Wallbox installieren: Hohe Kosten, viele Probleme
Eigentlich sollte es ganz einfach sein: eine Wallbox an einem Reihenendhaus zu installieren. Ist es aber nicht. Bei unserem Autor hat es gut 1,5 Jahre gedauert und mehr als 10.000 Euro gekostet. Wahnsinn? Ja, auf jeden Fall.
Ein E-Auto soll her. Ein kleines Auto, nur für die Stadt, um Kinder zum Fußball, Klavierunterricht und Schwimmen zu fahren. Der alte Audi A2 mit Verbrennungsmotor muss dafür weichen. Doch bevor das passende Elektrogefährt in der Garage steht, will ich mir dort eine Wallbox installieren. Denn die nächste öffentliche Ladesäule ist einige Straßen entfernt und lädt Autos nur mit 3,6 kW. Das ist mir zu langsam und zu umständlich.
Zusätzlich zum eigenen Auto benötige ich die Wallbox auch beruflich. Als Motorjournalist teste ich regelmäßig Autos und schreibe über sie. In den vergangenen Jahren steckte immer häufiger eine große Batterie im Unterboden. Diese an öffentlichen Ladesäulen zu befüllen, hat sich als nicht praktikabel erwiesen.
Die Planung beginnt Anfang 2020. Ich lese mich mehrere Tage auf Infoseiten und in Foren ein, vergleiche die Förderung der Kfw-Bank mit anderen Förderprogrammen zur Installation von Wallboxen. In Nordrhein-Westfalen meint es die Landesregierung gut mit künftigen E-Auto-Fahrern: Sie unterstützt Bauvorhaben von privaten Wallboxen mit bis zu 3.500 Euro.
Noch ist mir nicht klar, wie ich den Strom in meine Garage bekomme. Denn bisher kommt da kein einziges Kilowatt an – die Garage liegt in einem Garagenhof, abgetrennt vom Haus. Das ist zwar ein Sonderfall, kommt aber in dem Stadtteil von Bonn, wo ich wohne, häufig vor. Meine erste Idee: Vom Haus bis zur Garage ein dickes Kabel ziehen, rund 15 Meter wären das. Auch andere Möglichkeiten kommen in Betracht: Strom von einem Nachbarn über einen Zwischenzähler erhalten oder Strom aus einem Erdkabel unter dem Bürgersteig anzapfen.
Die erste offizielle Anfrage beim zuständigen Netzbetreiber BonnNetz stelle ich im Sommer 2020. Ein netter Mitarbeiter klärt mich telefonisch auf, was ich alles zu beachten habe. Gleich wird klar: Das wird kompliziert. Da die Garage weit weg vom Haus und dem eigenen Grundstück liegt, darf der Strom nicht vom Hausanschluss genommen werden. Also hilft nur ein separater Stromanschluss, quasi wie bei einem Neubau. Heißt: Anträge stellen, Bauvorhaben prüfen lassen und Nachbarn vom Vorhaben überzeugen.
Parallel erkundige ich mich im Sommer 2020 nach passenden Elektrofachbetrieben in meiner Region, die mein Vorhaben unterstützen und mir mit Rat zur Seite stehen. Denn ehrlicherweise habe ich von Hauselektrik und ihren Vorschriften wenig Ahnung. Drei Elektrofachbetriebe schreibe ich an. Zwei melden sich gar nicht, einer mit ein paar Wochen Verzögerung. Immerhin. Ihm skizziere ich meine Idee, und er gibt noch ein paar Hinweise für meine spätere Planung. Es wird komplizierter.
Denn neben der Wallbox und der neuen Stromleitung benötige ich einen Stromanschlusszähler, um den Strom zu verteilen. Die vom Elektriker vorgeschlagene Zähleranschlusssäule bietet Platz für mehre Anschlüsse – falls sich Nachbarn beteiligen möchten (möchte aber keiner). Auch empfiehlt er einen Kabelschacht für mehrere Stromkabel. Der erste Kostenvoranschlag für das Vorhaben liegt bei 9.696 Euro inklusive damals 16 Prozent Mehrwertsteuer. Ich wusste, dass es teuer wird. Aber dass es so teuer wird, damit habe ich nicht gerechnet. Dennoch benötige ich eine Wallbox in der Garage, wenn ich künftig elektrisch fahren will.
