Nicht neu, aber unverändert wahr: Auto fahren ist vier Mal so teuer wie den ÖPNV zu nutzen

Was kostet unsere Mobilität? Ein Forscherteam hat interne und externe Kosten der Verkehrsmittel miteinander verglichen. Überraschender als das Ergebnis ist die Erkenntnis: Die Elektrifizierung von Autos ändert nichts am Kernproblem.

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Simon Pausch

Strassenverkehr Mittlerer Ring Muenchen
Stau, wie hier auf dem Münchner Ring, ist laut einer Studie Haupttreiber externer Kosten [Bildquelle: Picture-Alliance]

Es ist so etwas wie die Gretchenfrage der Mobilitätswende: Welches Verkehrsmittel verspricht zu welchen (Klima-)Kosten den meisten Nutzen? Das Zukunftscluster MCube an der TU München hat in einer neuen Studie versucht, genau das zu berechnen. Dafür haben die Forscher*innen exemplarisch den Münchner Stadtverkehr analysiert. Ergebnis: Das Auto verursacht mit 80 Prozent die mit Abstand höchsten externen Kosten aller Verkehrsmittel.

Oder, um es mit den Worten von Studienautor Daniel Schröder zu sagen: „Jeder gefahrene Kilometer mit dem Auto kostet die Gesellschaft mehr als doppelt so viel wie ein gefahrener Kilometer mit dem ÖPNV.“ Zentral für das Verständnis der Studie mit dem sperrigen Titel „Ending the myth of mobility at zero costs: An external cost analysis“ ist die Unterscheidung in sogenannte interne und externe Kosten. Damit soll über die reinen Anschaffungskosten etwa für Züge, Autos oder Fahrräder beziffert werden, wie viel die Gesellschaft etwa mittels Steuergeldern aufbringen muss, um bestimmte Verkehrskonzepte zu ermöglichen.

Externe Kosten vs. interne Kosten

Die Studie bezeichnet alle Kosten, die von den Verkehrsteilnehmern selbst getragen werden, als interne Kosten: also Tickets für den ÖPNV, Buchungen bei Sharing-Anbietern oder die Kosten für die Anschaffung und Nutzung eines Fahrrads oder eines Autos. Dem gegenüber stehen die sogenannten externen Kosten. Also Ausgaben nach dem Prinzip „caused by user, payed by others“. Dazu zählen etwa die Kosten für Bereitstellung von Infrastruktur wie Straßen, Schienen oder Parkplätzen, durch Unfälle entstandene Kosten, durch Stau verursachte Verzögerungen und natürlich die Belastungen für das Klima (im Wesentlichen CO2-Emissionen). Dinge also, die ein einzelner Mensch durch sein Mobilitätsverhalten verursacht, die aber von der Gemeinschaft getragen werden müssen.

Wer auf öffentliche Verkehrsmittel zurückgreift, reduziert die externen Kosten für Mobilität spürbar [Bildquelle: picture alliance]
Wer auf öffentliche Verkehrsmittel zurückgreift, reduziert die externen Kosten für Mobilität spürbar [Bildquelle: picture alliance]

Das Ergebnis ist eindeutig: Bei keinem anderen Verkehrsmittel liegen die Belastungen so stark auf Seiten der Mitmenschen wie beim privaten PKW. Besonders stark ausgeprägt sind bei Autos die Klima-, Stau- und Flächennutzungskosten. Wichtige Einschränkung: Diese Rechnung gilt vor allem für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Lokal emissionsfreie E-Autos benötigen zwar auch viel Platz und verursachen zeitraubende Staus. Doch immerhin fällt ihre Klimabilanz besser aus. 

In der Beispielrechnung der Forschenden sieht das dann so aus: Eine definierte Strecke X verursacht mit einem Benziner 100 Euro externe Kosten. Bei einem E-Fahrzeug beläuft sich dieser Wert auf 89 Euro. Wertungssieger ist, wenig überraschend, die Fahrt mit einem öffentlichen Verkehrsmittel. Dort belaufen sich die externen Kosten auf 25 Euro. Zum Vergleich: Fahrradfahrende belasten die Gesellschaft auf einer 100 Kilometer langen Beispielstrecke mit 42 Euro. 

Die Kernaussagen der Mobilitätsstudie

Was also tun? Ausgehend vom Fallbeispiel München kann Studienautor Daniel Schröder die Kosten von Mobilität auf ganz Deutschland hochrechnen. Seine Kernaussagen im Überblick:

  • Jedes Mobilitätsverhalten verursacht deutlich höhere Kosten für Steuerzahler*innen als allgemein angenommen.
  • Ein Wechsel vom Verbrenner zum E-Auto spart der Gesellschaft 11 Prozent der Kosten, ein Wechsel auf das Fahrrad 58 Prozent und ein Wechsel auf den ÖPNV 75 Prozent.
  • Die Elektrifizierung von bestehenden Fahrzeugflotten reduziert die externen Gesamtkosten nur in begrenztem Umfang. Ein größerer Effekt lässt sich mit der Verschiebung hin zu nachhaltigeren Verkehrsträgern erzielen.

Im Fazit seiner knapp 20 Seiten langen Arbeit formuliert Schröder zudem eine klare Handlungsempfehlung an betroffene Entscheidungsträger: „Um die externen Kosten zu reduzieren sind ein Ausbau des öffentlichen Verkehrsangebots sowie eine Erhöhung der Anteile der aktiven Mobilität ratsam.“ Auf lange Sicht gilt wohl: Eine Verkehrswende kann nur nachhaltig gelingen, wenn die externen Kosten, die unsere Mobilität verursacht, sinken.

 

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