Sieben überraschende Fakten zum Fahrradmarkt 2021

Es läuft gut in der Fahrradbranche: Die Produktion steigt, der Absatz bleibt auf hohem Niveau. Hier sind sieben überraschende Fakten zum deutschen Fahrradmarkt 2021.

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Heiko Dilk

Ein junge Frau fährt Fahrrad in den Sonnenuntergang
Trotz Lieferschwierigkeiten in manchen Bereichen blickt die Fahrradbranche auf ein solides Jahr 2021 zurück. Die Zahl der in Deutschland produzierten Räder erreicht Rekordniveau. [Bildquelle: Adobe Stock]

Es rollt auf dem deutschen Fahrradmarkt. Dabei war das zurückliegende Jahr 2021 kein leichtes für die Branche. Der Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) berichtet von „pandemiebedingten Werksschließungen, massiv gestörten Lieferketten und Lieferschwierigkeiten“. Trotzdem: Um 10 Prozent konnten deutsche Hersteller ihre Produktion im Jahr 2021 steigern. 2,37 Millionen Fahrräder und Pedelecs wurden hergestellt, ihr Gesamtwert lag bei 6,56 Milliarden Euro. Zugleich wurden mehr als 4 Millionen Fahrräder und Pedelecs nach Deutschland importiert. Ein Plus von 11 Prozent im Vergleich zu 2020.

Im gleichen Zeitraum sanken die Neuzulassungen bei den Pkw um 10,1 Prozent auf 2,6 Millionen. Die Verkehrswende scheint also zumindest in diesem Bereich langsam voranzukommen. Und wie steht es ansonsten um das Fahrradland Deutschland? Nicht in allen Bereichen so, wie man vermutet. Hier sind sieben überraschende Fakten zum Fahrradmarkt 2021.

Die meisten Fahrräder kommen aus Kambodscha

2,83 Millionen Fahrräder ohne elektrische Unterstützung wurden 2021 importiert. Größter Einzelexporteur dieser Räder ist keineswegs China, wie man annehmen könnte, sondern: Kambodscha. Und zwar mit erheblichem Abstand. 20 Prozent der nach Deutschland importierten Räder kommen von dort. Auf Platz 2 folgt Bangladesh mit 11 Prozent. China liegt mit 6 Prozent gleichauf mit den Niederlanden. Aus dem benachbarten Flach- und Fahrradland kommt übrigens auch ein erheblicher Anteil der E-Bikes nach Deutschland. Mit 14 Prozent von insgesamt 1,31 Millionen Exemplaren liegen die Niederlande auf Platz 2. Und wieder: Die meisten E-Bikes stammen ebenfalls nicht aus China, sondern aus Bulgarien (17 Prozent). China führt der ZIV nicht mal separat auf, sondern nur unter „Sonstige“.

Deutschland als Leitmarkt E-Mobilität

Bei den Autos konnte Deutschland sich bislang keineswegs als „Leitmarkt der Elektromobilität“ behaupten. Bei den E-Bikes sieht es anders aus. Bereits seit 2019 werden in Deutschland mehr E-Bikes als Fahrräder produziert. Und während die Produktion von Fahrrädern sich nach starken Verlusten seither knapp unter der Millionengrenze stabilisiert hat, steigt die Produktion an Pedelecs und anderen E-Bikes stark an. Wurden vor 10 Jahren noch 200.000 E-Bikes in Deutschland gebaut, sind es mittlerweile 1,43 Millionen. Bei den Fahrrädern ging es im gleichen Zeitraum von 2,1 Millionen runter auf 900.000. Bei den Importen ist das Verhältnis umgekehrt: von den 4,14 Millionen importierten Zweirädern kamen 2,83 Millionen ohne elektrische Unterstützung, 1,31 Millionen waren E-Bikes.

S-Pedelec-Fahrer
Deutschland produziert deutlich mehr Pedelecs und E-Bikes als Fahrräder ohne elektrische Unterstützung. Und die Produktionszahlen nehmen weiterhin zu. [Bildquelle: picture alliance / dpa Themendienst | Zacharie Scheurer]

Alle kaufen E-Bikes – von wegen

Deutschland produziert zwar deutlich mehr E-Bikes und Pedelecs als Fahrräder, doch bei den Verkaufszahlen liegen die Räder mit Elektrounterstützung noch hinten. Von den im Jahr 2021 insgesamt 4,7 Millionen in Deutschland verkauften Fahrrädern fahren 2,7 Millionen noch immer mit reiner Muskelkraft. 2,0 Millionen verfügten über elektrische Unterstützung. Wobei Fahrräder im Vergleich zu 2019 (2,95 Mio) und 2020 (3,09 Mio) leichte Verluste hinnehmen mussten. Der Absatz an E-Bikes stieg hingegen von 1,36 Millionen im Jahr 2019 und 1,95 Millionen im Jahr 2020. Das Rekordjahr 2020 wurde jedoch insgesamt nicht übertroffen. Im ersten Coronajahr wurden noch 5,04 Millionen Fahrräder und E-Bikes verkauft. Laut dem ZIV haben jedoch die zum Teil eingeschränkte Lieferfähigkeit und die „zwischendurch verbreitete Wahrnehmung, Fahrräder seien ausverkauft“ ein besseres Ergebnis verhindert. Trotzdem liegt 2021 deutlich vor 2019, als 4,31 Millionen Räder mit und ohne Elektromotor verkauft wurden.

