Studie: E-Lkw heute schon alltagstauglich

Die Elektrifizierung von LKW geht nur schleppend voran. Eine Studie zeigt, dass die aktuell verfügbaren Reichweiten viel alltagstauglicher sind als angenommen. Hinzu kommt eine üppige Förderung.

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Dennis Merla
Ein E-Lkw fährt auf einer Straße vor dem Sonnenuntergang davon
Das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung hat sich die Wirtschaftlichkeit von E-Lkws im Lieferverkehr angeschaut [Quelle: Adobe Stock]

Lkw und Busse verursachen rund ein Viertel der CO2-Emissionen, die bundesweit durch das Verbrennen von Kraftstoffen im Straßenverkehr ausgestoßen werden.  Der Umstieg auf elektrifizierte Lastwagen verläuft dennoch vielerorts schleppend. Im vergangenen Jahr waren fast 98 Prozent der neu zugelassenen Lkw in der EU Diesel-Fahrzeuge. Die Elektrifizierungsquote lag bei 0,2 Prozent. Die Fahrzeuge legen in der Regel weite Strecken mit hohen Lasten zurück – zwei maßgebliche Auslöser von Reichweitenangst bei E-Fahrzeugen. Das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ist nun in einer Studie der Frage nachgegangen, ob diese Sorge berechtigt ist.

Dafür haben die Wissenschaftler 9.500 reale Fahrten von 224 Lkw der REWE Group in der gesamten Region Nord-Ost Deutschlands untersucht. Die Lastwagen mit mehr als 12 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht belieferten dabei 543 Rewe-Filialen. Konkret untersuchte das Fraunhofer ISI, ob diese Touren künftig auch mit Batterie-Lkw realisierbar sind.

Das Ergebnis: Knapp 60 Prozent der Fahrten können auch mit E-Lkw absolviert werden. Bei 40 Prozent sei eine Umstellung auf elektrische Lastwagen bereits jetzt mit ökonomischen Vorteilen verbunden. Studienleiter Patrick Plötz sagte: „Die aktuell verfügbaren Reichweiten von Batterie-Lkw reichen oft heute schon aus, um alle in der Studie analysierten städtischen Lkw-Touren und fast die Hälfte der betrachteten regionalen Touren mit E-Lkw zu schaffen.“ Anders sehe es bei schweren Lastwagen aus: „Bei schweren Lkw über 26 Tonnen mit sehr langen Tagestouren bleibt die Elektrifizierung nach Stand des heutigen Fahrzeugangebots allerdings noch eine Herausforderung“, sagte Plötz.

Kosten-Reduzierung und Wettbewerbsverteil

Fazit: Flottenbetreiber sollten bereits heute die Umstellung Ihrer Lkw-Flotte im städtischen und regionalen Lieferverkehr prüfen. Die derzeitige Förderung des Bundes für Elektro-Lastwagen deckt 80 Prozent der Mehrkosten gegenüber einem Diesel-Lkw. Im Hinblick auf die steigende CO2-Bepreisung von Dieselkraftstoffen, bzw. einer entsprechenden CO2-abhängigen Maut könnten die Unternehmen langfristig Geld sparen. Der Fördertopf des Bundes hat ein Gesamtvolumen von 1,16 Milliarden Euro für den Zeitraum 2021 bis 2023.

Über die Förderung hinaus würden die Unternehmen wertvolle Erfahrungen bei der anstehenden Umstellung auf emissionsfreie Lkw-Antriebe, die den Flottenbetreibern einen Wissensvorsprung und damit einen Wettbewerbsvorteil verschaffen könnten, so Plötz.

E-Lkw in der Anschaffung teurer, dafür günstiger im Betrieb

In der Studie wird ein 18-Tonner-Solo-Lkw mit Dieselantrieb mit Anschaffungskosten in Höhe von 155.000 Euro eingepreist. Das elektrische Pendant kostet demnach 269.000 Euro. Die Mehrkosten betragen in diesem Fall 114.000 Euro. Aufgrund der aktuellen Förderprogramme betragen die Mehrkosten für die Unternehmen rund 22.800 Euro. Im Gegenzug sinken die Kraftstoffkosten.

Bei einem 18-Tonner wird von einem Verbrauch von 110 kWh auf 100 Kilometern ausgegangen. Der Verbrauch des Diesel-Fahrzeugs wird mit 28,74 Liter beziffert. Demnach fallen beim E-Lkw nach 100 Kilometern 19,80 Euro Stromkosten an, während der Diesel-Lkw für 35,92 Euro tanken muss. Das entspricht einem kWh-Preis von 18 Cent und einem Diesel-Liter-Preis von 1,25 Euro.

Diese Differenz wird laut der Studie im Laufe der Zeit steigen. Während der Strompreis bis 2025 laut der Studie kaum Schwankungen unterliegt, wird der Dieselpreis von 1,25 auf 1,56 steigen und bis 2030 auf 1,87 Euro. Die zugrunde liegende Strom- und Dieselpreisentwicklung basiert auf den Annahmen der Langfristszenarien des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie.

In die Gesamtrechnung der Betriebskosten werden unter anderem auch die Mautabgaben berücksichtigt. Dazu zieht die Studie das aktuelle Abgabensystem heran, sowie die Mautbefreiung von Elektro-Lkw bis einschließlich 2025.

Renault setzt auf Strom – aber nur in Deutschland

Mit Renault kündigte parallel ein großer Hersteller an, die beiden Modelle „Renault Trucks D“ und „D Wide“ ab dem Frühjahr 2022 ausschließlich batterieelektrisch anbieten zu wollen. Das gilt allerdings nur für den deutschen Markt. Laut Renault macht die Förderung die Gesamtrechnung für E-Lkws attraktiv. „Wir haben den 16-Tonner, 19-Tonner und 26-Tonner als Elektro-Lkw, und wir können die meisten Anwendungen in der städtischen Verteilung, der regionalen Verteilung und der Zustellung auf der letzten Meile abdecken. Die Zeit ist reif: Let’s switch to electric“, sagte Frederic Ruesche, Geschäftsführer von Renault Trucks Deutschland.

E-LKW auf einer Straße, fahrend
Der elektrische Lastwagen Renault D Z.E. kommt mit seiner 400 kWh-Batterie auf eine reale Reichweite von 400 Kilometern [Quelle: Renault Trucks]

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