Der Regenschirm fürs Fahrrad - getestet im Klima-Simulator

Regen hält viele Menschen vom Fahrradfahren ab. Eine Südtiroler Firma hat eine Lösung für das Problem entwickelt: BikerTop wurde im Klima-Simulator getestet. Deutschland gilt als wichtigster Markt.

Ronald Tenbusch

Ronald Tenbusch

Zu sehen ist ein Regenschutz für Fahrradfahrer
Der italienische Hersteller BikerTop entwickelt einen flexiblen Regenschutz-Aufsatz für E-Bikes [Bildquelle: BikerTop]

Umweltfreundlich, gesund und gerade in der Stadt extrem flexibel – nicht umsonst erfreut sich das Fahrradfahren hierzulande immer größerer Beliebtheit. Laut Untersuchung des Allensbach-Instituts stieg der Anteil der Bevölkerung, der täglich das Fahrrad nutzt, von 17 Prozent im Jahr 2019 auf 22 Prozent im vergangenen Jahr. Vor allem E-Bikes und Trekking-Räder erleben einen wahren Boom. Und weil langsam, aber stetig vielerorts der Ausbau der Radwege in die Gänge kommt, könnte das Leben eines Radfahrers kaum schöner sein. Wäre da nur nicht die Unberechenbarkeit des Wetters.

Denn so schön das Radeln bei trockenem Wetter ist, so unangenehm ist es bei Regen. Und da es in Deutschland, je nach Region, statistisch jeden dritten bis vierten Tag regnet, kann einem der Spaß auf zwei Rädern schon mal vergehen. Laut einer McKinsey-Umfrage wünschen sich 45 Prozent der potenziellen Nutzer ein Verkehrsmittel, das sie vor Wind, Regen und Schnee schützt. Die Antwort auf durchnässte Kleidung und verschmierte Brillengläser soll nun aus Südtirol kommen. Das zumindest ist der Plan von Diego Divenuto, dem Gründer und Erfinder von BikerTop.

BikerTop is vor allem für E-Bikes geeignet

BikerTop ist eine Art Regenschirm für das Fahrrad, der in einer Tasche am Lenkrad befestigt wird. Laut Hersteller kann er mit wenigen Handgriffen binnen Sekunden geöffnet und wieder geschlossen werden und spendet wasserdichten Schutz für den Fahrer. „Die Idee zu BikerTop kam mir im Gespräch mit ein paar Freunden, weil wir uns darüber ärgerten, dass man Platzregen auf dem Fahrrad schutzlos ausgesetzt ist“, erzählt Erfinder und Gründer Divenuto im Gespräch mit moblity.talk. Für den 50-Jährigen wurde aus einer Idee ein Hobby und aus dem Hobby ein Startup. In Italien ist BikerTop bereits patentiert, in vielen anderen Ländern steht die Eintragung in die entsprechenden Register kurz bevor.

„Deutschland ist für uns aufgrund der Größe und der Zahl der Radfahrer aktuell noch vor den Niederlanden oder Belgien der spannendste Markt. Großes Interesse kommt aber auch aus Asien“, sagt Divenuto. Im „terraXcube“, einem privaten Forschungszentrum in Bozen, wurde die 65 Zentimeter breite und 150 Zentimeter lange Regenschutz-Konstruktion auf Herz und Nieren getestet. Hier können Wissenschaftler und Ingenieure in einem kontrollierten Umfeld extreme Wetterbedingungen reproduzierbar simulieren.

