Ladegeschwindigkeit beim Elektroauto: Davon hängt sie ab
Die Ladegeschwindigkeit eines Elektroautos hängt von vielen Faktoren ab: Es kommt auf Akkugröße, Ladestation, Onboard-Lader und Einstellungen an. Alles Wissenswerte und Tipps zur Fehlersuche.
Wer mit einem Elektroauto unterwegs ist, der möchte möglichst wenig und am besten nur kurz laden. Ausgerechnet hier stößt die Elektromobilität aber an ihre Grenzen. Denn viel Reichweite erfordert einen großen Akku. Und je größer der Akku, desto länger die Ladezeiten. Wie schnell ein Elektroauto aber tatsächlich lädt, hängt mit vielen Faktoren zusammen: Neben der Akkukapazität wirken sich die Art und Leistungsfähigkeit der Ladesäule, Temperatur von Akku und Umgebung, die Fähigkeiten Deines Autos und die Einstellungen im Auto auf das Ladetempo aus.
Wenn Du Dich fragst, warum Dein Auto so langsam lädt, solltest Du mehrere Dinge kontrollieren. In diesem Artikel erfährst Du, welche Zusammenhänge es gibt, welche Typen von Ladesäulen und Wallboxen Strom liefern, welche Einstellungen den Ladebetrieb beeinflussen und wann ein E-Auto mit voller Leistung laden kann.
Fehlersuche: Warum lädt mein Auto so langsam?
Es kann verschiedene Ursachen haben, wenn ein Auto nicht mit der maximal angegebenen Leistung lädt. Womöglich liegt es daran, dass die Ladesäule nicht zu Auto oder gewünschter Ladegeschwindigkeit passt. Das merkst Du zum Beispiel, wenn eine Wallbox nicht mit 11 kW lädt. Oder wenn die Ladesäule nur mit 3,6 bzw. 7 kW lädt. Bei jedem langsamem Ladevorgang können diese Gründe die Ursache sein:
- Die Wechselstrom-Ladesäule lädt nur einphasig, Dein Auto benötigt aber drei Phasen (z.B.: 3,7 statt 11 kW oder 7,4 statt 22 kW)
- Die Wechselstrom-Ladesäule lädt mit maximal 16 Ampere, Dein Auto benötigt aber 32 Ampere (z.B.: 3,7 statt 7,4 kW oder 11 statt 22 kW)
- Die Ladesäule oder Wallbox unterstützt generell nur eine niedrige Leistungsabgabe
- Dein Ladekabel eignet sich nicht für eine höhere Leistungsabgabe
- Du willst eigentlich mit Gleichstrom laden, bist aber an einer Ladegelegenheit mit Wechselstrom gelandet
- Der Akku Deines Elektroautos ist nicht auf hohe Ladeleistungen vorbereitet („Vorkonditionierung“)
- Akku- oder Umgebungstemperatur sind zu niedrig oder zu hoch
- Die fahrzeugspezifische Ladekurve sieht in dieser Situation nicht mehr Ladeleistung vor
- Zwei Fahrzeuge laden an derselben Ladesäule. Die Ladesäule teilt die verfügbare Ladeleistung auf
- Die Leistungsabgabe der Lademöglichkeit ist reduziert, weil der Energieanbieter sein Stromnetz entlasten muss
Bei einigen Elektroautos lässt sich außerdem die Ladeleistung einstellen. Mehrere Hersteller sehen diese Option vor, denn eine geringe Ladeleistung schont den Akku und verlängert potenziell sein Leben. Bei den ID-Modellen von VW kannst Du im Menüpunkt „Laden“ die Checkbox „AC-Ladestrom reduzieren“ aktivieren, um die Ladeleistung ungefähr zu halbieren – oder die Option deaktivieren, um wieder schneller zu laden. In einem Hyundai Kona Elektro kannst Du die Ladeleistung einstellen, indem Du im Untermenü „EV“ auf „Lademanagement“ und dann auf „Ladestrom“ gehst. In einigen (teil)elektrischen BMW i-Modellen lässt sich in den Ladeeinstellungen ebenfalls eine Ladestrombegrenzung festlegen.
