ÖPNV: Alle Infos zum 9-Euro-Ticket

Seit dem 1. Juni befindet sich das 9-Euro-Ticket im freien Verkauf. Alle Infos zum 3-Monate-ÖPNV-Ticket für 9 Euro monatlich.

Redaktion

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Ab 1. Juni gilt in Deutschland das 9-Euro-Ticket. Als Kompensation für gestiegene Energiekosten - aber auch als verkehrspolitischer Großversuch [Bildquelle: picture alliance/dpa | Daniel Karmann]

Für 90 Tage kostet die Monatskarte für Bus und Bahn nur neun Euro pro Monat. Ein groß angelegtes Experiment: Gelingt es, die Menschen mit stark subventionierten Nahverkehrspreisen von Alternativen zum Auto zu überzeugen? „Wir machen Bus- und Bahnfahren so billig, wie es in Deutschland wahrscheinlich noch nie war“, sagte Grünen-Chefin Ricarda Lang.

 „Der ÖPNV ist gerade in der aktuellen Situation für viele Bürgerinnen und Bürger eine notwendige, leistungsfähige und kostengünstige Alternative zum eigenen Pkw und gleichzeitig das umweltfreundlichste Verkehrsmittel neben dem Fahrrad,“ begründet die Koalition das 9-Euro-Ticket. Das Paket kostet rund 2,5 Milliarden Euro.

Wer kann das 9-Euro-Ticket kaufen?

Das Ticket steht allen Bürger*innen zur Verfügung. Es gilt also nicht nur für Senior*innen, Schüler*innen oder andere Gruppen, für die ermäßigte Fahrscheine bereits existierten. Wer über ein aktives Nahverkehr-Abo verfügt, erhält dadurch keinen Nachteil. Auch Tourist*innen aus anderen Ländern können das 9-Euro-Ticket nutzen. Bahn-Urlaub in Deutschland, oder auch eine Städtereise, wird damit auch für Gäste aus dem Ausland finanziell sehr attraktiv.

Wie funktioniert das 9 für 90 Ticket genau?

Das 9-Euro-Ticket kann über Automaten und Schalter gekauft werden. Die meisten Verkehrsunternehmen, etwa der VBB oder die Deutsche Bahn, verkaufen das Ticket auch über ihre Apps. Dort bekommt man das Ticket digital. Geplant ist ein monatsweiser Verkauf für 9 Euro. Das Ticket gilt jeweils bis zum Ende des Monats, in dem es gekauft wurde, es „gleitet“ also nicht.

Wo gilt das 9-Euro-Ticket?

Das 9-Euro-Ticket gilt bundesweit im Nah- und Regionalverkehr. Die Verkehrsverbünde haben diese Lösung bevorzugt, weil es sonst Probleme bei Fahrgästen gegeben hätte, die durch mehrere Verbundsgebiete pendeln. Damit ist es theoretisch möglich, etwa mit dem 9-Euro-Ticket zum Beispiel von Bayern an die Nordsee zu fahren. Es gilt allerdings nicht in Fernzügen, so dass Fahrgäste auf solchen Fahrten deutlich länger unterwegs sein werden als nötig.

Achtung: Einige Fernzüge werden im Regionalverkehr eingesetzt. In ihnen gilt das 9-Euro-Ticket nicht. Das 9-Euro-Ticket gilt für die Züge der DB Regio, nicht aber für die des DB Fernverkehr. Das Problem dabei: auch der DB Fernverkehr setzt teilweise Regionalzüge ein. Der Unterschied zu jenen der DB Regio ist von außen nicht erkennbar.

Leider gibt es auch keine Möglichkeit, die Regionalzüge des DB Fernverkehr bei der Reiseplanung herauszufiltern. Wichtig ist also bei den Verbindungen in der App oder auf der DB-Webseite nach dem Hinweis „9-Euro-Ticket nicht gültig“ zu schauen. Denn wer in den falschen Zug einsteigt, muss mit 60 Strafe wegen Schwarzfahrens rechnen. Ein Sprecher der Deutschen Bahn sagt, dass DB Fernverkehr den Umstand mit den Ländern klären wolle.

Auch private Verkehrsträger wie Flixbus, Flixtrain oder Moia nehmen nicht teil. Private Verkehrsträger, die Teil eines Verkehrsverbunds sind, können mit dem 9-Euro-Ticket aber benutzt werden. Das betrifft zum Beispiel die Ostdeutsche Eisenbahn (Odeg).

Gilt das 9-Euro-Ticket für Fahrräder?

Die kostenlose Mitnahme eines Fahrrads ist im 9-Euro-Ticket nicht enthalten. Damit folgt die Bundesregierung den Empfehlungen der Verkehrsunternehmen. Inhaber*innen des 9-Euro-Tickets müssen also ein Fahrrad-Ticket dazukaufen. Ausgenommen davon sind Inhaber*innen von Abonnements, welche die Fahrradmitnahme bereits beinhalten. Dieser Bonus geht ihnen durch das 9-Euro-Ticket nicht verloren.

Wegen des teilweise erhöhten Fahrgastaufkommens raten einige Verkehrsunternehmen, darunter der Nahverkehr in Schleswig-Holstein NAH.SH allerdings davon ab, während der drei Monate des Aktionszeitraums das Fahrrad mitzunehmen. Auch die Bahn hat wegen der zu erwartenden vollen Züge darauf hingewiesen, dass eine Mitnahme von Fahrrädern nicht garantiert werden könne.