Gegenwind ist gut für den Regenschutz

Unterschiedliche Wind-, Kälte-, Regen- und Schneeverhältnisse wurden getestet. Die Erkenntnisse waren laut Divenuto eindeutig: „Gegenwind und Regen machen grundsätzlich keine Probleme. Unserem ersten Prototyp haben wir aber nach dem Test zusätzliche Flügel hinzugefügt, um auch die Arme komplett zu schützen“. Grundsätzlich gelte für ihn bei Unwetter die Faustregel: „Wenn Sie als Fußgänger noch einen normalen Regenschirm aufspannen würden, ohne Probleme zu bekommen, können sie auch problemlos BikerTop benutzen.“

Überhaupt sei Gegenwind, beispielsweise bei der Fahrt, eher gut für den Regenschutz, weil Fahrer durch die hohe Front und den veränderten Einfallswinkel noch besser geschützt seien. 25 km/h seien optimal, was aus seiner Sicht gerade für eine Nutzung auf dem E-Bike spreche. Das ist allerdings nicht der einzige Punkt, der für die Räder mit elektrischem Antrieb spricht. Denn mit rund 3 Kilogramm Gewicht spürt der Fahrer BikerTop ohne Motorisierung spätestens beim ersten längeren Anstieg deutlich in den Beinen.

Zu sehen ist ein Regenschutz für Fahrradfahrer
Der BikerTop-Aufsatz steckt in einer Tasche, welche am Lenkrad befestigt wird. Laut Angaben des Herstellers kann dieser schnell geöffnet und wieder geschlossen werden [Bildquelle: BikerTop]

Bikertop soll weniger als 200 Euro kosten

Dafür soll der Fahrrad-Regenschirm mit allen gängigen Adapter-Systemen am Lenkrad zu befestigen sein. Wie es sich für ein Produkt aus der Mode-Hochburg Italien gehört, soll BikerTop zudem in mehreren Farben und Designs erscheinen. Doch wieviel soll das Produkt eigentlich kosten? „Angepeilt ist ein Preis für den Endkunden von unter 200 Euro“, sagt Divenuto. Viel genauer kann es der Unternehmer noch nicht beziffern. Denn bislang fehlt BikerTop noch ein Geschäftspartner, um das Produkt final zu realisieren.

Vor allem beim Thema Vertrieb und Produktion mangelt es den Südtirolern aktuell noch an der notwendigen Power. „Hoffentlich können wir in einem Jahr die ersten BikerTops ausliefern“, sagt Divenuto. Wer so lange nicht mehr warten will, könnte bereits mit einem anderen Produkt Abhilfe schaffen. Gemeint ist nicht der ewig hässliche Regenponcho, sondern Bub-up von der Firma Rainjoy.

Konkurrenz aus Frankreich

Das Unternehmen aus Frankreich hat einen Regenschutz entwickelt, der nach einem ähnlichen Prinzip wie BikerTop funktioniert. Auch hier wird der Fahrer von einem Kunststoff-Dach geschützt. Dennoch gibt es einige Unterschiede. Setzt Regen ein, wir Bub-up aufgefaltet – fast wie man es von einem Wurf-Zelt kennt. Anschließend setzt man ihn wie einen Rucksack auf den Rücken und befestigt das vordere Ende mit Klettverschluss am Lenkrad. Mit einem Gewicht von lediglich 1000 Gramm ist Bub-up deutlich leichter als BikerTop. Und mit einem Preis von rund 120 Euro auch günstiger.

Dafür wirkt die gesamte Konstruktion spürbar instabiler und anfälliger etwa für starken Wind. Durch das Tragen auf dem Rücken macht Bub-up jede Rumpfbewegung mit. Das sorgt beim Fahren für deutlich mehr Unruhe als beim fest am Lenkrad fixierten BikerTop. Auch Auf- und Abbau des Regenschutzes gehen beim Produkt aus Südtirol deutlich einfacher. Oder haben Sie ein Wurf-Zelt schon einmal beim ersten Versuch wieder eingepackt bekommen?

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Fazit:

BikerTop klingt nach einer tollen Erfindung, die für viele Radfahrer eine langersehnte Antwort auf das allgegenwertige Regen-Problem sein könnte. Das ziemlich hohe Gewicht und der geschätzte Preis machen ihn aber sicher nicht zur Lösung für Jedermann. Ein weiterer Wehrmutstopfen ist das offene Erscheinungsdatum. 

Ronald | @MobilityTalk

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