Exklusiv: VW lädt schneller als Tesla

Mehr Ladetempo für VW ID.3 und ID.4: Ein Software-Update erhöht die Ladeleistung der Elektroautos auf rund 170 kW – auch rückwirkend. Die Ladezeit verkürzt sich um bis zu 10 Minuten.

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Constantin Bergander
Die ID-Modelle von VW laden künftig schneller: In der Spitze schaffen sie mehr als 170 kW Ladeleistung
Die ID-Modelle von VW laden künftig schneller: In der Spitze schaffen sie mehr als 170 kW Ladeleistung [Bildquelle: VW, Montage: mobility.talk]

VW verbessert die Langstreckentauglichkeit seiner Elektroautos: Die ID-Familie lädt an Gleichstrom künftig deutlich schneller. Laut Informationen aus VW-Kreisen, die mobility.talk exklusiv vorliegen, erhöht eine Software den Ladestrom von ID.3 und ID.4 auf zum Teil mehr als 170 kW. Besitzer*Innen von ID-Modellen können in der Praxis künftig kürzere Autobahn-Stopps einplanen. Einen idealen Ladevorgang absolviert ihr Auto fast zehn Minuten schneller als bisher. Wer zügig von Hamburg nach München fährt, kann also je nach Anzahl der Ladevorgänge eine halbe Stunde Ladezeit sparen.

Das gilt für neu gebaute und bereits ausgelieferte Fahrzeuge. Per kabellosem Over-The-Air-Update (OTA) erhalten ID-Modelle im Feld die neue Software. Anfang 2022 beginnt VW, das Update aufzuspielen. Damit verkürzt sich die Ladezeit der Fahrzeuge enorm. Der neue ID.5 erhält die Software bereits zum Marktstart Ende 2021 ab Werk.

Die maximale Ladeleistung bekommt, wer die höchste verfügbare Ladeleistung (bisher: 125 kW) bestellt hat. Neben VW werden weitere Konzernmarken die Software ausrollen. Interne Quellen bestätigen im Gespräch mit mobility.talk, dass Skoda Enyaq, Audi Q4 E-Tron und Cupra Born künftig ebenfalls deutlich schneller laden. Der Fortschritt mitten im Modellzyklus entspricht dem, was eigentlich bei einem Hardware-Upgrade üblich ist, zum Beispiel bei einem Modelwechsel.

Batterie-Update bei VW: Mehr Ladeleistung für ID.3 und ID.4

 

VW selbst gibt den maximalen Ladestrom künftig recht konservativ mit 135 kW, für den ID.5 GTX mit bis zu 150 kW an. Das liegt an vielen Variablen, die die Ladeleistung beeinflussen. Dazu gehören äußere Einflüsse wie die Temperatur des Akkus und der Ladestand bei Ladebeginn. Außerdem spielen technische Eigenheiten, die vom Hersteller der eingebauten Zellen abhängen, eine Rolle. VW kauft bei mehreren Zulieferern ein. Die angegebenen Maximalwerte sollen alle Fahrzeuge mit der neuen Software schaffen.

Bei internen Tests wurden bei ID.3 und ID.4 unter idealen Bedingungen an Gleichstrom-Ladesäulen bereits Ladeströme jenseits der 170 kW gemessen. Das Lade-Update schaltet nicht nur eine höhere Leistung frei, sondern verändert die gesamte Ladekurve. Die Autos laden nun über einen längeren Zeitraum schneller als zuvor: Die durchschnittliche Ladeleistung bei einem Ladevorgang von fünf bis 80 Prozent beträgt etwa 120 kW (konservative Angabe).

VW ID-Modelle: Lange Ladepausen schneller als Tesla

 

Für diesen Ladevorgang der großen 77 kWh-Batterie (Nachladen von 58 kWh) benötigt das Auto 29 Minuten. Was bedeutet das im Vergleich zur wichtigsten Konkurrenz? Ein Tesla Model 3 Long Range mit 75 kWh Kapazität benötigt für den Sprung von zehn auf 80 Prozent (Nachladen von 52,5 kWh) laut Erfahrungen des Portals insideevs.de 28 Minuten. Beim Thema Spitzenleistung liegt Tesla weiterhin deutlich vorn, das Model 3 lädt mit bis zu 250 kW. Ein Vorteil ergibt sich aber nur bei einer Mehr-Stopp-Strategie mit kürzeren Ladevorgängen.

Zudem planen die ID-Fahrzeuge ihre Route künftig klüger. Teil des Updates ist die Fähigkeit, die Ladestopps intelligent zu setzen und damit die Reisezeit weiter zu verkürzen. Ebenfalls bald verfügbar: ID-Modelle können noch im kommenden Jahr bidirektional laden, also als Akku für eine Photovoltaikanlage am Eigenheim dienen, und die Ladevorgänge ohne zusätzliche Karte abrechnen. Letzteres beherrscht bisher nur Tesla.

Lade-Update bald bei Audi, Cupra, Skoda

 

ID.3, ID.4 und ID.5 basieren auf der Fahrzeugarchitektur „MEB“ (Modularer Elektrobaukasten). Alle Fahrzeuge, die auf dieser Plattform aufbauen, nutzen identische Antriebsbauteile und verfügen theoretisch über die gleichen Fähigkeiten. Neben VW verwenden die Konzernmarken Skoda, Audi und Cupra den Baukasten für ihre Elektroautos. Sie sollen ebenfalls schneller laden – lassen sich damit aber noch etwas Zeit.

Das liegt an Unterschieden im Detail. Aus Audi-Kreisen ist zu hören, dass dort derzeit die neue Software der ID-Modelle an die Besonderheiten des Q4 E-Tron adaptiert wird. Offizielle Details sind einige Wochen nach dem Jahreswechsel zu erwarten. Bei Cupra steht eine Einführung der Software ebenfalls fest, nur der Zeitpunkt ist noch unbekannt. Skoda liefert das Enyaq Coupé ab Marktstart mit der neuen Software aus und stellt zur gleichen Zeit das Enyaq SUV um. Bereits im Feld befindliche Fahrzeuge bekommen in der zweiten Jahreshälfte 2022 die neue Software per Over-the-Air-Update.

Von den stärkeren Ladeleistungen profitieren außerdem künftige Fahrzeuge. Dazu gehört der ID.Buzz, der Anfang 2022 debütiert. Außerdem dürfte Ford die Akku-Software übernehmen. Der Hersteller will ab 2023 ein Elektroauto auf Basis der VW-Plattform bauen.

VW ist nicht der erste Hersteller, der seine Ladeleistung mittels Software-Update steigert. Tesla verbesserte bereits im Jahr 2019 die Ladezeit des Model 3. Zum ersten Mal können sich nun aber Personen, die ein Auto bereits gekauft haben, über ein Wettrüsten der Hersteller freuen. Bisher beschränkt sich diese Art Zahlenkrieg nur auf Neuwagen.

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