Der Renault Mégane E-Tech Electric im Test
Mit dem Mégane E-Tech Electric beginnt bei Renault eine neue Ära der E-Mobilität. Mit extraschlankem Akku und Infotainment von Google. Der elektrische Kompaktwagen im Check.
Elektromobilität ist für Renault längst Alltag. Der Zoe summt schon seit 2013 auf den Straßen, da steckte selbst Tesla noch in den Anfängen. Mit dem Renault Mégane E-Tech Electric geht Elektro in die nächste Generation. Der Kompaktwagen hat nichts mit dem Verbrenner gleichen Namens gemeinsam, er steht auf einer komplett neuen, speziell für E-Autos konstruierten Plattform. Es gibt ihn mit bis zu 470 Kilometern Reichweite, Infotainmentsystem auf Basis von Android Automotive und dem „schlanksten Akku auf dem Markt“. Sagt Renault. Der Renault Mégane E-Tech Electric im Check bei Mobility-Talk.
Pro
Das gefällt uns
am Mégane E-Tech
- Modernes Infotainment
- Gutes Platzangebot
- Effizienter Antrieb
- Agiles Fahrverhalten
Kontra
Das gefällt uns weniger
am Mégane E-Tech
- Gefühllose Lenkung
- Teigige Bremse
- Schlechte Rundumsicht
- Zu spitze Ladekurve
So (weit) fährt der Renault Mégane E-Tech Electric
Im Testwagen mit dem vollen Namen Renault Mègane E-Tech Electric EV60 steckt der große 60-kWh-Akku. Dazu treibt der aktuell stärkste Motor mit 160 kW (218 PS) die Vorderachse an. Der Normverbrauch liegt bei 16,1 kWh, die Normreichweite beträgt 450 Kilometer. Die Variante mit schwächerer E-Maschine fährt 470 Kilometer weit. Im Alltag ist das etwas optimistisch, doch an die 400 Kilometer schaffen wir zwischen Stadt- und Pendelverkehr. Auf der Autobahn sind es eher 300 Kilometer. Es gibt effizientere Elektroautos – und weniger effiziente.
Das Fahrgefühl im elektrischen Mégane passt insgesamt. Er lässt sich agil um die Ecken werfen, die Lenkung ist schön direkt ausgelegt, die Federung arbeitet eher sportlich, aber nicht zu straff. Bei niedrigen Geschwindigkeiten könnte sie feinfühliger auf Wellen ansprechen. Die zu leichtgewichtige, gefühllose Lenkung und das sehr weiche Bremspedal ohne klaren Druckpunkt stören den Eindruck etwas. Die Energierückgewinnung legt Renault leider nicht adaptiv aus, doch über zwei Schaltpaddel am Lenkrad darf man selbst den Grad der Rekuperation an die Verkehrssituation anpassen.
Stromzähler
So schnell lädt der elektrische Mégane
Vorsicht, kompliziert: Renault verkauft den Mégane mit drei verschiedenen Ladeoptionen. Bei „Standard Charge“ lädt er ausschließlich mit Wechselstrom (AC) und maximal 4,6 kW an einer mit 20 Ampere abgesicherten Wallbox. An der Haushaltsdose mit 16 A sind 3,7 kW möglich. Diese Option gibt es nur für den kleinen 40-kWh-Akku, der so in 10 h 40 min oder in gut 12 h voll wird. „Boost Charge“ erhöht die mögliche AC-Ladeleistung auf bis zu 22 kW. Damit ist der 40-kWh-Akku nach etwas mehr als zwei Stunden voll, der Testwagen mit 60 kWh benötigt 3:10 Stunden. An Gleichstrom (DC) sind dann bis zu 85 kW drin (0-80 Prozent in knapp 40 Minuten).
Unser Testwagen mit starkem Motor und großem Akku kommt ausschließlich mit „Optimum Charge“. Zum AC-Laden mit 22 kW sind maximal 130 kW an DC-Schnelladesäulen möglich. Macht: ca. 42 Minuten für 0 bis 80 Prozent. Im Alltag sollte man jedoch vor allem bei höheren Akkuständen nicht zu viel erwarten. Die Ladekurve ist recht spitz: Die maximale Leistung liegt nur bei niedrigem Stromvorrat an. Bereits ab etwa 25 Prozent Ladestand sinkt sie deutlich ab. Bei 80 Prozent blieben im Test noch etwa 50 kW. Insofern ist der Mégane nicht unbedingt ein idealer Langstreckenläufer.
So unterhält und informiert der Mégane Electric
Beim Infotainment geht Renault im Mégane E-Tech neue Wege und setzt auf Android Automotive als Betriebssystem. Nicht ausschließlich, denn viele Informationen stammen offensichtlich noch aus der Renault-Software. Etwa der Verbrauch und der Energiefluss. Daneben darf Googles Betriebssystem Android Automotive recht tief ins Auto hineinreichen. Der Sprachassistent von Google steuert etwa Klimaanlage, Sitz- und Lenkradheizung und sogar die Wahl der verschiedenen Fahrmodi (Eco, Comfort, Sport, Individual). So tief lässt sich sonst nur Volvo und vor allem die Volvo-Tochtermarke Polestar in die Steuergeräte gucken. Zuweilen spürt man noch deutlich, woher Android Automotive stammt. Wer etwa den Assistant nach dem aktuellen Verbrauch fragt, bekommt eine Webseitenempfehlung, die über den Datenverbrauch auf dem Smartphone aufklärt. Im Kontext „Autofahren“ ist das wenig hilfreich.
