Mobilitätsbudget statt Dienstwagen: Heute Bus, morgen Taxi

Mehr Flexibilität und Nachhaltigkeit – das sind die Hauptargumente für sogenannte Mobilitätsbudgets, bei denen Mitarbeiter statt eines Dienstwagens einen fixen Betrag für verschiedene Transportmöglichkeiten erhalten.

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Sabine Stahl

Zu sehen ist die Mobilitäts-App der deutschen Bahn
Zahlreiche Mitarbeitende verzichten auf den üblichen Firmenwagen, da ein Mobilitätsbudget mehr Flexibilität und Nachhaltigkeit schafft [Bildquelle: Deutsche Bahn]

Viele Mitarbeiter bedeuten für Fuhrparkmanager oder die Personalabteilung viele verschiedene Wünsche in Bezug auf Mobilitäts-Benefits – und das bedeutet vor allem viel Arbeit. Während früher vor allem die Frage „Audi A4 oder BMW 3er“ brannte, wünschen sich Mitarbeiter heute ein Jobticket, ein Mietfahrrad, eine Bahncard 100 oder die Erstattung von Taxikosten.

Der Grund für die wachsende Komplexität ist leicht erklärt: Junge Menschen machen seltener einen Führerschein, Großstädter stehen mehr im Stau und umweltbewusste Mitarbeiter möchten zum Teil gar kein Auto mehr. 

Viele Unternehmen reagieren bereits darauf und bieten Alternativen an. Allerdings sind dies meist einzelne Lösungen für einzelne Probleme. Fahrradfahrer bekommen ein Abo von Jobrad, andere erhalten ein Ticket für den ÖPNV und wieder andere eine Bahncard. Für das Fuhrparkmanagement bringt dies keine Entlastung.

Ein Budget und viele Möglichkeiten

Mobilitätsbudgets entlasten – zumindest in Ballungsgebieten und Großstädten, in denen Staus und mangelnde Parkmöglichkeiten das eigene Auto unattraktiver machen, während gleichzeitig eine alternative Infrastruktur besteht. In Berlin etwa gibt es nicht nur ein großes Netz an U-, S- und Straßenbahnen, es gibt darüber hinaus zahlreiche Anbieter für Car-, Roller- oder Fahrrad-Sharing

Ein festgelegtes Budget, das der Mitarbeiter flexibel für verschiedene Verkehrsmittel einsetzen kann, könnte die richtige Antwort auf den Bedarf des modernen Mitarbeiters sein. Daran glauben nicht nur diverse Unternehmen, sondern auch zahlreiche Anbieter. Die App Mobiko (=Mobilitätskontingent) spricht davon, aus Insellösungen für einzelne Mitarbeiter eine einheitliche Lösung zu formen.

„Bisherige Lösungen waren sehr unflexibel und an ein Transportmittel gebunden“, erklärt Nicola Büsse, Mitgründerin von Mobiko. Ein Mobilitätsbudget biete im Rahmen eines festgelegten Betrages viel mehr Freiheiten. Der Arbeitnehmer wählt das Transportmittel seiner Wahl und reicht die Rechnung im Anschluss ein.

Mobiko

Mit Mobiko, einem Spin-off von Audi, können Unternehmen ihren Mitarbeitern ein monatliches Budget zur Verfügung stellen, das weltweit für alle Verkehrsdienstleistungen eingesetzt werden kann. Einen weiteren Vorteil bringt die Plattform bei der Steuer. Denn das deutsche Steuerrecht wird ziemlich unübersichtlich, wenn statt eines festen Dienstwagens oder eines Monatstickets verschiedene Formen der Mobilität genutzt werden.

Wer seine Ausgaben jedoch in die App einträgt und die entsprechenden Belege hochlädt, erhält eine steuerkonforme Abrechnung und mit der nächsten Gehaltsabrechnung die bestmögliche Erstattung der Kosten. Laut Firmen-Website wurden bei Mobiko bislang rund 90.000 Belege eingereicht mit einem Wert von circa 2,8 Millionen Euro.

Das beliebteste Verkehrsmittel bei Mobiko ist der öffentliche Nahverkehr. Entsprechende Tickets werden bislang am häufigsten eingereicht, gefolgt von Bahn-Tickets und Tankbelegen. Die Budgets, die Firmen ihren Mitarbeitern zur Verfügung stellen, reichen von 20 bis 1.000 Euro. Die meisten Nutzer erhalten ein monatliches Budget von 50 bis 100 Euro, erklärt Büsse. Insgesamt haben mehr als 80 Prozent einen Betrag von bis zu 150 Euro im Monat zur Verfügung.

