Diese 10 Dinge sind beim E-Auto-Fahren anders

Wer das erste Mal in ein Elektroauto steigt, fragt sich: Wie funktioniert das? Antwort: Vieles funktioniert wie in jedem Auto mit Automatik. Aber nicht alles.

Björn Tolksdorf
Björn Tolksdorf
Mercedes EQE
Der Mercedes EQE gehört zu den modernen Elektroautos mit großem Akku und schnellen Ladefähigkeiten - trotzdem lässt sich hier mit unseren Tipps noch Reichweite herausholen [Bildquelle: Mercedes-Benz]

Beim ersten Mal klappt nicht alles und auf alten Fregatten lernt man segeln. Solche schlüpfrigen Weisheiten haben wir in unserer Jugend vielleicht von berufsjugendlichen Tanten gehört. Nur: Im Grunde stimmt das. Auch beim Elektroauto. Denn das Fahren im Elektroauto unterscheidet sich in manchem Punkt vom Fahren im Verbrenner, und erst recht von den Weisheiten, die frühere Autofahr-Generationen sich erzählt haben. Zum Beispiel: Gänge immer ausdrehen. Stimmte schon beim Verbrenner nicht, und hilft beim Elektroauto gar nicht weiter. Schließlich hat es meist nur einen Gang.

Anders ist das bei den Tipps erfahrener „alter Fregatten“ des E-Auto-Fahrens.  Die helfen weiter, wenn es darum geht, sich zum ersten Mal für längere Zeit hinter das Steuer eines Elektroautos zu setzen. Warum „für längere Zeit“? Weil es auf kurzen Strecken keinen Grund gibt, sich allzu große Sorgen zu machen: Elektroautos fahren sich im Grunde einfacher als Verbrenner, solange man einfach nur fährt.

Erst wenn man nachladen, seine Reichweite maximieren und das Auto lange im Bestzustand erhalten möchte, wird es interessant. Dann können unsere „E-Auto-Weisheiten“ helfen, das Leben deutlich einfacher zu machen. Wir hätten nichts dagegen, wenn einige davon irgendwann zum nostalgischen „Seemannsgarn“ werden wie das „Gänge ausdrehen“ – weil die Technik dann so problemlos funktioniert wie eine elektrische Zahnbürste. Bis es so weit ist, haben wir hier 10 Dinge zusammengetragen, die E-Auto-Fahrende anders machen als herkömmlich Autofahrende. Vieles davon spart Strom, und das wird umso nötiger, je kleiner der Akku ist. Oder je weiter die Strecke, die zurückgelegt werden soll.  

Eine Ladekarte ist nicht genug

Zum Dienstwagen gehört oft eine Tankkarte im Auto. Wer E-Auto fährt, braucht eine Ladekarte. Wer privat E-Auto fährt und immer mal wieder an öffentlichen Ladestationen „tankt“ braucht aber nicht nur eine Ladekarte, sondern mehrere. Grund: An der Ladesäule gelten für verschiedene Anbieter nach wie vor verschiedene Tarife. Der Spar-Profi kennt sich daher aus wie einst die Smartphone-Pioniere, hat ungefähr fünf Ladekarten und mindestens ebenso viele Lade-Apps auf dem Smartphone dabei. Das Tarifchaos ist für uns ein klarer Streichkandidat: Bitte regulieren, liebe Politik.

Tempolimit? Im Elektroauto überflüssig

Deutschland streitet seit Jahrzehnten inbrünstig: Brauchen wir ein Tempolimit oder gönnen wir uns den Sonderweg weiter, der uns von allen anderen Industrienationen unterscheidet? Je mehr Elektroautos fahren, desto unwichtiger wird diese Frage. Denn bei Elektroautos steigt der Verbrauch jenseits der 120 km/h so stark, dass fast jede*r freiwillig auf hohes Tempo verzichtet. Reisegeschwindigkeit: 120 bis 130 km/ statt 160 km/h. Man will schließlich ankommen.

(K)einmal vollladen, bitte

An der Tankstelle ganz normal: Hahn einrasten und volltanken. Beim Elektroauto nicht. Wer seinen Akkuverschleiß minimieren will, vermeidet besonders hohe oder niedrige Ladestände. VW hat deshalb in seiner neuesten ID-Software einen „Schonmodus“ eingeführt, der den Ladestand automatisch auf 80 Prozent begrenzt. Google mit der Android-12-Software übrigens auch (hier 85 Prozent). Im Elektroauto gilt also: Am besten nur vollladen, wenn die volle Reichweite benötigt wird. Wenn nicht, bei 80 Prozent abbrechen. Das schont den Akku – und geht meistens schneller, denn fast volle Akkus laden viel langsamer als fast leere.