Das „große“ System mit allen Google-Funktionen gibt es allerdings erst ab der zweiten Ausstattung. Die beiden Bildschirme, je 12 Zoll für den digitalen Instrumententräger und für das eigentliche Infotainment, fügen sich gut ins Cockpit ein. Die Darstellung ist scharf und weitgehend spiegelfrei, nahtlos ist das Erlebnis aber nicht. Die Grafiken wechseln je nach Menü zwischen Renault-Optik und Google-Optik. Gut: Google Maps verfügt in Verbindung mit Android Automotive im Mégane über eine clevere Routenplanung, die Mehrfach-Ladestopps einplant und je nach Akkustand dynamisch anpasst.
So viel passt rein in den Mégane Electric
Renault ist stolz auf den besonders kompakten Akku im Unterboden. Mit elf Zentimetern Höhe der schlankeste auf dem Markt, sagen die Franzosen. Man spürt das beim Einsteigen, an der Sitzhöhe und im Kofferraum: 440 Liter passen in die tiefe Höhle hinter die Rückbank. Sogar ein großes Fach im Unterboden ist vorhanden und nimmt ohne Probleme zwei Ladekabel auf. Hier zahlt sich aus, dass der Elektromotor des Mégane im Vorderwagen sitzt und nur die Vorderräder antreibt. Maximal werden bei umgelegter Rückbank 1.332 Liter daraus. Nicht übel für ein 4,20 Meter langes Auto.
Auf der Rückbank sitzen Passagiere mit genug Platz an Knien und Kopf. Das Raumgefühl gerät allerdings düster. Die kleinen Fenster in Seitentüren und Heckklappe lassen wenig Licht rein. Vorne sitzt es sich großzügig, zahlreiche Ablagen und Fächer verstauen Kleinkram. Das Handy findet Platz auf einer gut platzierten gummierten Ablage direkt unter dem externen Klima-Bedienteil.
Das ist der Preis des Renault Mégane Electric
Die Preise für den Elektro-Mégane starten bei 35.200 Euro. Dafür gibt es jedoch nur den EV40 mit 96 kW (131 PS) starkem Motor und 40-kWh-Akku für maximal 300 Kilometer Reichweite. Außerdem ist nur die minimale Ladelösung an Bord. Damit wird nur zufrieden sein, wer stets zuhause laden kann. Der Preis für das gleiche Modell mit „Boost Charge“ und 22 kW AC- sowie 85 kW DC-Laden liegt bei 37.100 Euro. Optimum Charge (22 kW und 130 kW) kostet mit 60-kWh-Akku und schwächerem Motor (96 kW/131 PS) ab 42.700 Euro. Dafür gibt es dann zusätzlich eine bessere Ausstattung. Das getestete Topmodell startet in Basisausstattung bei 41.700 Euro. Unser Testwagen verlässt allerdings den Preisbereich der Kompaktklasse. Er kostet in der zweihöchsten Ausstattung Techno mit zusätzlichem Assistenzpaket, besserem Soundsystem, Wärmepumpe und Zweifarblack 50.800 Euro.
Fazit:
Es tut sich was bei Renault und der Elektromobilität. Zwar wurde der Klassiker Zoe möglichst aktuell gehalten, doch sei Alter und seine Verbrennerplattform merkt man ihm an. Der neue Mégane fährt weiter, auch bildlich. Neben dem recht effizienten Antrieb und dem kompakten Akku ist vor allem das Infotainment interessant – wenn auch noch nicht ganz perfekt. Doch die Tech-Riesen denken in kurzen Zyklen. Android Automotive ist jetzt schon weiter als vor einem halben Jahr, und es wird stetig weiterentwickelt.
Heiko | @MobilityTalk
Technische Daten – Renault Mégane E-Tech Electric
Modell | Renault Mégane E-Tech Electric EV60 220 hp |
Reichweite WLTP | 450 km |
Reichweite Test | 395 km |
Ladedauer DC | 42 min (0-80 %) |
Ladeleistung DC | 130 kW |
Ladedauer AC | 3 h 10 min (0-100 %) |
Ladeleistung AC | 22 kW |
Kofferraum | 440-1332 Liter |
Länge | 4.200 mm |
Breite | 1.768 mm |
Höhe | 1.505 mm |
Radstand | 2.685 mm |
Gewicht | 1.711-1.783 kg kg |
Zuladung | 375-447 kg kg |
Akkukapazität | 60 kWh (brutto) |
0-100 km/h | 7,4 s |
Geschwindigkeit | 160 km/h |
Leistung | 160 kW (218 PS) |
Drehmoment | 300 Nm |
Antrieb | Elektrisch/Vorderachse |
Verbrauch (WLTP) | 16,1 kWh/100 km |
Verbrauch (Test) | 17,4 kWh/100 km |
Basispreis Mégane E-Tech | 35.200 Euro |
Testwagenpreis | 50.800 Euro |
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