Bei der Fehlersuche hilft es, die Technik eines Elektroautos zu verstehen. In den folgenden Absätzen erfährst Du, welche Werte und Daten die Ladeleistung beeinflussen – und wie all das zusammenhängt.
Akkukapazität / Akkugröße
Mit welcher Akkukapazität ein Hersteller sein Elektroauto anbietet, hängt von Segment und Einsatzzweck ab. Von großen Limousinen und SUVs erwartet man eine hohe Reichweite. Die reichweitenstärksten unter ihnen verfügen über eine Akkukapazität von ungefähr 90 bis 110 kWh. Stadtflitzer kommen oft mit der Hälfte dieser Kapazität oder noch kleineren Akkus aus.
Den Ladevorgang selbst kannst Du Dir ungefähr so vorstellen wie den Tankvorgang bei einem Auto: Je mehr Kraftstoff in den Akku bzw. Tank passt, desto länger dauert es, bis er voll ist. Entsprechend hängen Autos mit großem Akku länger am Kabel als Autos mit kleinem Akku, wenn sie jeweils mit der gleichen Ladeleistung laden. Ein Beispiel aus der Praxis: Ist ein VW ID.3 mit der kleinsten Batterie („Pur“) ausgerüstet, verfügt er über eine nutzbare Akkukapazität von 45 kWh. Das gleiche Auto mit großem Akku („Pro S“) hat 77 kWh. An einer Wallbox mit 11 kW Ladeleistung lädt das Basismodell in ungefähr 5 Stunden von 0 auf 100 Prozent. Das Spitzenmodell benötigt gut 8 Stunden, bis der Akku voll ist.
Ladeleistung
Die flotte Alternative sind Gleichstrom-Ladesäulen, auch Schnellladesäulen genannt. Je nach Typ und Alter realisieren sie einen maximalen Ladestrom zwischen 50 und 350 kW. Sie eignen sich für einen schnellen Zwischenstopp auf der Autobahn. Die meisten Elektroautos sind in der Lage, ihren Akku an einer Schnellladesäule in weniger als 30 Minuten auf 80 Prozent aufzuladen. Übliche Ladegeschwindigkeiten im Überblick:
Anschlusstyp | Ladegeschwindigkeit | Stromart |
Haushaltssteckdose | 2,3 kW bis 3,6 kW | Wechselstrom (AC) |
Wallbox | 3,6 kW bis 22 kW | Wechselstrom (AC) |
Öffentliche Ladestation | 11 kW bis 22 kW | Wechselstrom (AC) |
Öffentliche Schnelladesäule | 50 kW bis 350 kW | Gleichstrom (DC) |
On-Board-Lader und Ladegeschwindigkeit
Genauso wichtig wie die Ladestation ist der sogenannte Onboard-Lader eines Elektroautos. Er bestimmt, wie hoch die tatsächlich erreichbare Ladegeschwindigkeit eines Elektroautos ist. Auch hier muss man wieder zwischen Wechselstrom (AC) und Gleichstrom (DC) unterscheiden.
Da der Akku eines E-Autos Gleichstrom speichert, das deutsche Stromnetz jedoch mit Wechselstrom betrieben wird, braucht ein Elektroauto ein integriertes Ladegerät mit Stromwandler. Das wird von der Ladeelektronik gesteuert und wandelt Wechselstrom in Gleichstrom um. Darüber hinaus setzt der On-Board-Lader bei der möglichen Ladeleistung Grenzen. Die Autohersteller gehen hier unterschiedliche Wege. Sie lassen an Wechselstrom Ladeleistungen von rund 3,6 kW bis zu 22 kW zu.
