Mit legalen Tricks: So erfüllen Autohersteller ihre CO2-Grenzwerte

Nach einer ersten Schätzung des ICCT hielten 2021 alle großen Autohersteller ihre CO2-Flottengrenzwerte ein. Dafür waren jedoch einige Schlupflöcher notwendig.

Europaflagge CO2
Die CO2-Vorgaben vieler Automobilhersteller wurden 2021 durch die vermehrte Produktion elektrischer Fahrzeuge positiv beeinflusst. Doch um diese komplett zu erfüllen, vermachte es Schlupflöcher [Bildquelle: Adobe Stock]

Für den Klimaschutz müssen Autos weniger CO2 ausstoßen. Wie viel weniger – das regelt eine EU-Verordnung. Nach einer vorläufigen Schätzung des International Council on Clean Transportation (ICCT) hielten 2021 alle großen Autohersteller ihre CO2-Vorgaben in Europa ein. Einige Hersteller übererfüllten ihre Vorgaben sogar. Doch das schaffen die Autobauer nicht ausschließlich über den Verkauf elektrisch betriebener Autos, sondern auch über einige legale Schlupflöcher.

Der ICCT ist eine gemeinnützige Organisation mit der Aufgabe, technische und wissenschaftliche Analysen für Umweltbehörden zu erstellen. Dazu zählt auch die wissenschaftliche Bewertung der Umweltverträglichkeit verschiedener Verkehrsmittel. Laut den Experten des ICCT ist die Bildung von Hersteller-Pools (CO2-Pooling) ein Schlüssel zum Erfüllen der CO2-Vorgaben.

Hersteller-Pools für niedrigere CO2-Werte

Die von der EU verordnete CO2-Grenze gilt für die gesamte Flotte eines Herstellers. Baut ein Autohersteller viele schwere SUVs mit hohen Kraftstoffverbräuchen, kann er das mit dem Bau von Elektroautos ausgleichen. Liegt nun ein Hersteller mit seinem Flotten-Wert über dem Erlaubten, schließt er sich mit einem anderen Hersteller zusammen, der eine positive CO2-Bilanz aufweist. Letztlich ist dies ein CO2-Zertifikate-Handel. Beispiel: Tesla und Honda. Honda schießt über den CO2-Flottengrenzwert hinaus und tut sich mit Tesla zusammen. Denn Tesla baut ausschließlich E-Autos und liegt dementsprechend weit unter dem Grenzwert. Durch den Flotten-Zusammenschluss der beiden Hersteller liegen Honda – wieder – und Tesla immer noch unter dem Grenzwert. Das lassen sich die Kalifornier von Honda vergüten. Zeitweise war dieser Zertifikate-Handel der einzige Grund für Teslas schwarze Zahlen. Auch Jaguar Land Rover beteiligte sich 2021 an einem Pool mit Tesla. Auch die japanischen Hersteller Suzuki, Mazda, Toyota und Subaru bildeten 2021 einen solchen Pool.

Mehr Elektroautos auf den Straßen

Der ICCT weist auch auf die Zulassungszahlen von E-Autos hin. Demnach hatten an den Gesamtzulassungen in Deutschland batterieelektrische Autos einen Anteil von 14 Prozent und Plug-in-Hybride einen Anteil von 12 Prozent. Obwohl die Zahl der Gesamtzulassungen gegenüber 2020 um 10 Prozent sank, verdoppelten sich die Zulassungszahlen der E- bzw. PHEV-Fahrzeuge. Das liegt am gestiegenen Interesse von Auto-Käufer*innen an Elektroautos. Aber auch daran, wie Hersteller ihre Prioritäten setzen. Die Chipkrise legte im vergangenen Jahr viele Produktionsbänder still – die Autohersteller mussten also entscheiden, ob sie ihre wertvollen Chips in einem E-Auto oder in einem Verbrenner verwenden.

T&E-Studie: 840.000 E-Autos fehlen

Im November 2021 befasste sich Transport & Environment in einer Studie mit den CO2-Schlupflöchern der Autohersteller. Die Organisation, die sich für nachhaltigen Verkehr einsetzt, wies dabei auch auf die problematische Rolle der Plug-in-Hybride hin. Werden diese nicht regelmäßig geladen, stoßen sie oft sogar mehr CO2 aus als Fahrzeuge mit fossilen Verbrennungsmotoren. Die ausgewiesenen CO2-Werte für PHEVs bewerten Experten als unrealistisch, zumal der Stromverbrauch nicht in die Berechnung einfließt. Trotzdem können die Autohersteller ihre CO2-Flottenwerte damit sanieren.

Eine weitere Regelung stößt den Forschenden von T&E auf. Sie regelt, dass Hersteller, die viele schwere Fahrzeuge verkaufen, großzügigere CO2-Flottengrenzwerte einhalten müssen als Hersteller, die kleinere, energieeffizientere Fahrzeuge bauen. „Eine Regelung, die den Absatz von emissionsstarken SUVs und Plug-in-Hybriden geradezu fördert“ schreibt T&E dazu. Laut der Auswertung würden Daimler und BMW ohne diese Regelung ihre EU-Ziele für 2021 nicht erreichen.

Die Experten errechneten weiterhin, dass ohne Schlupflöcher die Fahrzeughersteller 840.000 mehr rein elektrische Fahrzeuge 2021 hätten verkaufen müssen, um ihre Klimaziele zu erfüllen.

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