Zu sehen sind zwei ShareNOW Taxis
FREENOW ist ein Unternehmen für Mobilitätsdienstleistungen. Das Angebot reicht von Taxis über Carsharing bis hin zu E-Rollern [Bildquelle: FREENOW]

Moovster

Die Mobilitätsplattform Moovster ist ein Spin-Off von BMW und wurde von einem ehemaligen BMW-Mitarbeiter gegründet. Der bayerische Automobilhersteller ist deshalb auch der erste große Kunde des Unternehmens. Mitarbeiter von BMW können sich über die Software von Moovster ein Jobrad leasen oder finanzieren. Neben BMW zählt der Versicherer Allianz zählt zu den Kunden von Moovster.

Generell soll die Plattform auch Privatpersonen zur Verfügung stehen. Sie sollen ein eigenes Budget buchen können und dann nach dem Miles-and-more-Prinzip für ein nachhaltiges Mobilitätsverhalten belohnt werden. Auch eine Flatrate wäre denkbar. Aktuell sucht die Plattform noch Testnutzer auf ihrer Website.

Bonvoyo

Die Deutsche Bahn beschäftigte sich bereits 2015 mit der Idee eines Mobilitätsbudgets und kündigte die Entwicklung eines Prototyps an. Einer der Gründe hierfür war eine vorangegangene Studie der Deutschen Bahn, die besagte, dass Firmenwagen „an Bedeutung verlieren werden“. Mittlerweile hat das Unternehmen Bonvoyo gegründet und die Idee von damals in die Tat umgesetzt. Die App kann von Arbeitgebern für Arbeitnehmer oder von Privatpersonen genutzt werden.

Bei der beruflichen Nutzung stellt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer ein zuvor vereinbartes Budget über die App zur Verfügung. Der Arbeitnehmer kann dies flexibel für alle Transportmittel einsetzen, sei es für den ÖPNV, für ein Taxi, für Carsharing oder andere Dienste.

Free Now

Der Dienstleister für verschiedenen Mobilitätsdienstleister startete im Sommer 2021 ein Pilotprojekt, bei dem Arbeitgeber ihren Mitarbeitern ein Budget zur Verfügung stellen können. Damit können sie Carsharing-Dienste, Taxi, Mietwagen, elektrische Scooter und Mopeds buchen. An dem Test sind rund 2.000 Mitarbeiter beteiligt. Im Anschluss soll das Angebot auf ganz Europa ausgeweitet werden.

Zu sehen sind ein E-Roller, E-Scooter und E-Moped vor einem VW Sharing Auto
In deutschen Großstädten ist die Auswahl an sogenannten „Sharing“-Anbietern groß. Mobilitätsbudget scheinen dort logisch. Auf dem Land fehlt die dafür nötige Infrastruktur [Bildquelle: Wolfram Steinberg/Picture-Alliance]

SAP

Das Software-Unternehmen SAP testet seit dem Frühjahr 2020 mit 115 Mitarbeitern flexible Mobilität mit Hilfe eines Budgets. Der Test läuft in Berlin und Potsdam. Über die Höhe des Budgets gibt das Unternehmen keine Auskunft. Dies orientiert sich genauso wie die Größe und die Ausstattung eines Firmenwagens an der Position des Mitarbeiters im Unternehmen und an dessen Gehalt. Es soll nach Aussagen von Steffen Krautwasser, SAP-Flottenmanager, jedoch mindestens für ein ÖPNV-Abonnement sowie gelegentliche Fahrten mit Car-Sharing oder Mietwagen reichen.

Ausblick

Mobilitätsbudgets sorgen für mehr Ordnung im Fuhrparkmanagement und unterstützen zudem nachhaltigere Verkehrslösungen. Bei Mobiko etwa merken die Nutzer schnell, welche Verkehrsmittel bei der eigenen Steuer besser abschneiden und wo sie Ausgaben zurückerhalten und wo nicht. Bislang sind die Budgets jedoch nur eine Lösung für Städter. Auf dem Land fehlt die dafür notwendige Infrastruktur. Doch auch auf dem Land können Unternehmen ihre Mitarbeiter für umweltfreundliches Pendeln belohnen. Nicola Büsse nennt dies Zero-Emission-Mobility. Damit ist z. B. gemeint, wenn jemand zu Fuß zur Arbeit geht, mit dem eigenen Rad fährt oder aber auch einfach zu Hause bleibt.

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