Mercedes eActros: Dachser liefert jetzt elektrisch

So viel Leistung wie drei VW ID.3 Pro, mehr Akkukapazität als vier Tesla Model S und 400 Kilometer Reichweite: Der Mercedes eActros ist der erste schwere Elektro-Lkw der Welt.

Redaktion
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Elektrischer Lkw fährt über eine Landstraße
Der eActros schafft teilbeladen bis zu 400 Kilometer Reichweite. Zumindest bei perfekten Bedingungen [Quelle: Mercedes]

Der LKW-Verkehr ist stößt in Europa jährlich mehr als 200 Millionen Tonnen CO2 aus – das entspricht ungefähr einem Viertel der CO2-Emissionen des kompletten europäischen Straßenverkehrs. Bis 2025 soll der Ausstoß um 15 Prozent und bis 2030 um 30 Prozent sinken. Ein beispielloses Projekt für eine Branche, die mit großen Fahrzeugen schwere Güter über lange Strecken transportiert. Die Antwort von Mercedes auf diese Herausforderung heißt eActros. Der batterieelektrisch angetriebene Lkw wird seit Oktober 2021 in Serie produziert. 

Den eActros bietet Mercedes als Zwei- oder als Dreiachser an. Die Nutzlast beträgt dann 10,6 beziehungsweise 17,7 Tonnen. Zwei Elektromotoren treiben den elektrischen Lastwagen an. Gemeinsam kommen sie auf eine Dauerleistung von 330 kW – etwa die dreifache Leistung eines VW ID.3 Pro. Die Spitzenleistung des Lkw liegt bei 400 kW. Der Strom dafür stammt aus entweder drei oder vier Akkupacks mit einer Kapazität von jeweils 105 kWh. Insgesamt sind also 420 kWh Akku-Kapazität möglich. Zum Vergleich: Teslas Model S kann 100 kWh speichern.

400 Kilometer Reichweite - mit Einschränkungen

Die Reichweite gibt Mercedes mit einer Menge Bedingungen an. Der eActros fahre teilbeladen, ohne Anhänger und bei 20 Grad Außentemperatur rund 400 Kilometer weit. Das ist der Optimalfall. Abhängig von Zuladung, Temperatur und Topographie rollt er weitere oder kürzere Strecken. Ausgestattet mit drei Akkupacks , verringert sich die Reichweite des E-Lkw auf etwa 300 Kilometer. 

Mercedes gibt eine maximale Ladeleistung von 160 kW an. Damit lädt das Fahrzeug den Akku in etwa eineinhalb Stunden von 20 auf 80 Prozent. Gefertigt wird der eActros im Mercedes-Benz-Werk Wörth in Rheinland-Pfalz. Die Montagelinie wurde angepasst, damit das Elektrofahrzeug auf derselben Linie gefertigt werden kann wie die Verbrenner-Modelle.

Einen konkreten Preis will der Hersteller noch nicht bekanntgeben. Klar ist jedoch: Ein Schnäppchen wird der Mercedes eActros nicht. Andreas von Wallfeld, Leiter Vertrieb & Marketing von Mercedes-Benz Trucks sagte im Juni 2021, der Preis werde etwa beim Dreifachen eines vergleichbaren Diesel-LKW liegen. 

Interior Eactros E-LKW
Auf zwei großen Displays können Fahrer Verbrauch und Ladestand des Mercedes eActros ablesen [Quelle: Mercedes]

Mercedes bietet eActros auch mit Brennstoffzelle an

Der Actros ist das Topmodell der Mercedes-Lkw-Reihe. Die 2019 gestartete dritte Generation mit Verbrennungsmotor kostet, je nach Ausstattung, etwa 100.000 Euro. Der eActros wäre demnach einer der teuersten LKW, die in Serie produziert werden. Allerdings können interessierte Logistik-Unternehmen mit einer üppigen Förderung rechnen. Ab Herbst 2021 übernimmt der Staat beim Kauf eines elektrischen LKW 80 Prozent der Mehrkosten. Zudem wird für elektrische Lastwagen keine Maut fällig. Sie dürfen aufgrund der Akkus zudem schwerer sein als Modelle mit Verbrenner. 2022 rechnet Mercedes mit einem Absatz im dreistelligen Bereich.

Beim Übergang zu neuen Antrieben setzt Mercedes nicht ausschließlich auf die Batterie. Der LKW-Hersteller hat bereits Ende April mit ersten Tests des weiterentwickelten Prototyps seines wasserstoffbetriebenen Mercedes-Benz GenH2 Truck begonnen. 2027 soll der eActros mit Brennstoffzelle auf den Markt kommen.

Dachser erhält erste Serienfahrzeuge

Bereits seit 2019 testet der Logistikdienstleister Dachser einen Prototypen des eActros in seiner Stuttgarter Flotte – mit positivem Ergebnis. Nun übergab Daimler den ersten eActros der Serienproduktion an das Unternehmen. Der elektrische Lkw ist Teil von Dachsers Klimaschutzstrategie. Schon jetzt ist weiterer eActros-Zuwachs geplant.

„Der eActros hat in Stuttgart seinen Alltagswert bewiesen, vor allem wenn es um die emissionsfreie Direktbelieferung von Kunden mit palettierter Ware geht“, sagt Stefan Hohm, Vorstandsmitglied von Dachser. Das Logistik-Unternehmen setzt den eActros in der Stuttgarter Innenstadt für Stückgut-Lieferungen ein. Das sind palettierte Sendungen, die für den klassischen Paketversand zu groß und zu schwer sind. Darüber hinaus versorgt der E-Lkw ein innerstädtisches Mikrohub mit Sendungen, die anschließend emissionsfrei per Lastenräder an die Endkund*innen verteilt werden. Die Batterien des eActros lädt Dachser in seiner Niederlassung im Baden-Württembergischen Kornwestheim mit Grünstrom.

Nicht nur Dachser hat Interesse an dem elektrischen Lastwagen. Das schwedische Transportunternehmen Enride bestellte Ende vergangenen Jahres 120 Fahrzeuge bei Daimler. Laut den Stuttgartern erfolgt die Auslieferung Mitte 2022.

eActros LongHaul kommt 2024

Das Spezialgebiet des eActros ist der kommunale Lieferverkehr. 2024 soll es dann Überland gehen – mit dem eActros LongHaul. Er wird Daimlers erster reinelektrischer Vierzigtonner und soll 500 Kilometer Reichweite bieten. Laut Daimler ist diese Reichweite ausreichend, weil Lkw-Fahrer*innen in der EU sowieso nach 4,5 Stunden eine zusammenhängende Ruhepause von 45 Minuten einlegen müssen. In dieser Zeit seien die Batterien im eActros LongHaul größtenteils wieder voll. sofern die vielbesprochene fehlende Ladeinfrastruktur bis 2024 weniger Lücken aufweist. Jetzt müssen die künftigen Brummi-Fahrer*innen nur noch hoffen, dass die Ladeinfrastruktur bis in zwei Jahren ausreichend ausgebaut ist.

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