Fahrräder werden immer teurer

Es stimmt, Fahrräder werden immer teurer. Jedenfalls sind die durchschnittlichen Verkaufspreise von Fahrrädern und E-Bikes in den vergangenen Jahren gestiegen. Und zwar massiv. 2021 kosteten Fahrräder und E-Bikes im Schnitt 1.395 Euro. Das entspricht einem Plus von 9 Prozent gegenüber 2020. Im Jahr 2011 gaben Fahrradfahrende für ihr Zweirad im Schnitt nur 495 Euro aus. Entsprechend hat sich der Umsatz entwickelt: Lag er vor 10 Jahren noch bei 2,03 Milliarden Euro, war er im Jahr 2021 mit 6,56 Milliarden Euro mehr als dreimal so hoch. Laut dem ZIV liegen die Preissteigerung auch daran, dass der Trend zu „hochwertigen und sicheren E-Bikes und Fahrrädern“ anhalte. Vor allem aber ist es der gestiegene Marktanteil von den naturgemäß teureren E-Bikes, der die Durchschnittspreise treibt. Er liegt mittlerweile bei 43 Prozent.

Online-Handel boomt – außer beim Fahrradkauf

Über das Internet wurden im Jahr 2021 fast 100 Milliarden Euro Umsatz gemacht. Das waren 19 Prozent mehr als im Vorjahr. Klar, der Online-Handel boomt. Außer in der Fahrradbranche. Fast drei Viertel (73 Prozent) der Räder, E-Bikes und Pedelecs wurden 2021 beim Fahrradladen um die Ecke gekauft. Das ist nicht nur viel, sondern auch deutlich mehr als 2020. Da wurden noch 67 Prozent der Räder im lokalen Fachhandel gekauft. Online-Fachhändler und -Versender machen nur noch 23 Prozent der Verkäufe aus (2020: 28 Prozent). An der Mär von der Billig-Ware aus dem Baumarkt ist auch nichts dran. Nur 4 Prozent der Fahrräder und E-Bikes werden im Baumarkt, im SB-Warenhaus oder beim Discounter gekauft.

Zu sehen ist ein Mann auf einem Lastenfahrrad
Lastenräder können vor allem in urbanen Regionen eine Alternative zum Auto sein [Bildquelle: picture alliance/dpa | Daniel Karmann]

1/100 Rädern ist ein Lastenrad

Was früher das SUV war, ist heute das Lastenrad – zumindest in der öffentlichen Diskussion nehmen Cargobikes viel Raum ein. Auf den Radwegen nur vereinzelt. Noch. Nach den Zahlen des ZIV hat sich die Zahl der verkauften Lastenräder ohne elektrische Unterstützung 2021 auf 47.000 mehr als verdoppelt. Bei den E-Lastenrädern ging es von 78.000 auf 120.000 nach oben. Vor vier Jahren wurden nur halb so viele Lastenräder und rund ein Drittel so viele E-Bikes verkauft. Das Lastenrad boomt also tatsächlich. Insgesamt machen die Verkäufe jedoch nur ein Prozent Marktanteil aus. Neben E-Bikes (43 Prozent) kaufen Fahrradfahrende vor allem Trekkingräder (23 Prozent) und Cityräder (12 Prozent). Bereits abgeschlagen folgen sogenannte Allterrainbikes (5 Prozent) und Rennräder bzw. Gravelbikes (5 Prozent).

Neun Millionen Fahrräder in Peking?

Laut einem Song von Katie Melua aus dem Jahr 2005 gibt es 9 Millionen Fahrräder in Peking. Dies sei ein Fakt, den man nicht leugnen könne, so Textdichter Mike Batt. Aber hat er wirklich recht? Das wären weniger als halb so viele, wie es laut dem Zensus vom 1. November 2010 Einwohner in der gesamten Stadtprovinz Peking gab. Und es wären deutlich weniger als beim vorherigen Zensus im Jahr 2000 (13,6 Mio Einwohner). In ganz Deutschland gibt es demgegenüber einen Fahrradbestand von 81 Millionen. Statistisch gesehen kämen damit auf jede*n Einwohner*in jeden Alters 0,97 Fahrräder. Der Bestand an E-Bikes liegt hierzulande laut ZIV bei 8,5 Millionen. Also besitzt im Schnitt etwa jede*r zehnte Einwohner*in ein Fahrrad mit elektrischer Unterstützung. Hierzu nennt Katie Melua keine Zahlen.

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