns sind als Beispiele zu verstehen. Es geht nicht darum, sie unverändert in Serie zu produzieren. Foxconn will, dass andere Unternehmen auf den Möglichkeiten von Hard- und Software aufbauen – und die Autos dann von Foxconn fertigen lassen. Der erste Kunde steht bereits fest: Es handelt sich um den Joint-Venture-Parter Yulon.
Über die Aufwände eines Autoherstellers ist sich der Konzern bewusst. Die „New York Times“ zitiert den Foxconn-Vorsitzenden Young Liu mit den Worten: „Unsere größte Herausforderung lautet: Wir wissen nicht, wie man Autos baut.“ Aber traditionellen Autoherstellern fehle die Expertise bei Software und Computerchips. Das sei ein größeres Problem. Hier könne Foxconn auf die Erfahrung in der Unterhaltungselektronik zurückgreifen.
Foxconn will ein Moment nutzen, das Tesla in Bewegung gesetzt hat: Autos definieren sich zunehmend über ihre Software. An dieser Stelle können Tech-Firmen ihre Kompetenz nutzen und sich in wichtigen Punkten von den erfahrenen Autobauern absetzen. Wenn der Konzern Erfolg hat, könnte der Automarkt bald sehr vielfältig aussehen.
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