Warum die Klimaanlage eine Aus-Taste hat

Im Verbrenner gar nicht so ungewöhnlich: Klimaanlage einmal auf (je nach Frostempfinden) 19-22 Grad gestellt und nie wieder angefasst. Dabei verbraucht die Klimaanlage im Auto viel Energie. 10-15 Prozent sind es im Pkw, das zeigen Tests des ADAC. In der Stadt auch mehr, bis zu einem Liter auf 100 Kilometer. Das entspricht 8,5 kWh – mit dieser Energie kann ein E-Auto schon einiges an Reichweite erzielen. Daher: Bei angenehmer Außentemperatur und wolkigem Himmel schalten viele E-Auto-Nutzer*innen die Klimaanlage einfach ab und öffnen das Fenster.

 

Renault Zoe
Einfache Elektroautos mit kleinerem Akku sind umso mehr auf ein gutes Haushalten mit ihrer Energie angewiesen. Das gilt zum Beispiel für den Renault Zoe [Bildquelle: TeamOn]

„Standheizung“ und Sitzheizung nutzen

Im Winter gilt: Während im Verbrenner die Motorwärme heizt, heizen E-Autos mit Strom. Das schränkt die Reichweite je nach Modell und Außentemperatur empfindlich ein. Daher: Wer sein Auto vor dem Losfahren am Stecker hängen hat, sollte die Möglichkeit nutzen, es dann auf die Wunschtemperatur zu heizen. Wer über eine Sitzheizung verfügt, sollte sie nutzen. Sitzheizung und Lenkradheizung heizen körpernah und heizen nicht den gesamten Innenraum auf. Das ist effizienter und erlaubt es, die Hauptheizung weniger oder gar nicht zu nutzen.

Akku vorkonditionieren

Du hast beim neuen E-Wagen auf eine Top-Ladeleistung geachtet, damit Du schnell nachladen kannst? Gut so. Allerdings: Wenn das E-Auto nicht „weiß“, dass es gleich laden soll, wird es die Top-Ladeleistung nicht erreichen. Denn die erfordert, dass der Akku entsprechend vorkonditioniert und damit auf starke Ladeströme vorbereitet wird. Da dies Strom kostet, aktivieren viele Autohersteller die Funktion nur, wenn auch wirklich gleich viel Strom kommt – also vor dem (Schnell-) Laden. In der Regel genügt es, eine Ladesäule als Navi-Zwischenziel einzugeben, um die Vorkonditionierung des Akkus zu starten. Einige Modelle verfügen auch über eine spezielle Funktion, die aktiviert werden muss.

Richtig rekuperieren

Im Verbrenner verpufft Energie beim Bremsen als Wärme, im Elektroauto kann sie zumindest teilweise zurück in den Akku gespeichert werden. Das nennt man „Rekuperation“. Diese Bremsenergie-Rückgewinnung lässt sich mit ein paar kleinen „Tricks“ maximieren. Wer nicht zu stark bremst, nutzt seine Reibbremse oft gar nicht. Wer vorausschauend fährt und rechtzeitig, aber nicht stark bremst, gewinnt also Strom zurück. Viele Elektroautos erlauben eine Einstellung der Rekuperationsstärke. In der höchsten Stufe bremst das Auto nur mit der Generatorbremse zum Stillstand (One-Pedal-Driving).

Das kann vor allem im Stadtverkehr Strom sparen, wo häufig gebremst wird. Auf der Autobahn dagegen nutzt man am besten die kinetische Energie des Autos aus und wählt eine niedrige Rekuperationsstufe. Man spricht dann vom „Segeln“: Das Auto fährt, ohne dass Energie aus dem Akku verbraucht wird.

Gleichmäßig fahren, nicht zu stark beschleunigen

Bei modernen Turbomotoren gilt oft der Grundsatz: Schnell auf Zielgeschwindigkeit beschleunigen und diese dann möglichst konstant halten. Im Grunde fährt auch ein E-Auto so am effizientesten. Allerdings: Unter hoher Last laufen E-Motoren nicht mit ihrem besten Wirkungsgrad. Wer beim Beschleunigen nur etwa den halben Pedalweg nutzt, fährt effizienter.

Keine Schnappatmung bei 70 km Restreichweite

Wer sein E-Auto länger nutzt lernt, der Anzeige der Restreichweite zu vertrauen. Zeigt sie noch 70 km an, blinkt im Benziner meist das „bitte tanken“ Symbol. Im E-Auto bedeutet es dagegen, dass Du diese Reichweite noch gut nutzen kannst. Du solltest also dann laden, wenn es Sinn ergibt – und nicht bei der nächstbesten Gelegenheit.

BMW i3 Dreiviertel Front Schnee
Elektroauto im Winter: Wer auf Sitz- und Lenkradheizung zurückgreift, kann viel Strom sparen [Bildquelle: Peter Besser]

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