Was kostet das 9-Euro-Ticket?

Berechtigte Frage, denn: Das 9-Euro-Ticket kostet nicht immer neun Euro. Der Landkreis Cham bietet die Fahrkarte ab dem 1. Juni 2022 für drei Monate zum vergünstigten Preis von 22 statt 27 Euro an. Tipp: Dieser Preis ist online in der „Wohin Du Willst“ App verfügbar. 

Abo: Was ist mit meiner Monatskarte?

Das 9-Euro-Ticket soll auch Fahrgäste mit bestehendem Monatsabo entlasten. Inhaber*innen von Monatskarten und anderen Abonnements oder Zeitkarten entstehen durch das 9-Euro-Ticket keine Nachteile. Ihren Abo-Preis senkt das jeweilige Verkehrsunternehmen automatisch auf 9 Euro herab oder gleicht den Differenzbetrag in den Folgemonaten aus. Eventuell vorhandene Abo-Vorteile, etwa die Fahrradmitnahme, bleiben im jeweils geltenden Verkehrsverbund erhalten. Das betrifft neben normalen Monatskarten auch Semestertickets für Studierende sowie Sozialtickets, Senior*innentickets, Schüler*innentickets und andere Angebote.

U-Bahnhof Hallesches Tor in Berlin: Die Stadt prüft, ob sie das Ticket in der Projektphase für Abo-Kund*innen gratis anbietet [Bildquelle: Picture Alliance | Karsten Koall]

Was ist nach den drei Monaten?

Offen ist die Frage, wie es nach den drei Monaten weitergeht mit dem öffentlichen Verkehr. Verbraucherschützer, Kommunen und Verkehrspolitiker fordern bereits jetzt, das Projekt als Startschuss für einen dauerhaft günstigeren Nahverkehr zu nutzen. Berlins Verkehrssenatorin Bettina Jarasch etwa kündigt an: „Wir werden das nutzen für eine ÖPNV-Attraktivitäts-Offensive.“

Marion Jungbluth, Mobilitätsexpertin der Verbraucherzentralen, sieht das bundesweit gültige Ticket als „Booster für Busse und Bahn“. Bisher seien viele Tarife zu kompliziert. „Das ändert sich nun, und der ÖPNV wird damit einfacher und verbraucherfreundlicher.“ Die Bundesregierung solle die Zeit nutzen; um sicherzustellen, dass wesentliche Ticket- und Beförderungsbedingungen endlich vereinheitlicht würden.

Die Verbraucherschützerin mahnt bereits, drohende Preiserhöhungen nach dem Ende der Aktion müssten vermieden werden. Die Interimschefin des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Jutta Gurkmann sagte: „Um den ÖPNV zu stärken und Fahrgäste dauerhaft zu halten, sind konstant günstige Ticketpreise wichtig“. Die Bundesregierung soll deshalb ein Preismoratorium für Busse und Bahnen beschließen und in einen kundenfreundlichen ÖPNV und attraktive Angebote investieren.

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) sieht in dem 9-Euro-Ticket ebenfalls einen Vorstoß zur einer dauerhaften und attraktiven ÖPNV-Lösung und schlägt den Übergang zu einem 365-Euro-Ticket vor.

Spritpreise: Senkung der Energiesteuer

Ein weiterer Aspekt im Entlastungspaket, der die Mobilität betrifft: Die Regierungskoalition senkte zum 1. Juni die Energiesteuer auf Kraftstoffe „auf das europäische Mindestmaß“ – ebenfalls befristet auf drei Monate. Das entspricht laut Bundesfinanzminister Christian Lindner einer Preissenkung von 30 Cent pro Liter auf Benzin und 14 Cent bei Diesel. „Die Koalition ist der Überzeugung, dass wir die Menschen und die Wirtschaft angesichts dieser enormen Preissteigerungen kurzfristig und befristet schützen müssen“, begründete Lindner die Maßnahmen. Bei den Autofahrer*innen angekommen ist die Senkung indes nicht. In Voraussicht auf die Steuer-Senkung zogen die Mineralölkonzerne die Spritpreise zum ersten Juni zunächst an.

Laut Christian Lindner sei nun das Kartellamt dafür zuständig, dass der Tankrabatt bei den Endkund*innen ankomme. Das Kartellamt wiederum weist auf einen Fehler in Lindners Strategie hin, denn Laut Kartellamt-Chef Andreas Mundt, seien die Kraftstoffunternehmen rechtlich gar nicht verpflichtet die Steuersenkung weiterzugeben. Zwar überprüfe das Kartellamt die Preisentwicklung sehr genau auf Kartellrechtsverletzungen. Als Wettbewerbsbehörde könne man jedoch auch sehr hohe Preise nicht einfach verbieten.

Neben dem Tankrabatt enthält das Paket viele weitere Entlastungen und Einmalzahlungen, aber auch neue Vorgaben im Bereich der Heizungssanierung. Insgesamt sprach Lindner von einem Paket in Höhe von 14 bis 16 Milliarden Euro.

(Artikel wird aktualisiert; mit Material von dpa)

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