So überzeugt das DLR Unternehmen vom Lastenrad
Wie überzeugt man Unternehmen vom Lastenrad? Man gibt ihnen eines! Das DLR hat 750 Unternehmen drei Monate lang probefahren lassen. 20 Prozent schafften sich danach eines an.
Lastenrad statt Lieferwagen: Für Unternehmen können Lastenräder eine umweltfreundliche Ergänzung ihres Fuhrparks sein. Immerhin dient etwa jede dritte Kfz-Fahrt in Deutschland dienstlichen oder geschäftlichen Zwecken. Zudem sind in der Stadt die meisten Wege kürzer als 5 Kilometer. Um Gewerbetreibenden die Alternative Lastenrad näher zu bringen, startete das Deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum (DLR) einen großen Test. 750 Unternehmen, Freiberufler, Selbstständige und öffentliche Einrichtungen testeten in der ganzen Bundesrepublik drei Monate lang den Einsatz von Lastenrädern im Alltag. Insgesamt legten die Probanden dabei 307.000 Kilometer zurück.
Das DLR stellte für das Projekt „Ich entlaste Städte“ die erforderlichen 152 Lastenräder zur Verfügung. Die Teilnehmenden durften zwischen 23 verschiedenen Modellen wählen – vom flexiblen zweirädrigen Lieferbike bis zum dreirädrigen Schwerlastrad. Die meisten getesteten Räder bieten dabei eine elektrische Tretunterstützung bis 25 km/h. Eine App erfasste zudem das Mobilitätsverhalten der Testenden im Testzeitraum.
Lastenrad kann Auto ersetzen – aber nicht für alle
Die Unternehmen kamen dabei überwiegend aus den Branchen Verarbeitendes Gewerbe, Baugewerbe sowie Dienstleistungen. Während der drei Monaten kamen je Unternehmen im Durchschnitt 412 Kilometer mit dem Lastenrad zusammen. „Mit unserem Projekt konnten wir zeigen, dass Lastenräder das Potenzial haben, gewerbliche Fahrten mit dem Auto zu ersetzen“, sagt Projektleiter Johannes Gruber. Tatsächlich ließen etwa 60 Prozent der Testenden für das Lastenrad ihr Auto stehen.
In der Endauswertung des Projektes bewerteten rund zwei Drittel der Teilnehmenden den Nutzen von Lastenrädern für ihre beruflichen Einsatzzwecke als gut bis sehr gut. Jeder fünfte Betrieb hat sich am Ende der Testphase ein eigenes Lastenrad angeschafft. Ein weiteres Drittel liebäugelt mit einer Anschaffung in der Zukunft. Allerdings notiert das DLT auch rund 150 Testabbrüche und niedrige Nutzungen von weniger als 50 Kilometern in den drei Monaten. Der Großteil dieser Abbrüche wurde mit Problemen mit dem Handling des Fahrrads begründet: etwa mit „Handling zu schwierig“, „Transportkapazität nicht ausreichend“, oder „Elektrische Reichweite zu gering“. Auch fehlende motivierte Fahrer*innen sowie technische Probleme führten zu vielen Abbrüchen. Das DLR folgert daraus, dass für einen „nicht geringen Teil der Teilnehmenden eine dauerhafte Lastenradnutzung nicht in Frage kommt“.
Fahrzeiten: Vorteile auf der Kurzstrecke
Die Studie vergleicht zudem die Fahrzeiten per Lastenrad und Pkw. Ergebnis: Auf Strecken bis 3 Kilometer gerät der Zeitbedarf nahezu identisch, erst ab 5 Kilometer Strecke ergeben sich für den Pkw Vorteile. Vorteile für das Lastenrad ergeben sich vor allem durch Abkürzungen (etwa durch Parks oder für Pkw gesperrte Straßen) sowie im Berufsverkehr. Die Vorteile steigen, wenn es sich beim Lastenrad um ein S-Pedelec mit Unterstützung bis 45 km/h handelt.
Insgesamt ermittelt die Studie: Knapp 40 Prozent der anfallenden Fahrten lassen sich mit dem Lastenrad schneller bewältigen. Bei der Mehrheit der Fahrten bleibt das Auto damit das im Vergleich flottere Verkehrsmittel. Dabei nicht berücksichtigt sind Zusatzaufwände wie Wege zum Parkplatz, Parkplatzsuche und Co.
Wann aber entscheiden sich Teilnehmende für das eine oder für das andere Fahrzeug? Auch das hat die Studie ermittelt. Die wichtigsten Faktoren für das Lastenrad sind demnach kurze Strecken, schönes Wetter, schlechte Parksituation vor Ort und gute Erfahrungen bei vorherigen Fahrten. Ein zentraler äußerer Einfluss: Gute Fahrradwege an der Strecke erleichtern die Entscheidung für das Fahrrad erheblich.
Für das Auto entschieden sich Nutzer*innen dagegen oft, wenn vor Ort ein Parkplatz zur Verfügung steht, die Strecke weiter ist oder die zu transportierende Ladung mit dem Auto besser zu transportieren ist. Der wichtigste Faktor bleibt jedoch Niederschlag, gleich ob Regen oder Schnee. Daher sollten Hersteller an Regenschutzkonzepten arbeiten, so das DLR.
Nachteile: Preis und Radwege-Qualität
Mit dem Projekt möchte das DLR die Potenziale des Lastenrades als Verkehrsmittel untersuchen und einer größeren Öffentlichkeit zugänglich machen. Rund ein Fünftel der Teilnehmenden entschied sich nach dem Test für einen Kauf, etwa die Hälfte dachte zumindest darüber nach. Wahrscheinlich wurde ein Kauf vor allem für Unternehmen, die eher kurze Strecken fahren, das flexible Parken schätzen oder für die das Lastenrad einen Imagegewinn bietet. Erstaunlich: Firmen, die im Winter testeten, entschieden sich im Schnitt häufiger für das Lastenrad. Kalte Witterung allein ist also kein Hindernis.
Was laut der DLR-Untersuchung viele Gewerbetreibende vom Kauf abhält, ist der Preis. Zudem bemängelten die Nutzer*innen vielerorts die Qualität der Radwege und generell die mangelnde Nutzbarkeit der Räder bei schlechtem Wetter. Bei den Rädern wünschten sich einige Teilnehmer*innen eine verbesserte Transportbox (62 Prozent) und mehr Fahrkomfort (43 Prozent). Interessant: Die zweirädrigen Lastenräder waren wegen ihrer flexibleren Einsatzbereitschaft tendenziell beliebter als dreirädrige Modelle.
Als Vorteile sahen die Unternehmen unter anderem die Erreichbarkeit von Fußgängerzonen oder etwa die wegfallende Parkplatzsuche. Zudem fördere die Fahrt mit dem Rad die Gesundheit der Mitarbeitenden und verbessere das Firmen-Image.
Den Beitrag des Projekts zum Umweltschutz hat das DLR auch berechnet: Unternehmen, die im Anschluss an den Test ein Lastenrad anschafften, sparten im Schnitt pro Lastenrad 400 Kilogramm CO2 pro Jahr ein.
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