Entscheidend sind hier auch wieder Spannung und Stromstärke. Außerdem muss man berücksichtigen, über wie viele Phasen ein Onboard-Lader laden kann. Das kennst Du vielleicht vom elektrischen Herd zu Hause: Um seine volle Leistung bereitstellen zu können, muss er an drei Phasen angeschlossen sein. Für die Berechnung der maximal möglichen Ladeleistung gilt folgende Formel, die Du vielleicht noch aus dem Physikunterricht kennst:
Spannung (Volt) x Stromstärke (Ampere) x Anzahl der Phasen
Manche Autohersteller spendieren ihren AC-Onboard-Ladern drei Phasen und 32 Ampere Stromstärke. Andere sparen Aufwand und Kosten für ein leistungsfähiges Ladegerät und setzen auf eine Phase mit nur 16 Ampere. Daraus ergeben sich folgende gängige Angaben in den Datenblättern der Elektroautos:
- 16 Ampere, einphasig: max. 3,7 kW
- 16 Ampere, dreiphasig: max. 11 kW
- 32 Ampere, einphasig: max. 7,4 kW
- 32 Ampere, dreiphasig: max. 22 kW
Bei manchem Hersteller findet man auch eine Angabe von 6,6 kW fürs Wechselstromladen, dabei handelt es sich ebenfalls um einphasiges Laden mit 32 Ampere. Wichtig in diesem Zusammenhang: Um die jeweilige maximale Ladeleistung zu erreichen, muss die Ladestation ebenfalls entsprechend ausgerüstet sein. Anders ausgedrückt: An einer gängigen innerstädtischen Ladesäule mit 11 kW Ladeleistung laden nur E-Autos mit 11 kW, die dreiphasig laden können. Beherrscht der Onboard-Lader nur einphasiges Laden, dafür aber mit 32 Ampere Stromstärke, sind an einer 11-kW-Säule maximal 3,7 kW realisierbar. Umgekehrt gilt das natürlich genauso: Ein E-Auto, das dreiphasig mit 16 Ampere laden kann, erreicht an einer 22-kW-Säule trotzdem nur 11 kW. Die maximale Ladeleistung und damit die Ladegeschwindigkeit hängt immer vom schwächsten Glied der Kette ab.
Schneller laden mit Gleichstrom
Vorkonditionieren und Ladekurve
Temperatur
Von Smartphones wissen wir: Ist es draußen sehr kalt, geht der Akku schneller in die Knie. Bei E-Autos ist es ähnlich. Nicht nur, dass die maximale Reichweite drastisch sinkt. Das Laden dauert ebenfalls länger. So kann es passieren, dass im Winter an einer Schnellladesäule mit 150 kW der Strom mit nur 60 kW in die Batterie fließt. Die Batterie ist kein Gefäß, in das Du beim Laden eine Flüssigkeit schüttest. Sondern ein komplexes Konstrukt mit vielen Einzelteilen und Eigenheiten. Kälte oder Hitze verkomplizieren den Ladevorgang.
Beim Laden berücksichtigt die Elektronik des Batteriemanagement-Systems deshalb die Temperatur der Batterie: Zu schnelles Laden gerade in der Ladeschluss-Phase würde die Batterie stark erhitzen und schädigen. Ein Grund, warum die Elektronik meist ab 80 Prozent Ladekapazität die Ladeleistung drosselt. Viele Hersteller empfehlen sogar, die Batterie im Regelfall nur bis 80 Prozent zu laden. Liegt die Temperatur nicht im optimalen Fenster, ist es also zu kalt (Winter) oder zu heiß (Sommer), regelt die Elektronik die Ladeleistung herunter. Das schont die Batterie. Zwischen etwa 20 und 30 Grad Celsius funktioniert die Chemie in den Batteriezellen am besten.
Alter der Batterie
Auch das kennt man von Smartphones: Je älter das Handy, umso häufiger muss man es aufladen. Akkus altern. Bei Elektrofahrzeugen verliert die Batterie mit der Zeit genauso Kapazität, also ihre Speicherfähigkeit. Das senkt vor allem die Reichweite. Aber auch das Laden kann länger dauern, weil sich durch die Alterung der Innenwiderstand der Batterie erhöhen kann. Das reduziert die Ladeleistung. Den Gesundheitszustand eines E-Auto-Akkus gibt der Wert „State of Health“ (SoH) an. Experten erwarten, dass er künftig bei gebrauchten Elektroautos ein wichtiges Verkaufsargument sein wird.
Fazit:
Beim Laden von Elektroautos oder Plug-in-Hybriden gibt es nicht die eine Ursache für schnelles oder langsames Laden. Vielmehr spielen viele Faktoren eine Rolle. Nur wer die berücksichtigt, wird seine Batterie wieder schnell und sicher füllen.
Fabian Hoberg
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