Fahrrad-Hersteller sagen E-Bike-Tunern den Kampf an
Das illegale Tuning von E-Bikes bereitet der Fahrrad-Industrie große Sorgen. Die Hilfsmittel sind einfach zu montieren und schwer zu entdecken. Nun nehmen Hersteller wie Bosch, KTM und Giant das Image den Kampf auf.
E-Bikes boomen. Anfang 2021 waren rund 1,2 Millionen der motorisierten Fahrräder in Deutschland unterwegs, 20 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Vorteile von E-Bikes liegen auf der Hand. Wem das Strampeln zu anstrengend ist, kann sich auf einen Elektromotor verlassen – zumindest in einem gewissen Rahmen.
Die Motoren dürfen die Fahrer laut Gesetz nur bis zu einer Geschwindigkeit von maximal 25 km/h unterstützen. Alles, was darüber hinaus reicht, erfordert die Muskelkraft der Fahrer. Soll der Motor bis zu einem Tempo von 45 km/h unterstützen, wird eine Menge Papierkram fällig: Betriebserlaubnis, Versicherungskennzeichen, Haftpflichtversicherung und die Fahrerlaubnis der Klasse AM (Roller), oder der Klasse B (Pkw). Auf dem Radweg darf man die schnelleren S-Pedelec genannten Bikes dann nicht mehr bewegen. Allerdings setzen sich immer mehr E-Bike-Fahrer darüber hinweg und steigern mit speziellen Geräten die Leistung ihrer Bikes.
Für das illegale Tuning braucht es lediglich kleine elektronische Geräte, die teilweise sogar ohne Werkzeug am Motor befestig werden können. Sie manipulieren den Magnetsensor, der die Geschwindigkeit der E-Bikes misst. So unterstützt der Motor auch bei Geschwindigkeiten jenseits der erlaubten 25 km/h. Die getunten E-Bikes erreichen dadurch wesentlich höhere Geschwindigkeiten und können so zur Gefahr für die Fahrer und andere Verkehrsteilnehmer werden. Das Problem: Bei Verkehrskontrollen sind die verbotenen Hilfsmittel schwer zu entdecken, da sie sich in Windeseile entfernen lassen. Die rechtlichen Konsequenzen des E-Bike-Tunings reichen von Bußgeldern und dem Führerscheinverlust bis zum Erlöschen der privaten Haftpflichtversicherung bei einem Unfall.
E-Bikes besitzen einen Sonderstatus in der StVO
Als Reaktion darauf haben sich nun nationale Fahrradindustrie-Verbände aus 15 europäischen Ländern und 68 weltweit agierende Unternehmen zusammengeschlossen. Sie positionieren sich in einer Selbsterklärung klar gegen das illegale Tuning. In der Erklärung verpflichten sich die Verbände und Unternehmen dazu, alle anwendbaren Möglichkeiten zum Schutz vor Manipulation durchzusetzen und diese fortlaufend zu verbessern. Zudem wollen sie das Bewusstsein von Fahrern und Einzelhändlern, etwa durch Schulungen, Kampagnen und Workshops, schärfen. Alle Akteure der Vertriebskette sollen aktiv über die rechtlichen Konsequenzen von Manipulationen zu informieren.
Weiter wollen die Verbände und Hersteller die Überwachsungsbehörden, also etwa Polizei und Ordnungsamt, bei der Identifizierung manipulierter E-Bikes unterstützen. Laut Erklärung stehen sie „für einen Wissensaustausch mit Politik, Verwaltung und Vollzugsbehörden zur Verfügung.“
Tuning gefährdet Sonderstellung der E-Bikes
Initiator der Selbstverpflichtung ist der Verband der europäischen Fahrradindustrie CONEBI. Unter den Unterzeichnern finden sich Fahrradindustrie-Verbände aus Frankreich, den Niederlanden, Italien, Spanien, Großbritannien, Belgien und Deutschland. Auch große Unternehmen aus der Branche beteiligen sich, wie etwa Giant, Haibike, KTM, Lapierre, Riese&Müller und Rose, sowie die Motorenhersteller Bosch, Brose, Bafang und Shimano.
Ihre Sorge ist nachvollziehbar. Wenn sich Unfälle mit getunten E-Bikes häufen oder der Eindruck entsteht, die motorisierten Fahrräder verführen zu Fahrten in halsbrecherischem Tempo, leiden Image und Geschäft. Noch sind E-Bikes bis 25 km/h rechtlich mit konventionellen Fahrrädern gleichgestellt. Dieser Sonderstatus der E-Bikes ist enorm wichtig für die Hersteller. Wenn Zulassungen für den Betrieb erforderlich, eine Helmpflicht eingeführt, oder das Fahren auf dem Radweg verboten werden, droht ein massiver Umsatzeinbruch.
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