Im November 2020 stelle ich einen Antrag bei der zuständigen Bezirksregierung Arnsberg zum „NRW-Förderprogramm progres-Emissionsarme Mobilität“ für eine „nicht öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur“. Statt der 900 Euro von der Kfw-Bank für eine Wallbox gibt das Land bis zu 3.500 Euro Zuschuss, abhängig vom Bauvorhaben. Neben der Wallbox fördert das Land nämlich auch die Bauarbeiten. In meinem Fall wird klar, dass es viel zu bauen gibt. Nur wenige Tage später kommt die Bestätigung des Eingangs. Das hat schon mal geklappt.
Erst jetzt kann ich den Elektriker offiziell bitten, mir einen neuen Kostenvoranschlag zu schicken. In einem privaten Wohnbereich darf ich nur eine 11-kW-Wallbox nutzen, obwohl der Anschluss auch für 22 kW gereicht hätte. Daher bestelle ich über den Elektriker eine 11-kW-Wallbox von Mennekes. Den Kostenvoranschlag lade ich im Portal zur Förderung hoch. Im April 2021 kommt tatsächlich der positive Bescheid über eine Förderung von 3.340 Euro des zuständigen Regierungsbezirks.
Doch noch kann ich den Elektriker nicht fest beauftragen: Es fehlen die Zustimmungen der Miteigentümer des Garagenhofes, worauf mich der Mitarbeiter des örtlichen Netzbetreibers hinweist. Seine Sorge: Sollte ich das Bauvorhaben durchziehen und sich im Nachgang ein Miteigentümer des Garagenhofes beschweren, könnte er womöglich einen Rückbau fordern. Den müssten entweder der Netzbetreiber oder ich bezahlen. So oder so will ich Ärger mit den Nachbarn vermeiden, also will ich sie alle von meinem Vorhaben überzeugen.
Zwar können nach dem im November 2020 geänderten Wohnungseigentumsgesetz (WEG) Besitzer die Errichtung einer Ladeeinrichtung nach § 20 Absatz 2 WEG auf dem Parkplatz verlangen, die dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge dient. Andere Miteigentümer des Gemeinschaftseigentums können das nicht ablehnen. Jedoch können sie die Art und Weise der Installation mitbestimmen. Und genau das passiert.
Für die Installation ist bei Gemeinschaftseigentum die Zustimmung aller Besitzer notwendig. In Fall meines Garagenhofes sind das 13 Parteien. 11 sind schnell angeschrieben oder angerufen, es sind die Nachbarn. Bei den anderen beiden ist Recherche nötig, da die Besitzer in anderen Städten wohnen. Aber auch sie werden nach und nach von der Idee überzeugt und stimmen mir schriftlich zu. Nur eine Nachbarin stellt sich quer. Sie will partout nicht, dass ich ihre Garage in irgendeiner Weise berühre. Da meine Garage aber in der Mitte einer Reihe liegt, muss ich mit dem Strom an ihrer Garage vorbei. Alle Vorschläge lehnt sie ab, ganz gleich, ob ein Leerrohr durch die Garage, an der Vorder- oder Hinterseite. Selbst eine verlegte Leitung auf dem Dach lehnt sie ab – obwohl das nach Rücksprache mit dem Netzbetreiber möglich gewesen wäre. Bleibt nur die teuerste Lösung: den Garagenhof von einem Tiefbauunternehmer aufgraben zu lassen.
Das Hin und Her mit der Nachbarin, um ihre Unterschrift zu erhalten, zieht sich über Monate. Außerdem benötige ich einen neuen Kostenvoranschlag, denn die Tiefbauarbeiten waren im ersten nicht enthalten. Erst als alle Unterschriften zusammen sind, kann ich den Bauantrag beim Netzbetreiber Ende April 2021 final stellen und den Elektriker beauftragen.
Allein die Hausanschlusskosten des Netzbetreibers betragen 565,25 Euro. Das Datenblatt „Ladeeinrichtung für Elektrofahrzeuge“ und die Versorgungsanfrage für einen Elektrizitätsanschluss füllt zum Glück der Elektriker aus. Er hält auch ständig Kontakt zum Netzbetreiber. Denn plötzlich ist der Antrag für den Hausanschluss nicht mehr zu finden, Termine zur Besichtigung und später zur Installation werden immer wieder verschoben.
