Hessen: Volksbegehren für Verkehrswende gestartet
Über ein Volksbegehren will der ADFC Hessen die Politik zu mehr Radverkehr und ÖPNV verpflichten. Der Gesetzentwurf steht – jetzt braucht es 45.000 hessische Unterschriften.
In Berlin hat es bereits geklappt. Über ein Volksbegehren setzten die Bürger der Hauptstadt ein Gesetz zur Förderung des Radverkehrs durch. Damit ist Berlin das erste Bundesland, das den Vorrang von ÖPNV, Fuß- und Radverkehr per Gesetz festgeschrieben hat. Das versucht eine Initiative in Hessen jetzt auch. Etwa ein Jahr dauerte die Erarbeitung des Gesetzesentwurfs. Daran mitgewirkt haben der ADFC Hessen, der Verkehrsclub Deutschland (VCD Hessen), der Fachverband Fußverkehr (Fuss e.V.), sowie die Radentscheide Darmstadt, Frankfurt am Main, Kassel und Offenbach.
Die Forderung: Mehr Förderung von umweltfreundlicher Mobilität. So soll der Anteil der umweltfreundlichen Verkehrsarten am gesamten Personenverkehr auf mindestens 65 Prozent steigen. Derzeit liegt der Anteil des Fuß- und Radverkehrs sowie des öffentlichen Nahverkehrs (ÖPNV) in Hessen bei etwa 45 Prozent.
Um das Ziel zu erreichen, fordern die Initiatoren besser ausgebaute Radwege. Fahrradverbindungen zwischen Hessens Städten soll ein landesweites Radwegenetz herstellen. Außerdem fordert der Entwurf breitere Gehwege, sicherere Schulwege sowie ein flächendeckendes ÖPNV-Netz mit verkürzten Fahrtzeiten und gesteigerter Frequenz. Dies soll ein „Hessentakt“ realisieren: Zwischen fünf Uhr morgens und 23 Uhr soll einmal pro Stunde von jedem Ort aus ein Bus in die nächste größere Stadt fahren. Im ländlichen Raum sollen so Alternativen zum motorisierten Individualverkehr entstehen. Das Auto verbieten wolle man nicht, so die Initiatoren. Das Ziel sei jedoch, den Autoverkehr zu reduzieren.
45.000 Unterschriften zum neuen Gesetz
Die Zulassung des Volksbegehrens erfordert nun mindestens 45.000 Unterschriften. Unterschreiben dürfen alle wahlberechtigten Bürger mit Wohnsitz in Hessen. Die Unterschrift muss persönlich vor Ort an verschiedenen Sammelstellen erfolgen, digital können die Einwohner Hessens sich also nicht beteiligen. Auf Veranstaltungen sammeln die Initiatoren ebenfalls Unterschriften.
Ansgar Hegerfeld, stellvertretender Landesvorsitzender des ADFC Hessen, beschreibt den Weg von der Erarbeitung des Gesetzentwurfs bis zum Start der Unterschriftenaktion: „Wir sind sicher, dass unser Volksbegehren die Verkehrswende in Hessen beschleunigen wird. Ein formal einwandfreies Gesetz zu formulieren, wie es das hessische Recht vorschreibt, und den Prozess für ein Volksbegehren in Gang zu bringen, bedeuteten einen echten Kraftakt. Aber gleichzeitig liegt darin die Chance, die Verkehrswende als verbindliches Gesetz zu verankern. Ist das erreicht, kann es von den Regierenden nicht mehr ignoriert werden“.
Hessens Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Bündnis 90/Die Grünen) reagierte in einer Stellungnahme auf den Entwurf: „Ob der jetzt vorgelegte Entwurf eines Landesgesetzes der richtige Weg ist, um das gemeinsame Ziel der Verkehrswende zu erreichen, ist zumindest diskussionswürdig“. Al-Wazir sicherte zu, dass man „dasselbe Ziel“ verfolge. Allerdings sei die Bundespolitik für viele der Themen verantwortlich. Etwa über das Straßenverkehrsgesetz oder die Straßenverkehrsordnung.
Die Unterschriftensammlung wird laut ADFC Hessen noch weit bis in das Jahr 2022 hinein andauern. Sind alle Unterschriften gesammelt, prüft sie der Landeswahlausschuss. Anschließend beschließt der Landtag das Gesetz oder gibt es zur Volksabstimmung frei. Dann müssen mindestens 25 Prozent aller Stimmberechtigten zustimmen, damit das Gesetz in Kraft tritt.
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