Mit dem Elektriker und dem Tiefbauer wird das Vorhaben mehrmals diskutiert und durchgesprochen, ein Termin für den Sommer vereinbart. Im Juli 2021 kommt endlich der Bagger. Eine Woche benötigen die Bauarbeiter, um den Garagenhof zu öffnen, das Leerrohr zu verlegen und alles wieder zuzuschütten und zu pflastern. Parallel installiert der Elektriker die Zähleranschlusssäule und schon mal grob die Wallbox in der Garage.
Für den Hauptanschluss muss der Netzbetreiber ein Hauptkabel unter der Straße anzapfen und im neu installierten Stromanschluss-Zählerschrank anschließen. Das dauert. Der Termin wird wieder mehrmals verschoben. Noch am Tag der Freischaltung gibt es Probleme. Da der Stromanschluss nicht mit einer Telefonleitung verbunden ist (wie denn auch, der steht ja im Garagenhof), will der Betreiber die Anlage nicht in Betrieb setzen. Begründung: Die Anlage sei nicht steuerbar, und jeder neue Stromanschluss muss regelbar sein. In der Stadt Bonn bin ich nach Aussage des Monteurs der erste Besitzer, der sich in einem Garagenhof eine Wallbox hat installieren lassen. Ob die Mobilitätswende damit voran geht, bezweifle ich stark.
Im August fließt Strom. Endlich. Schon im Vorfeld habe ich mich um Testwagen gekümmert. Als erstes fülle ich die Batterien eines VW ID.3. Ein Traum, wie schnell und einfach das zu Hause geht. Stecker von Wallbox abwickeln, ins Auto einstecken und Wallbox entriegeln. Es folgen Hyundai Kona Electric, Renault Zoe, Opel Corsa e, Mazda MX-30 und Volvo CX-40 Pure Electric. Einfach Kabel einstecken, Wallbox freischalten und los geht es. Über Nacht sind die Batterien der Autos voll.
Ein paar Tage später flattert die erste Stromrechnung ins Haus. Die monatlichen Gebühren betragen rund 13 Euro, mit dem Abschlag für den Strom legt der Stromlieferant 40 Euro pro Monat fest.
Was ich leider nicht bedacht habe: Zwar lässt sich die Wallbox per App steuern und der verzapfte Strom kontrollieren. Da das WiFi-Netz aber nicht bis zur Garage reicht, lässt sich die Wallbox nicht ins Heimnetz integrieren. So muss ich den verzapften Strom immer an der Zähleranschlusssäule ablesen – wenn mich das pro Fahrzeug interessiert. Außerdem habe ich die Wallbox an der linken Seite der Garage installieren lassen. Renault Zoe und Hyundai Kona Electric besitzen aber vorne die Steckdose, VW ID.3 und Mazda MX-30 auf der rechten Seite. Nur Opel Corsa e und Volvo XC40 Pure Electric laden über die linke Seite. Während die hinteren Steckdosen leicht zu erreichen sind, wird es bei einem vorderen Anschluss mühsamer.
Die Rechnung des Elektrikers folgt im Oktober: 10.542,54 Euro. Die Wallbox von Mennekes kostete dabei „nur“ 1.083,19 Euro, die Erdarbeiten 2.942 Euro und die Zähleranschlusssäule 2.791 Euro. Dazu kommen noch 565,25 Euro für den Anschluss, macht insgesamt 11.107,79 Euro inklusive Mehrwertsteuer. Eine Kopie der Rechnung davon lade ich auf dem Portal der Landesförderung hoch.
Ja, es war teuer. Unfassbar teuer. Aber ich wollte unbedingt eine Wallbox haben. Fürs nächste kleine eigene E-Auto und um weiter elektrische Testwagen bequem zu Hause zu laden. Abzüglich der Förderung von 3.340 Euro (wird tatsächlich im November 2021 überwiesen) bleiben noch 7.767,79 Euro. Viel Geld, das ich auch in flüssigen Kraftstoff hätte investieren können. Aber ein E-Auto benötigt nun mal Strom. Viel Strom.
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